"Schnell, Herr Lehrer!", drängte eine aufgeregte Schülerschar in der Grünen Schule. "Hoppel kauert da so reglos die ganze Zeit in der Ecke."
Oberhase Langlöffel richtete eben diese in Richtung des Gebüsches, aus dem ein weinerliches Gefiepse zu hören war. Mit ein paar schulmeisterlichen Hopsern flitzte er zu dem Hasenkind. Das saß da mit einer Miene, als ob die Welt untergegangen wäre. "Was hast du denn?", fragte er mitleidig. Ein Schnief, noch ein Schnief: " Ich möchte so gerne Eier bemalen. Aber da ist die schlimme Vogelgrippe. Die Menschen essen deswegen wahrscheinlich zu Ostern gar keine Eier mehr. Die haben doch Angst!" Erneut schluchzte der kleine Hase auf: "Was mache ich denn dann als arbeitsloser Osterhase?"
Langlöffel seufzte. So ganz unrecht hatte der Kleine ja nicht mit seinem Kummer. Ja, die Vogelgrippe: In Hasenkreisen erzählte man sich, dass die Menschen vor lauter Panik Zigtausende bedauernswerter gesunder Hühner, Puten und Gänse getötet hatten. "Bisher hat sich gottlob kein Häschen angesteckt. Sonst würden sie uns auch noch umbringen!", dachte er.
Aber sein Schützling brauchte dringend Trost. "Hoppel, du bist und bleibst ein Osterhase. Dann bringen wir den Menschen eben selbstgeflochtene Körbchen mit bunten Blumenbildchen darin. Darüber freuen sie sich bestimmt!"
"Meinst du wirklich?", leuchteten da die dunklen Kulleraugen des Hasenkindes auf.
"Und ob! Außerdem ist diese schreckliche Krankheit eines Tages wieder verschwunden. Da bin ich mir ganz sicher!" "Und dann bemalen wir wieder Eier mit ganz doll leuchtenden Farben, ja!?", strahlte da Hoppel schon wieder viel munterer. "Genau!", lachte sein Lehrer.
Alle die anderen Hasenkinder hatten sich inzwischen um die Beiden geschart und das Gespräch mitangehört. Manche waren zwar nachdenklich geworden, aber Oberhase Langlöffel war fröhlich und das steckte an. Eifrig steckten sie die Köpfe zusammen und beratschlagten, wie zum Beispiel die Körbchen aussehen sollten und welche Blümchen sie malen wollten. Sie waren sich einig: Gänseblümchen, gelbe Tulpen und auch Osterglocken gehörten dazu. Vor allem die Osterglocken durften nicht fehlen.
Sofort machten sie sich an die Arbeit. Lehrer Langlöffel zeigte ihnen, wie man Körbe flicht. Mit vor Begeisterung zitternden Näschen werkelten und malten die Häschen, dass es eine wahre Freude war, ihnen zuzusehen.
Am Ostersamstag nahmen sie ihre Kiepen, füllten sie mit den lustig bunten Körbchen und den süssen Osterbildern, schlichen sich in die Gärten der Menschen und versteckten ihre Gaben hinter Steinen und Hecken, manches auch hinter Blumenkübeln. Unser Hoppel suchte sich eine besonders schöne Ecke für sein Geschenk an die Menschenkinder aus. Er stellte das Körchen mit einem wunderschönen Blumenbild direkt vor die Terrassentüre und legte noch einen Strauß Osterglocken daneben.
Am Ostersonntag hopste er aufgeregt nochmals in eben jenen Garten, huschte in eines der dichten Gebüsche vor dem Zaun und wartete sehnsüchtig auf das Erscheinen der Menschenkinder. Wie sie wohl reagierten?
Er hatte Glück. Hoppel musste sich nicht mehr lange gedulden, bis er eine helle Stimme hörte: "Mami, Papi! Guckt mal, was das Osterhäschen gebracht hat. Ist das aber niedlich!" Unser Hasenjunge freute sich wie toll. Neugierig und auch stolz schlinste er zur Terrasse. Dort stand ein kleines Mädchen und hielt glückstrahlend sein Körbchen hoch in die Luft, besah es sich von allen Seiten. Dann entdeckte es das Bild.
"Mami, das schick' ich Oma als Geschenk vom Osterhasen!"
Ganz leise huschte Hoppel hinweg. Sein Hasenherz klopfte laut. Auch er war glücklich. Er hatte etwas gelernt:
Es kommt nicht darauf an, was man schenkt, sondern dass man es mit Liebe tut.