Die Hilfe, welche Rübezahl einzelnen Personen hatte angedeihen lassen, zog eine Menge Müßiggänger, nachlässige Hauswirte und dergleichen herbei, die alle, bald durch Bitten, bald durch Spott den Berggeist zu reizen suchten, daß er erscheinen und ihre Klagen anhören möchte. Eine Zeitlang ließ dieser sie ruhig ihr Wesen treiben, denn er verachtete sie zu sehr, um sich über sie zu erzürnen, oder er neckte sie auch zuweilen durch ein blaues Flämmchen, welches sie für das Zeichen hielten, daß ein Schatz in der Erde liege; ja er ließ sie sogar schwere Töpfe finden, und wenn sie diese mühsam heimtrugen, fanden sie statt des Goldes Steine und Scherben darin. Gleichwohl ließen sie nicht ab, den Gnom mit Bitten zu bestürmen, bis er endlich ganz zornig ward und einen tüchtigen Steinhagel unter das Gesindel warf, um sie aus seinem Gebiete zu verjagen. Kein Wanderer betrat nun ohne Furcht und Zittern das Riesengebirge; Rübezahl aber ward lange Zeit nicht mehr gehört und gesehen.
Eines Tages sonnt sich der Berggeist an der Hecke seines Gartens; da kam ein Weib daher, die durch den sonderbaren Aufzug, den sie machte, seine Aufmerksamkeit erregte. Sie hatte nämlich ein Kind auf dem Arme, eins auf dem Rücken, eins leitete sie an der Hand und ein etwas größerer Knabe trug einen leeren Korb und einen Rechen, denn die Mutter wollte Laub einsammeln fürs Vieh.
Eine Mutter muß doch wahrlich ein gutes Geschöpf sein, dachte Rübezahl, schleppt sich da mit vier Kindern und muß noch dazu mühsame Arbeit verrichten. Diese Betrachtungen versetzten den Gnom in gute Laune, und er nahm sich vor, eine Unterredung mit der Frau anzufangen. Diese hatte indes ihre Kinder auf den Rasen gesetzt und streifte Laub von den Büschen; mittlerweile wurde den Kleinen die Zeit lang und sie fingen an zu weinen und zu schreien; Da verließ die Mutter ihre Arbeit, spielte und scherzte mit ihnen, wiegte sie endlich in den Schlaf, und ging dann rüstig wieder an ihre Arbeit. Aber die Mücken stachen die kleinen Schläfer, sie wurden aufs neue unruhig und ebenso rasch als unverdrossen eilte die Mutter wieder herzu, suchte Himbeeren im Gebüsch und brachte sie den weinenden Kleinen. Diese mütterliche Sorgfalt und Geduld rührte den Gnom.
Der kleinste Knabe aber wollte sich durchaus nicht beruhigen lassen; er warf die Beeren an den Boden und schrie, als ob er gespießt würde. Darüber ging der Mutter endlich die Langmut aus; „Rübezahl!“ rief sie drohend, „komm und friß den unartigen Schreihals!“
Augenblicklich kam der Gerufene in Gestalt eines Köhlers herbei und sprach: „Hier bin ich, was willst du von mir?“ —
Die Frau geriet in den größten Schrecken, faßte sich aber bald wieder ein Herz und antwortete: „Ich rief dich nur, damit mein kleiner Schreihals ruhig sein sollte; du siehst, es hat schon geholfen, also brauche ich dich weiter nicht; hab Dank für deinen guten Willen.“
„Ei!“ sagte Rübezahl, „so ungestraft ruft man mich nicht. Nun halte ich dich beim Worte; gib mir den Schreier, daß ich ihn geschwind aufesse, mir ist lange kein so zarter Bissen vorgekommen.“ Darauf streckte er die rußige Hand nach dem Knaben aus.
