Als die Deutschen sich zu schämen anfingen, daß sie Deutsche waren, galt keine Tracht für vornehm oder schön, die nicht von den Franzosen kam. Auch die Tracht der Haare war aus Frankreich gekommen, und Männer und Frauen trugen Perücken, um entweder ihre grauen oder ihre spärlichen Haare zu verbergen und so noch für jung zu gelten, während ihnen die Zeit doch schon bedeutende Merkmale ihrer Jahre aufgeprägt hatte.
Als Rübezahl von diesen Narrheiten hörte, begab er sich nach Hirschberg, wo eben Jahrmarkt war, und hielt Perücken feil. Bald fand sich auch ein junger Herr, der gern eine mit Locken gehabt hätte und fragte, ob Rübezahl dergleichen führe. „Genug!“ antwortete dieser, „und alle nach der neuesten Art, aber sie sind sehr kostbar.“
Der Stutzer betrachtete sich die neuen, schönen Perücken mit Lust, welche Rübezahl aus den Schachteln nahm, und hatte keinen Tadel daran, als daß sie zu teuer wären. Dabei zuckte Rübezahl die Achseln und machte Miene, die kostbaren Perücken wieder einzupacken. „Haltet nur,“ rief nun schnell entschlossen der Stutzer, „wenn mir der Preis auch sehr hoch zu sein scheint und eigentlich meine Verhältnisse übersteigt, so will ich mir doch eine eurer schönen Perücken kaufen. Es wird Aufsehen erregen, werde ich doch der erste sein, der diese neue Mode trägt.“
Er bezahlte den hohen Preis ohne Widerrede und ging vergnügt nach Hause. Nun ging es wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt, daß neue Perücken zu haben wären, und wo ein Narr Geld hatte, kaufte er sich einen solchen Putz, so daß der Handelsmann bald alle seine Waren verkauft hatte und den Markt verließ.
Des Nachmittags stolzierten die Käufer mit ihren neuen Perücken auf dem Markte umher, und jener junge Stutzer dachte: „Du gehst auch; wie werden die Leute staunen, wenn sie erst meinen Haarputz sehen!“
Als er nun mit stolzem Schritt und großem Selbstgefallen an einem Gasthofe vorübergeht, dessen Fenster alle mit vornehmen, fremden Damen besetzt sind, ruft ihm ein Bauer nach: „Guter Freund! Euch hat wohl jemand einen Schabernack gespielt,“ und zeigt auf die Perücke. Und zu gleicher Zeit springen alle Straßenbuben um ihn herum, lachend und schreiend, und selbst alte Leute lächeln im Vorübergehen, wenn sie den jungen Herrn ansehen. Da läuft dieser endlich in ein Haus, nimmt die Perücke ab und betrachtet sie entsetzt, denn sie ist zu einem Geniste von Moos, Werg und Heu geworden. Unterdessen ist es den andern Käufern nicht besser ergangen, und Lärm und Gelächter hört man in allen Straßen der Stadt.
Wie gut aber auch Rübezahl diesen Spaß durchgeführt hatte, so blieb er doch ohne großen Nutzen, denn noch zu heutiger Zeit schämen sich die Deutschen nicht, die Affen fremder Völker zu machen, und es täte not, Rübezahl käme wieder, um ein Exempel zu geben.