Ich schleich leise davon. Kaum war ich ein paar Meter von ihm entfernt, sah ich, dass der Vogel mit seinen Klauen im Boden wühlte. Dann zog er eine riesige Schlange hervor. Er nahm sie zwischen seine Krallen. Sie wand sich hin und her, doch sie hatte keine Chance. Der Vogel hielt sie fest und flog mit ihr davon.
Ich stieg auf den Berg und blickte über das weite Tal. Die Sonne schien hell und die Gebirge, die das Tal umschlossen, leuchteten. Ich atmete tief ein und aus, dann machte ich mich an den Abstieg. Das war sehr schwierig und mühsam.Dabei stellte ich fest, dass der Boden aus kostbaren Diamanten bestand.
Im Tal wimmelte es nur so von Schlangen und Reptilien. Ihre Körper waren so groß wie Bäume und mit ihren riesigen Mäulern konnten sie mühelos ein Nilpferd verschlingen. Nachts, wenn es dunkel war, kamen sie aus ihren Höhlen, tagsüber aber waren sie verschwunden.
Ich hatte wahnsinnige Angst vor diesen Ungeheuern und mir war jeder Appetit auf Essen und Trinken vergangen. Unruhig blickte ich mich um und überlegte, wie ich wohl die Nacht verbringen konnte, ohne von diesen Drachen verspeist zu werden.
Schließlich entdeckte ich eine Höhle mit einem niedrigen Eingang. Auf allen Vieren kroch ich hinein, nahm dann einen größeren Stein, der in der Mitte der Höhle lag und verschloss damit den Eingang wieder. „Jetzt bin ich in Sicherheit“, dachte ich.
Doch gerade wollte ich mich übermüdet von der langen Reise auf einen Platz in der Ecke legen, da sah ich in der Dunkelheit eine große Schlange. Sie brütete ihre Eier aus. Ich überlegte, zu fliehen, doch ich wusste nicht, wohin. Schließlich betete ich zu Allah und bat ihn um Schutz für die Nacht. Dann schlief ich ein.
Als ich erwachte, sah ich gerade, wie sich die Schlange über mich beugte und mich mit ihren leblosen Augen anstarrte. So schnell ich konnte, stürzte ich davon. Übermüdet und hungrig und durstig durchwanderte ich das Tal. Plötzlich sah ich zu meinem großen Entsetzen ein blutiges Tier vom Himmel fallen. Nirgends aber sah ich jemanden, der es so zugerichtet hatte.
Und dann fiel mir etwas ein, das so entsetzlich war, dass ich Mühe hatte, zu atmen. Ich war im Diamantental gelandet, das Tal, in dem Drachen leben. Der Vogel Roch und auch andere Pilger und Reisende hatten mir schon davon erzählt. Niemand, so hatten sie gesagt, kommt lebend aus diesem Tal des Schreckens heraus.
Die Diamantensucher aber hatten einen Trick entwickelt, sich in den Besitz von Edelsteinen zu bringen. Sie schlachteten ein Schaf und warfen den blutigen Kadaver ins Tal. An diesem klebrigen Körper klebten nun Diamanten.
Wenn die Sonne hoch am Himmel stand, kamen die Geier und stürzten sich auf die toten Tiere. Sie rissen sie in Stücke und trugen sie an die Stelle, wo sich ihr Host befand. Dann aber kamen die Diamantensucher herbei, vertrieben die Geier und nahmen die Diamanten an sich. Nur so war es möglich, an die Diamanten heran zu kommen.
Während ich darüber nachdachte, fiel erneut ein totes Schaf neben mich. Ich ging an diese Stelle und sah, dass hier tatsächlich Diamanten wie Kiesel herum lagen. Ich bückte mich, nahm sie und füllte mir damit die Taschen voll.
Dann rollte ich meinen Turban aus, legte mich darauf und bedeckte mich dann mit dem toten Fleisch des Schafes, sodass ich ganz darunter verschwand. Ich ekelte mich natürlich unter dem Fleisch, aber es war die einzige Möglichkeit für mich, in die Freiheit zu gelangen. So band ich mich mit meinem Turban an dem Schaf fest.
Kaum hatte ich das gemacht, schoss ein Geier auf mich nieder und riss das Fleisch, an das ich mich gebunden hatte, mit sich fort. Er trug mich damit auf einen Hügel. Kaum war er dort angekommen, begann er mit seinem spitzen Schnabel auf das Fleisch einzuhacken.
Ich hatte große Angst, dass er mich treffen würde. Doch plötzlich, wie erhofft, ertönte über mir lautes Lärmen und schreiende Stimmen von Menschen. Der Vogel erhob sich, so schnell er konnte und floh.
Ich warf das Fleisch von mir. Mein Körper war über und über mit Blut besudelt. Jetzt sah ich den Mann, der versucht hatte, den Geier zu vertreiben, vor mir stehen, und er sah mich auch. Das war ein furchtbarer Schock für ihn. Doch so erschrocken er auch war, er drehte doch auch das Stück Fleisch hin und her und durchsuchte es nach Edelsteinen.
„Oh nein, kein einziges Steinchen ist an meinem Fleisch zu finden“, rief er. „Stattdessen klebt ein Mann an meinem Hammel. Aber was soll ich mit einem Menschen? Menschen gibt es genug auf der Welt.“
Er trat dichter auf mich zu und betrachtete mich angewidert. „Du Hammel von Mensch, was soll ich mit dir“, rief er. „Ich brauche Steine, keine Unholde. Und du bist wahrscheinlich ein Geist oder ein Fleisch fressender Dämon oder ein Räuber, der mich erschlagen wird.“
Da wischte ich mir das Blut von Gesicht und sagte: „Hab keine Angst, ich bin kein Räuber und kein Geist, ich bin Mensch und sogar Kaufmann, wie du, allerdings nicht so gierig wie du. Aber auch deine Gier kann ich stillen. Ich habe nämlich eine Menge Diamanten bei mir, und wenn du magst, kann ich dir gerne einige davon abgeben.
Obwohl ich dich, das muss ich sagen, sehr unhöflich mir gegenüber erlebt habe. Ich habe das Gefühl, dass du selbst einen Diamanten an der Stelle trägst, wo andere Menschen ihr Herz haben.“
Da lachte er und verneigte sich. „Entschuldige mein Freund“, sagte er. „Friede sei mit dir. Gepriesen sei auch Allah. Ich bin kein herzloser Mensch, in bin ein Geschäftsmann. Und dass ich ein bisschen durcheinander bin, darfst du mir nicht verdenken. Es ist schon seltsam, wenn ein Mensch an einem Hammel klebend aus dem Diamantental heraus kommt, das noch nie jemand lebendig verlassen konnte.