In Deutschland gibt es viel zu wenige Spenderorgane und sehr lange Wartezeiten für Patienten. Um die Spendenbereitschaft zu erhöhen, hat der Bundestag eine Gesetzesreform beschlossen.
In Deutschland hoffen viele schwerkranke Menschen auf ein lebensrettendes Organ. Weil zu wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen, müssen die Patienten zum Teil zwei Jahre oder länger auf eine Transplantation warten, erklärt Jan Gummert, Direktor des Herzzentrums in Bad Oeynhausen. Ungefähr 20 Prozent der Patienten sterben sogar, weil sie nicht rechtzeitig ein geeignetes Organ bekommen.
Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei der Spendenbereitschaft im unteren Drittel, obwohl laut Umfragen mehr als 80 Prozent der Deutschen einer Organspende gegenüber positiv eingestellt sind. Aber anders als zum Beispiel in Österreich oder Spanien müssen die Menschen in Deutschland eine Erklärung abgeben, ob sie nach ihrem Tod Organe spenden möchten. Diesen Schritt gehen nur wenige. Für Gummert liegt das daran, dass viele Menschen das Thema „Tod“ verdrängen.
Um die Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung zu erhöhen, hat der Bundestag im Mai 2012 eine Gesetzesreform beschlossen. In Zukunft sollen die Krankenkassen ihren Versicherten Informationsmaterialien zur Organspende zuschicken. Das soll mehr Menschen anregen, sich bewusst für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, ohne Druck auszuüben.
In vielen europäischen Nachbarländern gilt jeder als potentieller Organspender, der keinen Widerspruch einlegt. Diese sogenannte „Widerspruchslösung“ wurde im Bundestag auch diskutiert, am Ende aber abgelehnt. Der Herzspezialist Gummert bedauert das: „Wenn doch 80 Prozent der Bevölkerung dafür sind, dann sollten unsere Politiker auch etwas mutiger sein und die Widerspruchslösung im Gesetz verankern“, sagt er.
Glossar
etwas verdrängen – über etwas nicht nachdenken wollen
jemanden motivieren – jemanden positiv beeinflussen
Gesetzesreform, die – die Veränderung eines bestehenden Gesetzes
Spender/in, der/die – hier: eine Person, die eigene Organe für kranke Menschen weggibt
etwas steht zur Verfügung – hier: etwas ist ausreichend vorhanden
Transplantation, die – die Übertragung eines Organs von einem Menschen auf einen anderen
Herzzentrum, das – hier: das Krankenhaus, das auf Herzkrankheiten spezialisiert isBereitschaft, die – hier: die Tatsache, dass jemand etwas gern tun will
positiv eingestellt sein gegenüber etwas – etwas gut finden
eine Erklärung abgeben – seine Meinung zu einer Sache sagen
einen Schritt gehen – umgangssprachlich für: einen Entschluss fassen; eine Entscheidung treffen
Krankenkasse, die – die Krankenversicherung
jemanden anregen etwas zu tun – jemanden →motivieren
bewusst – hier: so, dass man etwas klar versteht
Druck auf jemanden ausüben – jemanden zwingen, etwas zu tun
potentiell – möglich
Widerspruch einlegen – die Entscheidung eines Gerichts oder einer Behörde nicht akzeptieren und dagegen vorgehen
Bundestag, der – das deutsche Parlament
etwas bedauern – etwas schade finden
etwas im Gesetz verankern – etwas gesetzlich beschließen