Ich musste ein Ding, das er Sattel nannte, auf meinem Rücken tragen. Um meinen Bauch schnürte er ein anderes Ding, das er Gurt nannte, und um meinen Schweif legte er einen Ring. Dann legte er ein Stück Eisen in meinen Mund, das meine Zunge und meinen Gaumen so verletzte, dass sie blutete.
Aber das ist nicht alles. Dann setzte er sich auf mich, nahm eine Peitsche und schlug auf mich ein, dass ich schneller gehen musste, als wir Esel es gewöhnt sind. Ging ich dann doch mal wieder langsamer, weil ich nicht mehr konnte, fluchte er und rief ständige wütende Verwünschungen nach mir.
Und obwohl ich nicht besonders empfindlich bin, begann ich doch zu zittern und bekam es mit der Angst zu tun. Und manchmal ist es auch passiert, dass ich anfing, zu stolpern und hinfiel. Dann aber, das sage ich dir, oh Löwe, kennt seine Wut keine Grenzen. Was er dann tut, kann ich dir weder beschreiben, noch die Worte wiederholen, die er dann benutzt.
Aber das ist noch längst nicht alles. Wenn ich alt bin, verkauft er mich an einen Wasserträger. Dann wird mir ein Holzsattel aufgelegt und mir Krüge und Schläuche aufgelegt, die zu beiden Seiten herab hängen.
Und wenn ich dann unter der Last ächze und stöhne, werde ich noch weiter mit Peitschenhieben bedacht, bis ich schließlich an der schlechten Behandlung und dem mangelhaften Essen elend zugrunde gehe.
Dann aber werde ich den herrenlosen Hunden zum Fraß vorgeworfen. Oh König der Tiere, gibt es unter Allahs Geschöpfen Wesen, die grausamer sind als der Sohn Adams?“
So sprach der Esel und wollte sich dann erneut auf den Weg machen. „Bleibt noch einen Augenblick“, rief ihm der Löwe zu. „Ich möchte dich bitten, mir den Weg zum Sohn Adams zu zeigen.“ Doch der Esel schüttelte seine langen Ohren voller Angst, kehrte uns dann den Rücken und machte sich aus dem Staub.
Doch kaum war der Esel fort, kam eine neue Staubwolke auf uns zu. Bald konnten wir dahinter ein wunderschönes schwarzes Pferd erkennen, das eine große weiße Blesse auf der Stirn hatte. Als das Pferd meinen Freund, den Löwen erblickte, wollte es schnell wieder davon laufen, aber der Löwe sprach es an.
„Wohin willst du denn so schnell laufen, schönes edles Tier? Dahinter beginnt doch die Einöde.“ „Ich bin auf der Flucht vor dem Sohne Adams“, entgegnete das Pferd ängstlich.
Nun war der Löwe vollends verwundert. „Wie ist das möglich?“, fragte er verwundert. „Ein Tier von deiner Größe und Kraft hat so eine Angst? Du bist doch in der Lage, mit einem einzigen Hufschlag zu töten. Trotzdem fürchtest du dich? Schau mich an, junger Freund. Ich bin nicht so groß wie du, trotzdem habe ich meiner liebenswerten Freundin, der Gans, versprochen, den Sohn Adams anzugreifen und zu töten.“
Als das Pferd diese Worte gehört hatte, lächelte es traurig. „Das ist weise und mutig von dir“, sagte es. „Aber glaub nicht, es kommt nur auf Schnelligkeit und Stärke an. Das ist nichts gegen die List des Sohnes Adams. Dagegen bist du machtlos.
Er wollte mich zähmen und hat es auch geschafft. Und als er das geschafft hatte, legte er mir Fesseln an und band mich mit einem Harken an die Wand. Und nicht nur das, ich musste auch einen Sattel tragen, wurde von Gurten eingeengt und bekam ein Stück Stahl in den Mund gelegt, mit dem er mich lenken konnte, wohin er wollte.
Aber das ist nicht alles. Er setzte sich schließlich auf meinen Rücken und mit zwei scharfen Kanten an seinen Füßen trieb er mich an. Und wenn ich mal nicht gehen wollte, stieß er mich damit in die Flanken, bis ich anfiang zu bluten und schließlich losging.
Noch schlimmer aber wird mein Schicksal, wenn ich alt bin und an Schnelligkeit eingebüßt habe und mein Fell keinen Glanz mehr hat. Dann nämlich wird er mich an einen Müller verkaufen, und ich habe Tag und Nacht die Mühle zu drehen.
Und wenn ich dann zusammen breche, weil meine Kräfte erschöpft sind, werde ich an einen Abdecker verkauft. Der wird mich töten, mir die Haut abziehen und an den Gerber weiter verkaufen. Meine Mähne und mein Schweif aber werden an einen Bürstenmacher weiter gegeben.
„Das ist ja schrecklich“, sagte der junge Löwe. „Ich muss die Schöpfung dieser Welt unbedingt von diesem schändlichen Wesen befreien. Sage mir, Pferd, wo kann ich dieses Wesen finden?“ „Ich verließ ihn gegen Mittag“, sagte das Pferd. „Es dürfte nicht lange dauern, dann wird er mich verfolgen.“
Kaum hatte das Pferd diese Worte ausgesprochen, wurde erneut eine Staubwolke sichtbar. Es war eine riesige Staubwolke. Als sie näher kam, erkannten wir ein Kamel, das mit riesigem Geschrei und großen Sprüngen auf uns zukam.
Als der Löwe diese große Staubwolke sah, war er davon überzeugt, dass dieses Wesen nur der Sohn Adams sein konnte. So sprang er mit lautem Gebrüll auf das Kamel zu und wollte es zerfleischen.
Da rief ich so laut ich konnte: „Halt inne, König der Tiere. Dieses Tier ist nicht der Sohn Adams sondern das friedlichste Geschöpf, das wir kennen.“ Da sprang der Löwe rechtzeitig zurück und starrte das Kamel überrascht an. „Ein Kamel bist du?“, fragte er. „Und du hast auch Angst vor dem Sohn Adams? Kannst du ihn nicht mit deinen Füßen zertreten?“
Da sah das Kamel den Löwen lange an. „Oh Sohn des Königs, schaue mich an“, sagte es. „Siehst du, wie meine Nüstern von einem Ring durchbohrt sind? Weißt du, wozu der Ring da ist? Ein Strick wird durch diesen Ring gezogen, und er ist dazu da, mich zu führen und zu leiten.