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Sebastian leidet an Prüfungsangst. Ihn plagen negative Gedanken, ihm gelingt es nicht an seine eigenen Fähigkeiten zu glauben. Der Psychologe Thomas Blum vom Studentenwerk erklärt uns warum dies so ist und was man tun kann, um seine eigenen Ängste zu überwinden.
(Voxpops): „feuchte Hände“ – „Schweißausbrüche“ –„nervös“
Erzähler: Ein düsterer Montagmorgen in Augsburg. Nebelschwaden hängen über dem
Campusgelände der Universität. Sebastian sitzt zusammen mit 300 anderen
Studenten in einem der stickigen Hörsäle. Seine Hände schwitzen, ihm ist übel, sein
Herz rast. Er fürchtet in der Prüfung zu versagen, obwohl er doch eigentlich weiß,
dass er gut vorbereitet ist. In ihm tobt ein innerlicher Kampf zwischen seiner
Versagensangst und der Zuversicht die Prüfung zu bestehen.
Teufelchen: Na Sebastian, hast du Angst? Hätte ich an deiner Stelle auch, wird bestimmt nicht einfach...wenn ich du wäre, würde ich schleunigst meine Sachen packen und nach Hause gehen. Das wird doch sonst nur wieder peinlich für dich!
Engelchen: Sebastian, hör‘ gar nicht auf ihn. Er versucht dich doch nur wieder zu verunsichern.
Du hast dich doch wochenlang auf diese Prüfung vorbereitet. Das schaffst du doch
ohne Probleme! Ich glaube an dich!
Teufelchen: Oh, wie schön! „Sebastian ich glaube an dich!“ Mir bricht ja gleich das Herz. Siehst du
nicht, was der Kerl schon wieder für eine Panik hat?! Sebastian ist ein Verlierer! Der kann doch so viel lernen wie er will, in der Prüfung wird er trotzdem immer versagen!
Engelchen: Sebastian höre ihm gar nicht erst zu. Der weiß doch nicht, wovon er redet. Ich kenne dich, du bist kein Verlierer, du wirst es schaffen, ganz bestimmt.
So und jetzt aber los, ich glaube die Prüfung beginnt gleich.
Erzähler: Als der Professor den Hörsaal betritt und die Blätter verteilen lässt, streiten sich Engelchen und Teufelchen immer noch. Hin und her gerissen von ihren Aussagen verfällt Sebastian erneut in Panik: „Was sind das nur für doofe Fragen? Wie soll ich das nur schaffen?“ Sebastians negative Gedanken lösen eine Blockade in ihm aus:
totaler Blackout. Als er sich wieder etwas beruhigt hat hört er nur noch die Worte
des Professors: „So, die Zeit ist um, bitte die Stifte weglegen!“
Kommt euch diese Situation bekannt vor? Dann leidet ihr vielleicht wie Sebastian an
Prüfungsangst. Ein Thema, das viele betrifft, aber über das kaum jemand spricht. Um
dies zu ändern, haben wir uns deshalb mit dem Psychologen Thomas Blum getroffen.
Thomas Blum ist Mitarbeiter der Beratungsstelle im Studentenwerk, der
sogenannten „b!st“. An ihn und seine Kollegen können sich Augsburger Studenten
mit ihren sozialen, rechtlichen oder psychologischen Problemen wenden. Da sich das
Studentenwerk nicht direkt am Campus befindet, ist es sinnvoll sich auf der Website
des Studentenwerks unter www.studentenwerk-augsburg.de über die genaue Lage
zu informieren. Dort findet man auch den Kontakt zu Herrn Blum. Wie wir von ihm
erfahren, kommen die Studenten aber nicht nur mit Prüfungsangst zu ihm.
Herr Blum: Die Studenten können ja bei mir sowohl mit persönlichen Problemen aus ihrem sozialen Umfeld kommen also z.B. Liebeskummer oder Stress mit den Eltern. Aber
eben auch mit Problemen, die das Studium betreffen: also Unsicherheiten mit der
Studienfachwahl oder auch ganz allgemeine Konzentrations-/Arbeitsstörungen oder
auch das Studium abzuschließen, aber eben auch mit Prüfungsangst.
Erzähler: Trotz der weiten Verbreitung von Prüfungsangst fällt es vielen Studenten schwer eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.
Herr Blum: Also ich weiß es gibt Studenten, die brauchen manchmal bis zu drei Jahren bis sie sich endlich trauen hierher zu kommen. Also insofern gibt es da sicherlich noch ein Tabu.
Allerdings wird dieses Tabu in den letzten Jahren immer weniger, weil die Leute
sehen, dass psychologische Hilfe, dass man deshalb nicht unbedingt krank sein muss,
sondern dass es einfach ein Coaching ist.
