Frankreichs Studenten wollen keine Arbeitsreform
Praktika, kleine Jobs, Arbeitslosigkeit: Ein Teufelskreis, den viele französische Jugendliche nicht durchbrechen können. Die Regierung will deshalb den Kündigungsschutz lockern. Doch das stößt auf Widerstand.
Seit Wochen protestieren Gewerkschaften, Schüler, Studenten und linke Parteien gegen den so genannten Erstanstellungsvertrag (CPE). Bei dem Gesetz geht es um eine Lockerung des Kündigungsschutzes für junge Arbeitnehmer unter 26 Jahren. Laut dem CPE sollen sie in Zukunft während der ersten zwei Jahre bei einer Firma ohne Angabe von Gründen jederzeit entlassen werden können. Unternehmen sollen so motiviert werden, mehr Jugendliche einzustellen. Pascal Archard von der Studentengewerkschaft UNEF glaubt jedoch nicht an eine Verbesserung der Lage. Es gehe nicht, wie der Name fälschlicherweise sage, um eine Erstanstellung, sondern man könne mehrmals eingestellt werden. "So kann man einen Vertrag bei einer Firma haben, entlassen werden und drei Monate später für denselben Job wieder eingestellt werden. Und das Ganze bis man 26 Jahre alt ist." Man steige auf diese Art nicht in den Arbeitsmarkt ein, kritisiert Archard.
Henrik Uterwedde vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg sieht das anders. Man müsse auch neue Wege ausprobieren, sagt Uterwedde. Ob sie was brächten, könne man erst später in ein bis zwei Jahren sehen. Wie schon in der Vergangenheit, als der damalige Premierminister Alain Juppé versuchte, Änderungen an den sozialen Sicherungssystemen durchzusetzen, könnte der Protest maßgeblichen Einfluss auf die französische Politik haben. Juppé wurde schließlich unter dem Druck von Medien und Gewerkschaften von Jacques Chirac zur Umkehr gezwungen.
Auch jetzt versucht der Präsident zu besänftigen. Er rief den französischen Premierminister Dominique de Villepin auf, "zu verbessern, was am Vertrag zur Ersteinstellung zu verbessern ist." Uterwedde glaubt jedoch nicht an eine Umkehr de Villepins. Die Regierung müsse um ihrer Glaubwürdigkeit willen bei ihrem Vorhaben bleiben, sagt der Politologe. De Villepin habe aber versäumt, das Gesetz vorher mit den betroffenen Gruppen zu besprechen und es durch das Parlament gepeitscht.
Der Premierminister habe die Macht der Studenten unterschätzt, glaubt Archard: "De Villepin hat darauf gesetzt, dass wir nicht in der Lage sind, Studenten zu mobilisieren. Heute sehen wir, dass er gescheitert ist. Er hat keine andere Wahl, als das Gesetz aufzugeben". Archard ist sich sicher, dass die Protestbewegung weiter anwachsen wird. Schon jetzt bekommt de Villepin die Auswirkungen zu spüren: Die Kritik in den Medien wird lauter und seine Chancen auf den Posten des Präsidenten, für den er im Mai nächsten Jahres kandidieren will, sinken.