"Guter Pu-Erh-Tee schmeckt vollmundig und nicht bitter. Man fühlt sich sehr wohl beim Trinken dieses Tees. Beim Anbau der Teebäume muss auf den Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger verzichtet werden."
Spricht man über Pu-Erh-Tee, weiß die Südkoreanerin Na Seon Yeong immer viel zu erzählen. Ihr Gesicht leuchtet dabei vor Begeisterung. Aus dieser Begeisterung für Tee heraus hat sie schließlich in Xishuangbanna auch einen Laden eröffnet und verkauft dort nun speziellen Pu-Erh-Tee aus Yunnan. Ihr Laden liegt dabei an einem ruhigen See, Kunden gibt es heute nur wenige. Oft macht sich Frau Na dann eine Kanne Pu-Erh-Tee und genießt unter der Sonne von Xishuangbanna die ruhige Zeit.
Bevor Na Seon Yeong nach Xishuangbanna kam, arbeitete sie als Angestellte in Seoul. Sie war meist sehr beschäftigt und lebte unter Stress. Dank eines hohen Einkommens konnte sie in ihrer Freizeit zwar viel reisen. Allmählich aber kamen ihr Zweifel, ob sie wirklich in einer so lebhaften und lauten Stadt leben will. 2004 kündigte Na Seon Yeong schließlich und reiste nach China:
"Ich war zuerst in Shanghai und habe dort einen Monat Chinesisch gelernt. Danach ging ich nach Guilin, Kunming und Dali. Damals kam ich überhaupt nicht auf die Idee, in Jinghong (der Hauptstadt von Xishuangbanna) zu bleiben. Ich wollte eigentlich nach der Reise zurück nach Südkorea. In Dali habe ich aber einen Südkoreaner getroffen. Er sagte mir, dass Jinghong phantastisch sei. Und so kam ich nach Jinghong."
Die Reise nach Jinghong änderte unerwartet die Lebensbahn der Südkoreanerin. In der südwestchinesischen Grenzstadt fand sie neue Möglichkeiten für ihr Leben:
"Jinghong ist nicht groß. Die Landschaft ist aber besonders schön, so sieht man etwa viele Berge. Ich mag große Städte nicht. Ich kehre innerhalb eines Jahres ein oder zwei Mal zurück nach Südkorea, kann mich aber nicht mehr an die vielen Autos und Menschen dort gewöhnen. Die Leute hetzen durch die Straßen und arbeiten nur für Geld. Ich finde das langweilig. Ich bevorzuge ein langsames Leben; langsam gehen, langsam sehen und langsam andere Leute kennenlernen. In Xishuangbanna habe ich ein solches Leben gefunden."
Begleitet von Teeduft beginnt Na Seon Yeong jeden Tag ihr „langsames" Leben. Sie geht dann in die Berge und kauft Teeblätter direkt von lokalen Teebauern, mit denen sie auch gute Freundschaft pflegt:
"In Städten habe ich nur mehr wenige Freunde. Auf den Teebergen in Hekai, Laobanzhang und Jingmai aber ganz viele. Ich kaufe den Tee direkt von den Teebauern. Sie bereiten den Tee zu Hause zu und ich probiere immer zuerst. "
Aber nicht nur ein ganz anderes Leben hat Na Seon Yeong in Xishuangbanna kennengelernt, auch ihre große Liebe hat sie dort getroffen. 2007 nämlich, da begegnete sie in Xishuangbanna ihren jetzigen Mann, dem Südkoreaner Kim Seong Hun. Die beiden sind mittlerweile verheiratet und haben eine süße Tochter:
"Damals war er auch in Xishuangbanna. Er mag Pu-Erh-Tee genau so wie ich. Altes Teegeschirr gefällt ihm sehr. Die Glasuren auf den Teekannen erforscht er besonders gerne. Und unsere Tochter ist jetzt 20 Monate alt."
Sie sagt weiter, der Lebensrhythmus in Südkorea sei heute sehr schnell. Viele junge Leute fänden zudem das Teetrinken zu umständlich und bevorzugten Kaffee oder Flaschengetränke. Ihre Lebenshaltung bedeute einen großen Unterschied zu der vieler anderer Südkoreaner und beeinflusse jetzt allmählich auch schon ihre Verwandten und Freude:
"Ich sage meinen Verwandten und Freunden oft, dass sie nicht so gehetzt leben sollen. Geld ist nicht alles im Leben. Ich erzähle ihnen von meinem Leben in Xishuangbanna, und mittlerweile mögen sie auch wieder vermehrt Tee."
In Yunnan leben heute viele Ausländer wie Na Seon Yeong. Sie haben sich von einem wohlhabenden Leben in ihren Heimatländern verabschiedet und sind nach China aufgebrochen. In dem Land, das oft mit hoher Geschwindigkeit die Welt beeindruckt, beginnen sie ein langsames Leben und erleben eine andere Reise für die Seele.