Da gab die Angst der Mutter Riesenkräfte, sie setzte sich mutig gegen Rübezahl zur Wehr, zerzauste ihm den Bart tüchtig und rief: „Du Ungetüm, ehe du mein liebes Kind rauben kannst, mußt du mir erst das Herz aus dem Leibe reißen.“
Eines so heftigen Angriffs hatte Rübezahl sich nicht versehen, aber ihm gefiel der Mut und die Mutterliebe dieses Weibes. Deshalb lächelte er freundlich und sagte: „Entrüste dich nicht so sehr; ich bin kein Menschenfresser und will auch deinem Kleinen kein Leid antun. Aber laß mir den Jungen; er gefällt mir, und ich will ihn wie einen Junker halten, in Sammet und Seide kleiden, und es soll ein wackerer Bursche aus ihm werden, der euch alle einmal erhalten kann. Ja, du kannst hundert blanke Taler für den Buben fordern, und ich gebe sie dir sogleich.“ —
„Ha,“ lachte das Weib, „also mein Junge gefällt euch. Ei seht doch, das freut mich, denn der prächtige Schlingel ist mir auch lieber als alle Schätze der Welt.“
„Du hast ja noch drei andere Kinder,“ sagte. Rübezahl, „sie machen dir Arbeit und Überdruß genug; du mußt dich ja ohnehin placken und schwere Arbeit machen.“
„Ei nun, machen sie mir manchmal ein bißchen Last, so sind’s dafür doch meine lieben Kinder, und machen mir noch viel mehr Freude.“
„Eine schöne Freude, sie den ganzen Tag herumzuschleppen, sie zu gängeln, zu waschen und zu füttern, und dabei ihre Unarten und ihr Geschrei zu ertragen.“
„Seht nur, Herr Berggeist, das versteht Ihr nun eben nicht. So etwas ist ja die größte Freude für eine Mutter, und kein Kind ist ihr lieber, als was ihr die meiste Mühe macht, wofür sie Tag und Nacht die Hände regen muß.“
„Nun, hast du denn nicht einen Mann, der für euch alle sorgt, arbeitet und die Hände regt?“
„O ja, und ich fühl’s oft recht nachdrücklich, wie er sie regt,“ sagte die Frau mit einem komischen Seufzer, und machte eine verständliche Bewegung, als schwinge sie einen Stab. —
„Was?“ rief der Gnom ganz aufgebracht, „ein so braves Weib, wie ihr seid, zu schlagen! Ei! so will ich ihm doch gleich das Genick dafür brechen.“
„Nun, da werdet Ihr etwas zu tun, bekommen, wenn Ihr jedem querköpfigen Manne das Genick brechen wollt. Seht nur, Steffen ist im Grunde so schlimm nicht, aber er muß es sich auch sauer werden lassen, um die kleine Wirtschaft im Stande zu erhalten, denn ich habe ihm nicht einen Groschen Heiratsgut mitgebracht. Wenn ich nun Geld haben will, um den Kleinen Schuhe und dergleichen zu kaufen, da tobt er freilich manchmal ärger als ein Heide, denn unter uns, er ist ein bißchen geizig.“
„Was treibt denn Steffen für ein Gewerbe?“
„Er ist ein Glashändler und muß jahraus, jahrein die schwere Hucke mit Glaswaren von Böhmen herunter ins Land tragen. Wie oft zerbricht nicht da etwas auf dem weiten Wege, und das müssen die Kinder und ich denn freilich entgelten. Aber fragt einmal nach, wo das besser sei und die Frau nicht manche schlimme Stunde hat, weil der Mann Ärger hat.“
Rübezahl gab sich nun zufrieden, obschon er ein Häkchen auf Steffen hatte; fing aber nochmals davon an, daß ihm die Mutter den Knaben geben solle. Sie gab ihm aber keine Antwort mehr darauf, sondern raffte das Laub in den Korb, band das kleinste Kind mit dem Bande darauf fest und drehte dem Berggeist den Rücken. Da sie aber den schweren Korb nun nicht gut auf die Schultern heben konnte, wandte sie sich noch einmal zu ihm um und bat: „Wollt ihr wohl so gut sein und mir den Korb aufnehmen helfen? Und wenn ihr ein übriges tun wollt, so schenkt dem Jungen, der euch so gut gefällt, einen Pfennig zu einer Semmel!“
Rübezahl half ihr den Korb auf den Rücken heben: „Gibst du mir deinen Jungen nicht,“ sagte er dabei, „so soll er auch keinen Pfennig von mir haben!“
„Nun, wie ihr wollt, der Junge wird auch ohne Semmel groß werden,“ antwortete sie kurz und ging ihres Weges.
Je weiter sie aber ging, desto schwerer ward ihr der Korb, so daß sie endlich kaum mehr fort konnte. Sie mußte endlich einen Teil des Laubes ausraffen, um nur leichter zu tragen; aber sie war noch nicht weit gegangen, da kam ihr der Korb noch viel schwerer vor, und sie mußte abermals ausraffen, was ihr ganz unerklärlich war, denn sie hatte oft eine weit größere Bürde getragen, ohne davon so ermüdet zu werden. Als sie endlich nach Hause kam, waren ihre Arme wie zerbrochen von der schweren Last, und doch hatte sie noch viel in der Wirtschaft zu tun, warf den Ziegen das Laub vor, gab den, Kindern das Abendbrot, wiegte sie in den Schlaf, und legte sich endlich auch danieder, um flugs und fröhlich einzuschlafen.
