In der Zeit, wo Rübezahl noch sein Wesen auf den Bergen trieb, da war’s freilich anders, als jetzt, da half’s einem ungelehrten Burschen nicht zu einem guten Amte, wenn einer seiner Vettern auch ein vornehmer Rat beim Konsistorium oder im Reichstag war, da gab’s auch noch nicht so viele Hofräte wie jetzt, und doch war der gute Rat nicht so teuer. Es mußte jeder etwas tüchtiges lernen, wenn er in der Welt fortkommen wollte und auch damit hatte es noch Not genug.
Da gab es denn eine Menge arme Studenten, die fleißig hinter den Büchern sitzen mußten, um endlich ein mageres Ämtchen zu bekommen und solchen half der Rübezahl gern, wenn sie nicht etwa Raufbolde waren, die mit Sporen und Peitsche Straß’ auf Straß’ ab lärmten, sondern still daheim saßen und arbeiteten.
Ein solcher Student reiste einmal in den Sommerferien über das Gebirge und ist in tiefen Gedanken. Ein Mann, der wie ein reisender Handelsherr aussieht, gesellt sich dort zu ihm und fängt ein Gespräch mit ihm an. Da zeigt sich denn der Student als wohl unterrichtet, und wie ihn der Fremde teilnehmend über sein Schicksal befragt, setzt er sich nicht aufs hohe Pferd, sondern erzählt treuherzig und unbefangen, daß er arm sei und nur durch Unterricht und Abschreiben sich forthelfe, daß er noch eine arme Mutter habe, die für andere Studenten wasche und koche, und wie er eben jetzt recht sehr bekümmert sei, daß er sich ein gewisses Buch nicht anschaffen könne, dessen er eben zu seinen Studien bedürfe.
Der Handelsmann hört ihm mit Teilnahme zu, sucht ihm Mut zuzusprechen und freut sich, daß er gerade das nötige Buch besitze und mit sich führe. Dabei ruft er seinen Diener, der ein großes Felleisen trägt, zieht das Buch heraus und schenkt es dem Studenten. Wer ist nun glücklicher als dieser; er hätte am liebsten gleich angefangen zu lesen, wenn er die Gesellschaft des Reisenden nicht so lange als möglich hätte genießen wollen.
Als dieser sich aber endlich von ihm trennt, setzt sich der erfreute Student unter einen überhangenden Stein und studiert fleißig in dem Buche. Und so jeden folgenden Tag; es gab keinen emsigeren Arbeiter auf der ganzen Hochschule.
Eines Tages kam einer seiner Bekannten und bot dem Studenten zehn Taler für das Buch, damit könne er ja eine lange Zeit ohne Sorgen leben; aber dieser behielt sein Buch und sagte, er wolle lieber ferner sich dürftig behelfen, wenn er nur recht viel lernen könne und dazu sei ihm das Buch am meisten behilflich. — Ehe ein Monat verstrich, hatte der Student das Buch ganz inne. Als er aber zu den letzten Seiten desselben kam, da lag ein Schein, ein großer Geldschein zwischen den Blättern in ein sauberes Papier eingeschlagen und darauf standen die Worte:
„Ein kleines Andenken an den Herrn vom Berge!“ — Nun konnte er ohne Not seine Studien vollenden und ward ein sehr gelehrter Mann.