Es waren die Zeiten noch ohne Fitness-Studio oder Power-Pilates-DVD zum Heimtraining. Die Zeiten, als Bodytuning noch "Trimm Dich" hieß… Autor: Johannes Roßteuscher
Wissen Sie, welcher Satz wirklich stimmt? Dieser: Früher war alles anders. Was ist der Unterschied zwischen jetzt und früher? Tausende haben sich diese Frage schon gestellt. Hier ist die Antwort: Heute ist die Sportkleidung High Tech. War früher anders.
Wer damals, also früher, joggen gegangen ist, oder noch früher, laufen, trug Trainingshose, oder schlabbrige Jogginghose. Oder Turnhose. Heute gibt es Menschen, die haben Laufhosen für 560 Euro. Mit Belüftungsuntertritt am Knie zum Beispiel.
In den Laufschritt
Jetzt wieder früher: erst mal wurde früher gar nicht gelaufen. Also zu Zeiten der Schlacht von Marathon schon. Dann aber lange nicht. Okay, Völkerwanderung, Turnvater Jahn, ein paar Ausnahmen gab es. Und natürlich: Marschieren, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der reinste Breitensport. Aber nur für Männer. Und 1945 war's mit dieser Art von Ertüchtigung erst mal vorbei. Statt dessen machten die Menschen in Deutschland Wirtschaftswunder und wurden dicker. Was dem Deutschen Sportbund nicht gefallen konnte. Deshalb ersannen dessen Chef-Funktionäre Ende der 60er Jahre eine Kampagne. Die wunderbare Trias aus Trimm-Dich-Bewegung, Trimm-Trab und Trimmy, dem gezeichneten Maskottchen.
Auf Trab mit Trimmy
Am 16. März 1970 wurde dann Trimmy, die Zeichentrickfigur, der Welt präsentiert. Und ein Trend angestoßen, der tatsächlich fast ganz Deutschland erfasste. Das Wunderbare: Trimmy sah aus wie Wim Thoelke. Er hatte zwar keinen Anzug an, sondern eine schwarze oder grüne Turnhose und dazu ein weißes Leibchen, aber sonst: dunkle Seitenscheitelfrisur, eckiges Lächeln - und freundlich reckte er den Daumen in die Höhe. Heute würde man sagen: Trimmy likte. Und zwar die Trimm-Dich-Bewegung, deren Maskottchen er schließlich war.
"Trimm Dich fit durch Sport", "Laufen ohne zu Schnaufen" und "Ein Schlauer trimmt die Ausdauer" - feine Slogans waren das; die sich so nachkriegszeit-brav anhörten, wie sie wahr waren.
Und Trimmy erlangte eine Popularität, von der in den 70er Jahren alle anderen nur träumen konnten: Karel Gott, Jimmy Carter, Ajatollah Chomeini, Bonanza-Rad - allesamt so bekannt wie Trimmy: 90 Prozent kannten seinen Daumen, behauptete jedenfalls der Sportbund. Und die olympischen Spiele heizten die Trimm-Dich-Bewegung zusätzlich an. Zu diesem bunten modernen Deutschland von 72 passten dicke Sofa-Bäuche nicht mehr.
Die Sportbundler installierten zusammen mit den Kommunen dann gleich noch 1500 Trimm-Dich-Pfade in Wäldern und Parks. Das war schon toll: nur sanft aus der Puste vom "Laufen ohne zu Schnaufen" konnte man Klimmzüge machen, an Reckstangen, die zwischen zwei Holzstempen montiert waren.
Ein bisschen verwunderlich: heute ist der damals so populäre Trimmy eine jener Figuren, die es gerade nicht zur Ikone geschafft haben. Man kennt ihn schon noch ... aber Achtung: Das war nicht der, der regelmäßig in die Luft ging und dann mit Zigaretten beruhigt werden musste, sondern der, der immer lächelte mit dem weißen Leibchen.