Die frühe Morgenröte weckte das fleißige Weib zu neuem Tagewerke. Sie holte nun ihr Melkgefäß und ging in den Ziegenstall. Aber welch ein schreckensvoller Anblick, erwartete sie da! Ihr liebes, treues Haustier, die alte Ziege, lag ganz starr und tot im Stalle, und die zwei Jungen atmeten nur noch schwach. Ein so großes Unglück hatte die arme Frau all ihre Tage noch nicht getroffen, und sie weinte bitterlich darüber. „Ach!“ jammerte sie, „es kommt ja kein Unglück allein, wie wird nun Steffen zanken und wild werden, wenn er heimkommt; — nun ist es mit meinem ganzen Frieden aus, und ich habe kein Glück mehr auf der Welt.“ Aber das Herz strafte sie sogleich über diese Worte. „Waren denn die Ziegen dein einziges Glück und nicht deine Kinder?“ — Da schämte sie sich ihres Unmutes und dachte: „mag’s denn sein, hat mir doch der liebe Gott die Kinder noch immer gesund erhalten. Jetzt ist die Ernte vor der Tür, da kann ich ins Feld gehen und schneiden helfen, damit verdiene ich mir schon etwas, und wenn ich im Winter dann noch recht fleißig spinne, kann ich mir zum Frühjahr wohl wieder eine neue Ziege kaufen.“
Indem sie dies alles bei sich dachte, ward sie getroster, trocknete sich die Augen und sah noch einmal die armen Ziegen an, die nun alle drei tot waren. Da flimmerte etwas im Stroh zu ihren Füßen; sie hob es auf, es war ein Blatt, das gelb wie Gold schimmerte. Da lief sie geschwind zu einer Judenfrau, die in der Nähe wohnte, und diese erklärte den Fund für gediegenes Gold, gab ihr auch gleich drei blanke Taler dafür. Wer war nun froher als das arme Weib; sie lief flugs zum Bäcker, kaufte Semmel und Butterkringel für die Kinder und eine Hammelkeule für Steffen, die wollte sie ihm gut zurichten, wenn er abends müde und hungrig heimkäme. Sie vergaß allen Harm über der Freude, ihre lieben Kinder einmal recht gut abzufüttern, und diese zappelten, sprangen und jauchzten auch nicht wenig, als sie die Backwaren bekamen. Indes schaffte die Mutter die toten Ziegen beiseite, damit Steffen das Unglück nicht sogleich merke, wenn er nach Hause komme.
Wer aber beschreibt ihr Erstaunen, als sie zufällig in die Futterkrippe sah und einen ganzen Haufen solch goldener Blätter darin erblickte; ja selbst in dem Korbe, worin sie das Laub heimgetragen hatte, hingen noch einzelne von den kostbaren Blättern. Nun begriff sie auch leicht, woran ihre Ziegen gestorben waren; sie haben das unverdauliche Laub gefressen, dachte sie, und holte rasch ein Messer herbei, schnitt ihnen den Magen auf und fand auch richtig ganze Klumpen Gold darin. Nun war die arme Frau mit einem Male so reich geworden, daß sie glaubte, sie könne soviel Gold all ihr Lebtag nicht verbrauchen; sie lief in ihrer Freude gleich zum Pfarrer, der ein sehr biederer Mann war, und dieser verwahrte ihren Schatz auf das gewissenhafteste. „Wenn ich euch einen Rat geben soll, gute Frau,“ sagte er, „so laßt euren Mann nichts von der Sache erfahren, er würde das Geld für sich behalten und euch und den Kindern nichts davon geben. Ich will einen Brief in fremder Sprache schreiben, als ob er von eurem Bruder käme, der weit in der Fremde ist, und der euch eine kleine Summe Geld schicke. Daran könnt ihr Steffen teilnehmen lassen, und so immer mehr und mehr von dem Schatze geben, aber nicht auf einmal, denn das wäre bei Steffens Denkart und seinem Hange zum Geiz nur gefährlich.“
Die gute Frau war mit diesem Vorschlage wohl zufrieden und gab auch eine hübsche Summe dem Pfarrer für die Armen des Dorfes; auch kaufte sie für die Kirche eine neue Altarbekleidung, denn sie war Gott dankbar für den unverhofften Segen, und wollte ihm dies beweisen durch Mildtätigkeit.
