Ein Steuersatz für alle, keine Ausnahmen, keine Schlupflöcher: Die Idee der Flat Tax ist in den USA entstanden. Ihren Siegeszug hat sie jedoch in Osteuropa angetreten.
Es ist nicht mehr nachzuvollziehen, wer diese Zahl in die Welt gesetzt hat, aber sie klingt faszinierend: Angeblich verbringen die Menschen weltweit rund acht Milliarden Stunden damit, ihre Steuererklärung auszufüllen. Die Steuergesetze werden immer komplexer und unübersichtlicher, nicht aber unbedingt gerechter.
"Weg damit!", haben 1981 die amerikanischen Wissenschaftler Robert Hall und Alvin Rabuska gefordert. Durch einen Einheitssteuersatz werde die Einnahmebasis des Staates verbreitert und entsprechend niedrig könne er den einheitlichen Steuersatz gestalten. Zur Einführung kam die Flat Tax in den USA allerdings nie. Professor Winfried Fuest vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln findet die Grundidee jedoch faszinierend. Schlupflöcher, so der Experte, begünstigten immer eine Gruppe. "Wenn eben diese Schlupflöcher dicht gemacht werden und die Steuerbasis verbreitert wird, kommt der Staat mit einem niedrigeren Steuersatz aus und erzielt gleich hohe Einnahmen."
In Mittel- und Osteuropa hat in den letzten Jahren ein wahrer Siegeszug der Flat Tax stattgefunden. An der Spitze der Steuersätze steht Litauen mit 33 Prozent, während Russland und die Ukraine mit 13 und Georgien sogar mit zwölf Prozent auskommen. In den meisten Ländern, wo diese Flat Tax installiert wurde, habe man gute Erfahrungen gemacht, meint Winfried Fuest.
Fairerweise müsse man dazu sagen, dass die meisten Flat-Tax-Länder Mindereinnahmen durch höhere Verbrauchssteuern ausgleichen, sagt der Wirtschaftsfachmann. Bei der Mehrzahl dieser Länder läge zum Beispiel die Mehrwertsteuer deutlich über 20 Prozent, während in Deutschland bereits über eine Erhöhung um drei Prozentpunkte auf 19 Prozent gestöhnt werde.
Auch der deutsche Finanzminister könne sich dem Trend zu niedrigeren Steuersätzen nicht entziehen. Hohe Steuern schreckten Investoren ab, niedrige zögen sie an. Langfristig wolle auch Deutschland dem Trend zur Niedrigsteuer folgen, prophezeit Wirtschaftsprofessor Fuest.
GLOSSAR:
auf dem Vormarsch sein - sich ausbreiten; immer bekannter werden
Schlupfloch, das - eine Möglichkeit, die Steuerzahlungen durch Ausnutzen von Gesetzeslücken zu reduzieren
den Siegeszug antreten - beginnen erfolgreich zu sein
etwas nachvollziehen - sich denken können, wie es zu etwas gekommen ist
etwas in die Welt setzen - ein Gerücht verbreiten
irgendwie klingen - sich irgendwie anhören
angeblich - so sagt man
Einheitssteuersatz, der - ein gleicher Steuersatz für alle
allerdings - jedoch
jemanden begünstigen - jemandem Vorteile gegenüber anderen bringen
dicht machen - schließen
mit etwas auskommen - nicht mehr von etwas brauchen; etwas reicht aus
erzielen - erreichen
über etwas stöhnen - sich über etwas beklagen
sich einer Sache entziehen - einer Sache ausweichen
prophezeien - vorhersagen
Niedrig-Steuern auf dem Vormarsch