Ein Studium ohne großen logistischen Aufwand, einfach bequem daheim sitzen bleiben und die Unterlagen ins Haus kommen lassen. Klingt zielführend, ist aber nicht immer erfolgreich. Autorin: Justina Schreiber
Anfänger stellen es sich äußerst gemütlich vor: draußen mag es regnen oder schneien. Nur arme Schweine müssen aus dem Haus. Man selbst kann die Beine hochlegen, ein schönes Getränk steht griffbereit… und dann wendet man sich ganz entspannt und dennoch hochmotiviert seinem Fernstudium zu. Aber ach herrje! Wie konnte man die Problematik verdrängen? Die Aufgaben älterer Lieferungen sind noch längst nicht alle gelöst, und die neueren Briefe stapeln sich bereits bedrohlich neben der Couch beziehungsweise im Computer…
Planungsfehler? Verdrängung?
Nun, der gemeinsame Unterricht in Klassenzimmern oder Hörsälen hat schon seine tiefere psychologische Bedeutung. Der Konkurrenzkampf unter Kommilitonen und körperlich anwesendes Lehrpersonal bringen den inneren Schweinehund deutlich besser auf Trab als unpersönliche Studienunterlagen, die schnell ein pathologisches Vermeidungsverhalten auslösen können. So mancher fortgeschrittene Fernstudent weiß kaum etwas über die Inhalte seines Kurses in Höherer Mathematik. Mittlerweile ist er jedoch Profi in Sachen Prokrastination. Jetzt ein kleines Schinkenbrot! Oder noch besser: Nudeln mit Soße, die Zubereitung dauert zwar eine Weile, aber die Mahlzeit hält dann auch länger vor…Was wichtig wäre, damit man sich endlich diesem Elektrotechnikkram zuwenden kann.
Weiter geht es!
Und morgen kommt der nächste Karton! Sofern die Briefträger nicht streiken. Ja, hätte es damals in England nicht bereits ein flächendeckendes Postsystem gegeben, so wäre Sir Isaac Pitman gar nicht auf die Idee gekommen, den Leuten seine neuartigen Unterweisungen in Kurzschrift ins Haus zu schicken! Am 10. Januar 1840 startete der clevere Brite sein Geschäft mit den guten Vorsätzen und Selbstoptimierungsphantasien seiner Mitbürger.