Während alledem kam Steffen mit einer schweren Ladung Glassachen über das Gebirge. Er war sehr ermüdet, und da er an seinem Wege eine schöne große Wiese fand, beschloß er, sich ein wenig niederzulegen. Es war auch ein umgehauener Baumstamm in der Nähe, darauf konnte er seine Hucke bequem niedersetzen, und nun ruhte er sich gemächlich aus in dem frischen Grase, worin weißer Teufelsbart und Marienflachs blühten. Er berechnete dabei den Vorteil, den er diesmal aus seiner Ladung zu ziehen gedachte. „Ich will mir einen Esel in Schmiedeberg dafür kaufen,“ sagte er in halblautem Selbstgespräche, „der kann statt meiner die schwere Hucke tragen; mein Weib ist jung und rüstig und kann schon allein für die Kinder sorgen, wenn ich ihr auch nichts gebe von meinem Verdienste. Sie hat ja auch die Ziegen, und die Kinder können mit den Winterkleidern noch lange warten. Kann ich nur erst auf dem Esel eine doppelte Ladung Glaswaren aus Böhmen herüberbringen, dann ist mir auch doppelter Verdienst gewiß, und ich bringe es auch nach und nach wohl bis zu einem Pferde. Ein Stück Acker findet sich auch schon dazu, es liegt viel Rodeland um meine Hütte, und mein Weib hat junge, rüstige Glieder; mit der Zeit kann mir ein kleines Bauerngut nicht fehlen, und dann soll auch Else für sich und die Kinder neue Kleider kaufen.“
Als Steffen so in seinem künftigen Reichtum schwelgte, erhob sich plötzlich ein heftiger Wirbelwind und stürzte den Korb mit den Glaswaren vom Stamme herunter, daß der zerbrechliche Kram in tausend Stücken herumlag. Das war der härteste Schlag, der den geizigen Mann treffen konnte; ganz betäubt starrte er auf die Scherben, mit denen zugleich auch alle seine schönsten Hoffnungen zertrümmert waren. Da hörte er ein schallendes Gelächter ganz in seiner Nähe; er sah sich betroffen um, erblickte aber niemand; was ihn aber noch mehr staunen machte, war, daß der Baumstamm, auf den er zuvor seine Glashucke niedergestellt hatte, ganz und gar verschwunden war.
„Rübezahl!“ rief er heftig, „du Schadenfroh, das hast du mir getan! Womit habe ich dich denn erzürnt, daß du mich um meinen sauren Verdienst bringst! Komm doch lieber gleich und erwürge mich, du tückischer Kobold, du boshafter Halunke, denn du hast mich doch auf Lebenszeit zu einem geschlagenen Manne gemacht.“
Es war Steffens bitterer Ernst mit diesen Worten, aber Rübezahl ließ sich weder sehen noch hören. —
Der arme Steffen mußte sich entschließen, die zerbrochenen Glasscherben zusammenzusuchen, damit er in der Glashütte wenigstens einige Spitzgläser dafür bekommen, um nun wieder einen neuen Handel anfangen zu können. Er sann und sann, woher er Geld nehmen sollte, um nur wieder Waren einkaufen zu können, aber er sah keinen Ausweg. Endlich fielen ihm die Ziegen seiner Frau ein. „Wenn du die hättest und verkaufen könntest,“ dachte er, „die würden dir viel helfen; Else wird sie aber gewiß nicht hergeben, denn sie braucht Milch für die Kinder. — Wie wäre es aber, wenn ich um Mitternacht mich still nach Hause schliche, die Ziegen aus dem Stalle holte und nach Schmiedeberg auf den Markt triebe. Dann könnte ich neue Glaswaren kaufen, und damit Else, nichts merke, wollte ich sie tüchtig ausschelten, daß sie so nachlässig, gewesen sei, sich die Ziegen stehlen zu lassen. Ja, den Kniff will ich anwenden, um mir aus meiner traurigen Lage zu helfen.“
Um nun dies Vorhabens auszuführen, schlich sich Steffen so nahe als möglich an das Dorf und versteckte sich in einem Busche, bis es Nacht ward. Dann machte er sich ganz behutsam auf den Weg, kletterte über den Zaun und öffnete den Ziegenstall. Wider Gewohnheit war dieser unverriegelt, und so sehr ihm dies auch lieb war, fand er doch einen Grund darin, mit seinem Weibe schelten zu können über große Nachlässigkeit. Im Stall aber rührte sich nichts; er tappte an der Krippe hin — es war alles leer. Im ersten Schreck glaubte Steffen, es sei ihm ein Dieb zuvorgekommen, und war darüber so niedergeschlagen, daß er sich auf die Spreu warf, in dumpfer Traurigkeit darüber, das letzte Mittel verloren zu haben, mit dem er sich wieder aufzuhelfen gedachte.