Erzähler: In diesem Coaching geht der Psychologe natürlich auch auf die Ursachen von
Prüfungsangst ein.
Herr Blum: Natürlich ist es immer die Angst zu versagen und ich muss mich fragen, was in dieser Prüfung für mich wirklich auf dem Spiel steht ja. Und häufig sind das Dinge wie, dass ich meine Eltern nicht enttäuschen will oder dass ich irgendjemandem was beweisen muss. Also ich muss sozusagen meine Leistungsmotivation auch hinterfragen und wirklich gucken, mit was hängen die Ängste zusammen.
Erzähler: Um gegen Prüfungsangst vorzugehen gibt es laut Herrn Blum zahlreiche Tipps. Bevor wir den Experten befragen, wollen wir nun aber zuerst von euch wissen: Was macht ihr bei Prüfungsangst und Stress?
(Voxpops): „Vielleicht am Abend vorher ein bisschen entspannen.“ – „Schauen wo seine Schwächen sind…“ – „Organisation ist beim Lernen alles und wenn man sich das vorher gut organisiert und alles gut einteilt, dann klappt das meistens auch.“ –„…einen guten Dickschädel.“
Erzähler: Das klingt ja schon mal gar nicht schlecht. Und was sagt nun Herr Blum dazu?
Herr Blum: Also wichtig ist es generell, dass neben dem Lernen des Stoffes – das ist natürlich überhaupt die wichtigste Komponente, um Angst zu reduzieren – parallel so eine Art Angstmanagement stattfindet. Das heißt man muss die Ängste überhaupt erst mal wahrnehmen, man muss wissen wovor man Angst hat, um dann Gegenstrategien entwickeln zu können. Wichtig beim Angstmanagement ist sozusagen das richtige Maß an Angst zu finden: so viel Angst, dass ich motiviert bin zu lernen, aber nicht zu viel Angst, dass es kippt und ich blockiert bin.
Erzähler: Neben dem Angstmanagement gibt es noch weitere Faktoren, die helfen
Prüfungsangst zu reduzieren.
Herr Blum: Also eine gute Lernstrategie ist natürlich sehr hilfreich, da Struktur immer Sicherheit gibt. Hilfreich generell ist es die innere Haltung positiv zu verändern. Es macht eben einen großen Unterschied, ob ich das Gefühl habe: „Ich gehe zu meiner eigenen Hinrichtung“, wenn die Prüfung ansteht, oder ob ich das Gefühl habe: „Endlich darf ich zeigen was ich alles gelernt habe.“ Erzähler: Die innere Einstellung ist es also, die euch helfen kann eure Ängste zu überwinden. Es
ist aber auch wichtig beim Lernen gut organisiert zu sein und rechtzeitig damit
anzufangen. Ideal wäre es, wenn ihr eine Woche vor der Prüfung den gesamten Stoff
durchgearbeitet habt. So bleibt genügend Zeit zum Wiederholen. Am Vorabend der
Prüfung solltet ihr nicht mehr lernen. Nutzt diese Zeit besser um euch zu entspannen
und aufzulockern. Steht am Tag der Prüfung rechtzeitig auf und frühstückt in Ruhe.
Achtet aber auch darauf, dass ihr früh genug an der Universität seid, um keine Hektik aufkommen zu lassen. Wenn möglich, vermeidet Gespräche mit Kommilitonen über
den Lernstoff. Sätze wie: „ Hast du Seite 33 etwa nicht gelernt? Das kommt bestimmt
dran!“ verunsichern euch nur und tragen nicht gerade zu einer entspannten
Atmosphäre bei. Wenn ihr diese Tipps befolgt, werdet ihr das nächste Mal bestimmt
beruhigter in die Prüfung gehen – so wie Sebastian, der nach seinem Gespräch mit
Herrn Blum erneut in einer Prüfung sitzt. Seine negativen Gedanken scheinen diesmal
jedoch langsam zu verklingen.
Teufelchen: Hier verklingt gar nichts! Ich bin immer noch da und der Kerl ist immer noch ein Totalversager, ein Taugenichts, ein Nichtsnutz. Da könnt ihr ihm so viel Tipps geben wie ihr wollt…
Engelchen: Was hast du gesagt? Ich kann dich nicht verstehen, liebe Angst. Du musst schon lauter sprechen. Ich höre dich nicht. Tut mir leid, aber ich glaube deine Zeit ist abgelaufen. Gut gemacht, Sebastian! Ich bin stolz auf dich. Und jetzt lass uns diese Prüfung schreiben und zeigen was wir können.
Erzähler: Seht ihr? Man kann seine eigenen Ängste besiegen, wenn man sich nur traut sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wir hoffen, dass wir euch mit unseren Tipps
weiterhelfen konnten und wünschen euch für eure nächsten Prüfungen die nötige
Ruhe und Gelassenheit!