Mit Spaß am Gas geben rast der junge Graf Albert de Dion als Rennpionier über die Pisten. Diese Freude am Fahren will er später teilen - und gründet die erste Autovermietung der Welt. Autorin: Prisca Straub
Ein Alkoholbrenner, ein gläserner Zylinder und darin - gut sichtbar - die rhythmische Bewegung eines Kolbens. Das ist so ganz nach dem Geschmack des Grafen. Die Konstruktion kleiner Dampfmaschinen versetzt Albert de Dion in Entzücken - von Kindesbeinen an. Zu dumm, dass seine Familie dem französischen Hochadel angehört. Die vornehme Herkunft verbietet jegliches Interesse für Mechanik - rigoros! Der Vater befindet: Alberts Herzensangelegenheit sei "kindisch" - und die Frage, wie sich Wärmeenergie in mechanische Arbeit umwandeln lasse, "kaum vereinbar mit einem Mann von Vernunft". Warum sich der Sprössling nicht einfach standesgemäß mit Glücksspiel beschäftigen könne? Oder hin und wieder mit einem kleinen Duell?! Das brächte gewiss auf andere Gedanken! Doch vergeblich! Die Passion für Dampfgetriebenes lässt sich Albert, Graf Taugenichts, nicht austreiben.
Auftrag schon raus!
Als Vater de Dion schließlich droht, ihm den Geldhahn zuzudrehen, kommt heraus: Der Sohn hat bereits investiert: Im Auftrag von Albert tüfteln ein Spezialist für Kesselbau und ein Hersteller von Spielzeug-Dampfmaschinen an einem dampfbetriebenen Automobil. Und das sogar bald mit großem Erfolg. Das 1882 gegründete Unternehmen De Dion-Bouton wird sogar zu einem der erfolgreichsten Fahrzeughersteller seiner Zeit.
Und Albert, der Visionär? Er will jetzt vor allem eins: rasen! Auf seinen rollenden Dampfmaschinen prescht er im Westen von Paris durch den Bois de Boulogne. Rücksichtslos. Mit einem Tempo, bei dem er alle Pferdekutschen locker hinter sich lässt. Und wenn bei besonders riskanten Überholmanövern die verschreckten Gäule ihre adeligen Reiter in den Schlamm werfen, feixt der Graf beglückt in seinen Schnauzer.
Den anderen Dampf gemacht!
Mit einem dampfbetriebenen De Dion-Traktor wird Graf Albert 1894 Schnellster im ersten offiziellen Autorennen der Welt - noch vor einem Mitstreiter mit Benzinmotor. Auf der 127 Kilometer langen Strecke von Paris nach Rouen sitzen illustre Gäste im Anhänger, sogar der Vater ist mit von der Partie: Motorsport ist inzwischen ein angesehenes Luxus-Vergnügen. Trotz des Erfolgs stellt der "Comte sportif", der sportliche Graf, schon im Jahr darauf endgültig auf Benziner um.
Die Welt ist in Bewegung, predigt Albert de Dion. Doch für die breite Masse sind die knatternden Motorkutschen nicht nur völlig unerschwinglich, sondern auch beängstigend: Warum in aller Welt sich in eine rasende Blechdose setzen - in nächster Nähe zu einem hochexplosiven Gemisch?