Ob Bundesregierung oder UNO - für viele Jugendliche hat Politik ein Image-Problem: Sie entstehe meist in muffigen Hinterzimmern, lautet ein (Vor-) Urteil! Die UNO hat etwas gegen diese Meinung.
Jugendliche verteilen Postkarten mit Kondomen. Auf den Karten steht auf Englisch die Aufforderung: "Benutzen Sie es bitte. Schützen Sie Ihr Leben und unsere Zukunft!" Die jungen Menschen sind im UNO-Gebäude in New York. Es sind "Jugenddelegierte". Im Herbst 2005 wurden sie eingeladen, um die diplomatischen Vertreter ihrer Länder im UN-Parlament zu begleiten.
Auch Deutschland hat zwei junge Frauen zum ersten Mal für drei Wochen nach New York geschickt. Eine von ihnen ist die Mainzer Politikstudentin Anne Spiegel. Sie war damals bei der "Grünen Jugend" tätig, als sie die Ausschreibung sah. Ihre Erfahrungen in der Politik und in internationalen Jugendprojekten überzeugten schließlich. Gemeinsam mit einer anderen Studentin wurde sie von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und dem deutschen Nationalkomitee für internationale Jugendarbeit ausgewählt, um Gunter Pleugen und den anderen deutschen UN-Diplomaten über die Schultern zu schauen.
Zweck ihrer Reise war aber auch, den deutschen UNO-Gesandten Einblick in die Lebenswelten junger Menschen in Deutschland zu gewähren. Dafür sind die beiden Studentinnen im Vorfeld monatelang durch Deutschland gefahren und haben sich angehört, was der deutschen Jugend unter den Nägeln brennt.
In New York waren sie dann gemeinsam mit Jugenddelegierten aus 24 Ländern in den "heiligen Hallen der Weltpolitik" unterwegs. "In einem so riesigen Raum mit 190 anderen Ländern zu sein und zu wissen, dass hier fast die ganze Welt versammelt ist, das ist schon ziemlich beeindruckend", sagt Anne Spiegel.
Was die Jugenddelegierten der verschiedenen Länder vereint, ist die Rolle als Sprachrohr ihrer Generationen. Manche Probleme, auf die sie aufmerksam machen, sind ganz universell, wie etwa die Jugendarbeitslosigkeit. Doch es gibt auch Unterschiede zwischen den Anliegen von deutschen Jugendlichen und beispielsweise denen aus Tansania, betont Anne Spiegel: "In manchen Ländern mangelt es an elementarsten Sachen. Es herrschen Hunger, Durst. Es fehlt die einfachste Bildung. Und auch Probleme wie Aids haben dort ja eine ganz andere Dimension."
Neugier und viel Zeit zur Vorbereitung sollten die Bewerber haben. Und einen verständnisvollen Prof.: „Bei mir lief die Uni so ziemlich Schmalspur nebendran.“
Doch es lohnt sich. Bestimmt auch für die Diplomaten, ist sich Anne Spiegel sicher. Denn schließlich werden Kondome eher selten in der UN-Vollversammlung verteilt: "Wir waren zum Teil etwas unkonventionell. Aber ich glaube, manche empfanden das als ganz willkommene Abwechslung."