Ein blöder Witz zu viel, und Matthias Klostermayr, der "Bayerische Hiasl", musste sich nach einer neuen Arbeit umsehen. Ausgerechnet Wilderer. Am 14. Januar des Jahres 1771 wurde er festgenommen.
Was Fähigkeiten und Tugenden angeht, hat jedes Volk seine eigene Rangliste. Bei den Bayern steht da die Kunst des Derbleckens ganz weit oben. "Lieber einen Freund verloren als einen Witz verschenkt" - so lautet das Motto, nach dem hierzulande alles und jeder durch den Kakao gezogen wird, ohne Rücksicht auf seelische Befindlichkeiten oder Hierarchien. Das geht natürlich nicht immer gut, und manchmal geht es sogar ziemlich schlecht aus. Wie schlecht, das zeigt die Geschichte von Matthias Klostermayr aus Kissing, dem Boarischen Hiasl.
Lust am Derblecken
Geboren 1736 als Sohn des Gemeindehirten, war der Hiasl in seiner Jugend ein braver Mensch, tüchtig und willig den Eltern gegenüber, vielleicht ein wenig leichtsinnig, aber nur so viel, wie es bei jungen Leuten halt so üblich ist. Mit 17 bekam er auf einem Jesuiten-Gut eine Anstellung als Jagdgehilfe und erwies sich als exzellenter Schütze, der alle Aufgaben zur Zufriedenheit erledigte. Und damit wäre eigentlich jetzt alles gut und die Geschichte zu Ende, wäre nicht diese fatale Lust am Derblecken gewesen, die auch den Matthias Klostermayr gepackt hatte. In einer Faschingsrede hat er sich über einen Jesuitenpater lustig gemacht, der bei der Hasenjagd versehentlich eine Katze erschossen hatte. Der Pater, offenbar kein besonders humorvoller Mann, sorgte prompt dafür, dass der junge Hiasl seine Stelle im Klostergut verlor. Von da an musste er sich auf eigene Faust durchschlagen, und er tat das mit dem Handwerk, das er gelernt hatte, nämlich mit der Jagd.
Hiasl wurde ein erfolgreicher Wilderer in den Wäldern am Lech, im Grenzland zwischen Bayern und Schwaben. Dort zog er mit einer Bande von Gleichgesinnten herum, die sich ihm angeschlossen hatten, schoss dem Adel und der hohen Geistlichkeit die Hirschen und Wildschweine vor der Nase weg und verschenkte einen Teil der Beute an die Armen. Das sprach sich natürlich herum.
Die Bauern, die aufgrund der strengen Jagdgesetze tatenlos zuschauen mussten, wie das Wild ihre Felder und Äcker verwüstete, verehrten den Boarischen Hiasl schon bald als Kämpfer für Recht und Freiheit, versteckten ihn vor den Häschern der Obrigkeit und schmückten die Wände ihrer Häuser mit dem Kupferstich, auf dem der Wildschütz, den Stutzen in der Hand, den Betrachter verschmitzt anlächelt.
Schluss mit Lustig
Doch der Ruhm scheint Klostermayr nicht allzu gut bekommen zu sein. Seine Aktionen wurden immer waghalsiger und aggressiver. Die Hiasl-Bande beging Raubüberfälle und prügelte sich mit den Jägern und Soldaten, die ihr auf der Spur waren. 1768, im siebten Jahr von Hiasls Wilderer-Karriere, gab es die ersten Todesopfer. Schließlich wandte sich das Volk von seinem Helden ab. Eine Wirtstochter verriet den Behörden, wo sich der Gesuchte aufhielt. Daraufhin marschierten am 14. Januar des Jahres 1771 dreihundert Soldaten zum Wirtshaus von Osterzell, wo Klostermayr sich mit seinen Kumpanen verbarrikadiert hatte. Vier Stunden dauerte der Kampf, dann wurde der Boarische Hiasl regelrecht aus dem Haus geräuchert. Acht Monate später haben sie ihn hingerichtet.
Und das alles nur weil - ein Jesuitenpater keinen Spaß verstanden hat.