Else hatte vergeblich mit der guten Mahlzeit auf ihren Mann gewartet und war noch spät abends nach der Landstraße gelaufen, wo sie noch lange nach Steffen sah, bis ihr die Augen weh taten. Traurig ging sie heim, denn sie dachte, es sei ihm ein Unglück begegnet, und es kam die ganze Nacht kein Schlaf in ihre Augen.
Am Morgen klopfte es leise an die Tür. Steffen war es, der die Nacht im Ziegenstalle auch eben nicht gut zugebracht hatte. „Liebes Weib,“ sagte er ungewöhnlich sanftmütig, „mache mir doch auf, ich bin müde.“ — Else hörte kaum ihres Mannes Stimme, als sie flink wie ein Reh herbeisprang und ihn vor lauter Freude umhalste, da er wieder gesund und frisch vor ihren Augen stand. Er setzte aber ganz kleinlaut und still seinen Korb auf die Ofenbank und warf sich mißmutig daneben.
Wie Else ihn so traurig sah, ging es ihr ans Herz. „Was hast du denn, Steffen?“ fragte sie gutmütig, „ist dir etwas Schlimmes begegnet?“ Mit Seufzen und ganz kleinmütig erzählte er ihr endlich sein Unglück.
Else hätte am liebsten laut gelacht über den Possen, den Rübezahl ihrem Manne in guter Absicht gespielt hatte. Als er aber nach den Ziegen fragte, bekam sie selbst Lust, ihn ein wenig zu necken, denn dachte sie, der Hausvogt hat richtig schon überall herumspioniert. „Was kümmert dich mein Vieh?“ sagte sie, „hast du doch nicht einmal nach den Kindern gefragt. Die Ziegen sind wohl aufgehoben draußen auf der Weide. Lasse dich aber Rübezahls Tücke nicht anfechten, wer weiß, auf welchem Wege er es wieder gutmacht.“
„Da kannst du lange warten,“ brummte Steffen. „Ei nun,“ versetzte das Weib, „unverhofft kommt oft. Hast du auch keine Glaswaren und ich keine Ziegen mehr, so haben wir ja doch vier gesunde Arme, das ist der beste Reichtum!“
„Ach, daß Gott sich erbarme,“ jammerte der bedrängte Mann, „also die Ziegen sind doch fort! Nun, so kann ich die Kinder auch nicht mehr erhalten.“
„Nun, so kann ich’s,“ sprach Else. — Bei diesen Worten trat der freundliche Pfarrer herein, der die Unterredung an der Tür gehört hatte, und nachdem er dem Steffen eine tüchtige Strafpredigt über den Geiz gehalten hatte, der eine Wurzel alles Übels sei, — verkündete er ihm, daß sein Weib ein reiches Geschenk von ihrem Bruder bekommen habe und zog den Brief hervor. Und nun las er ihm vor, wie Steffen das Geld nicht in die Hände bekommen, sondern er, der Pfarrer, dasselbe verwalten solle, damit Else und die Kinder auch wirklich ihr gut Teil davon bekämen.
Da stand Steffen wie versteinert und konnte gar nicht zu Worte, kommen. Endlich nahm das gute Weib seine Hand und sprach ihm Mut zu; da nahm er sich vor, besser und ein freundlicher Ehemann zu werden; er versprach es auch seiner Frau vor dem Pfarrer, und bat Elsen, sie solle ihn jetzt nicht verlassen, da sie reich geworden sei. Und er hielt redlich Wort; seine fleißige Hand mehrte das Geschenk des Berggeistes von Tag zu Tag. Endlich kaufte der redliche Pfarrer ein schönes Bauerngut, worauf Steffen und sein Weib ihr Lebelang glücklich und zufrieden wirtschafteten.
Die treue, sorgsame Mutter erlebte an ihren Kindern viele Freude; der kleine Bube, Rübezahls Günstling, wurde ein wackerer Soldat und diente unter Wallenstein im dreißigjährigen Kriege mit vielem Ruhme.