Darum verzeih mir mein Freund. Glaub mir, meine Freundschaft und Hilfsbereitschaft sind dir sicher, denn ich bin nicht gierig, sondern ein hilfsbereiter Mensch. Und nun sage mir, wie viele Diamanten du bei dir hast.“
Nun kamen auch die anderen Menschen herbei gelaufen. Kaufleute und Diamantenjäger gehörten dazu. Ich musste ihnen von meinem Abenteuer erzählen und sie konnten nicht genug bekommen, mir zuzuhören.
Der Kaufmann aber, mit dessen Hammel ich mich gerettet hatte, bekam einige schöne Diamanten von mir und er war glücklich darüber. Dann zogen wir weiter durch die Täler. Ich sah wunderschöne Kirchen und Basiliken, aber auch Riesenelefanten und Einhörner, Tiere, die eigentlich zur Urzeit gehörten.
Manches Erlebnis hatten wir, manches Abenteuer gab es zu bestehen, doch nichts ist vergleichbar für mich mit dem Abenteuer in dem Diamantental.
Dann endlich erreichten wir Bassora. Ich verabschiedete mich von meinen Reisegefährten und kehrte nach Bagdad zurück, reich an Diamanten und reich an Erlebnissen.
Dies ist die Geschichte meiner zweiten Reise, und wenn Allah will, werde ich dir morgen von meiner dritten Reise erzählen.
Sindbad der Lastträger und alle, die sich um ihn versammelt hatten staunten sehr über diese Geschichten. Dann aßen sie zusammen. Der Hausherr befahl den anderen, Sindbad dem Lastträger hundert Dinare zu geben, wünschte ihm alles Gute und ließ ihn seiner Wege gehen.
Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging, sprach Sindbad der Lastträger sein Morgengebet. Dann begab er sich erneut zum Haus von Sindbad dem Seefahrer. Der Herr hieß ihn willkommen und sie frühstückten zusammen. Als auch die anderen Gäste erschienen waren, lehnte sich Sindbad der Seefahrer auf seinem Stuhl zurück.
„Liebe Brüder“, sagte er. „Höret nun die Geschichte von meiner dritten Reise, der Reise Sindbad des Seefahrers.“
Die dritte Reise Sindbad des Seefahrers
Nach meiner zweiten Reise ging es mir wie nach der ersten. Die Tage gingen dahin und ich feierte viele Feste. Dann aber bekam ich wieder Fernweh. Ich merkte es daran, dass ich durch den Garten ging, die Vögel anschaute und dabei dachte: „Ich sah im fremden Land viel schönere Vögel.“ Dann sah ich die Echsen an und dachte bei mir: „Viel schönere Tiere sah ich im Diamantental.“ Und wenn ich in meinen Fischteich mit den roten Fischen schaute, sprach ich bei mir: „Im Meer vor den Klippen der Inseln gab es buntere Fische.“
In Bagdad blühten die Rosen und dufteten herrlich, doch ich dachte an den Duft der Wälder weit hinter dem Meer. Die Gesichter, die ich täglich sah, langweilten mich, und die Speisen, die es zu essen gab, schmeckten mir nicht mehr. So verändert sich das Herz des Menschen.
Das aber, liebe Brüder, war nicht allein der Grund dafür, dass ich ein weiteres Mal auf Reisen ging. Mich lockte auch, das muss ich offen zugeben, die Gier nach Gold und Edelsteinen. Mich hatte der Wunsch gepackt, reicher und reicher zu werden, um noch schönere und prunkvollere Feste geben zu können. Denn leider, meine Brüder, ist das Herz des Menschen schwach.
Und auch das, meine Freunde, ist nicht der einzige Grund. Ich war auch meine Erzählungen leid. Immer wieder nur hatte ich meinen Freunden dieselben Geschichten zu erzählen, und sie kannten sie alle schon. Ich wollte Neues erleben, mit dem ich meine Freunde beeindrucken und damit angeben konnte.
Dabei vergaß ich, dass Allah vor seine Rettung die Prüfung setzt, und dass man, bevor man mit einer Geschichte angeben kann Hartes erdulden muss. Das alles vergaß ich aus Eitelkeit und Leichtsinn, denn der Mensch ist eher eitel als klug.
So fuhr ich ein drittes Mal bei gutem Wind auf einem großen Schiff los. Wir fuhren von Küste zu Küste, kauften und verkauften und handelten mit unseren Waren.
Es kam wie es kommen musste. Wir gerieten in einen heftigen Sturm, der Wind brauste auf und die Wellen klatschten über Bord. Plötzlich starrte der Kapitän, ein kräftiger Mann, in die Ferne. Dann schrie er aus Leibeskräften: „Rafft die Segel, so schnell ihr könnt und werft den Anker aus.“ Und er raufte sich verzweifelt die Haare und den Bart.
Die Matrosen gehorchten ihm so schnell sie konnten. Vor uns tauchte im Nebel eine Insel auf. „Kapitän?“, fragten wir ihn nun. „Was ist geschehen?“ „O schreckliches Schicksal“, rief der Kapitän. „Der Wind treibt uns den Bergen der Zuhb entgegen. Die Zuhb sind ein haariges Volk, die wie Affen aussehen. Niemand ist bei ihnen bis jetzt mit dem Leben davon gekommen. Darum sage ich euch, wir werden alle sterben.“
Kaum hatte der Kapitän seinen Satz zu Ende gesprochen, kamen auch schon von allen Seiten Kanus auf unser Schiff zugefahren und die Affenmenschen fielen auf das Schiff ein. Diese Geschöpfe sahen wirklich schrecklich aus. Sie waren klein und kräftig, und ihr Körper war über und über mit schwarzem Fell bedeckt. Ihre Gesichter waren ebenfalls schwarz. Aus ihnen blitzten gelbe Augen hervor. Über ihre seltsame Sprache konnte niemand etwas sagen.
Wir beschlossen, nicht gegen sie zu kämpfen, denn sie waren in der Überzahl. Wenn wir angefangen hätten, die ersten von ihnen zu töten, hätten sie uns im Nu nieder gemacht. So standen wir da, die einen zitternd vor Angst, die anderen zitternd vor Wut, die dritten freundlich und bereit, mit ihnen zu verhandeln.
In großen Scharen belagerten sie unser Schiff, bissen oder schnitten die Seile durch und ließen das Schiff an die Küste treiben. Dann kamen sie schnatternd wie die Affen auf uns zu und trieben uns vom Schiff.