Da standen die Posadniks alle auf und neigten sich vor dem klugen Tschudin, und riefen mit einer Stimme: "Du hast weise gesprochen. Es geschehe, wie du gesagt hast." -
Und am folgenden Morgen mit Tagesanbruch machte man Anstalt zum Feste. Auf dem großen Saale des Rathauses stellte man Tische von Eichenholz und bedeckte sie mit weißen Tüchern. Darauf brachte man Zuckerwerk und eingemachte Früchte, und ordnete Alles zierlich. An den Wänden umher standen Fässer mit Wein und Bier, und daneben hingen die reinlichen Trinkgeschirre von Gold und Silber und kostbarem Holze. Als Alles in Ordnung war, wurden einige der Posadniks auf die Burg geschickt, um die Fürstin und ihren Sohn zum Feste einzuladen. Nachdem sie ihre Worte angebracht hatten, antwortete ihnen die brave Matrone Amelpha Timophejewna folgendermaßen: "Für mich ist Spiel und Tanz vorbei, das Lachen ist vorüber. Damals als meine Sonne noch schien, als Boguslai, mein Gemahl und euer Fürst, noch lebte, da war ich auch lustig und fröhlich; aber jetzt, da meine Sonne nicht mehr scheint, sitz' ich traurig und einsam in meinem Gemache. Doch vielleicht ziert mein Sohn Wassili euer Fest mit seiner Jugend, wenn ihr ihn selbst dazu ladet." - Auf diese Wort eilten die Posadniks zu dem Fürstlein, und baten ihn mit vielen höflichen Worten, ihr Ehrenmahl mit seiner Jugend zu zieren, und das Fürstlein versprach ihnen, zu kommen, wenn es seine Mutter erlaube. Darauf ging er zu seiner Mutter und bat sie um Erlaubnis, dem Feste der Nowgoroder beizuwohnen. die Fürstin gewährte ihm diese Bitte, gab ihm aber dabei manche gute Lehre über seine Aufführung unter den verschmitzten Posadniks, die sie sehr gut kannte. "Trinke," sagte sie, "trinke mein Sohn, nur trinke nicht zu viel; denn die Posadniks sind listig, sie werden dich prüfen wollen. Darum sei auf der Hut. Und fangen sie an zu prahlen mit ihrer Stärke, ihrer Klugheit, ihrem Reichtum, so lass sie prahlen. Schweige und prahle mit nichts. Vor allen Dingen aber sei höflich und freundlich, und beleidige Niemanden durch Grobheit." - Nach diesen Worten küsste sie ihn, und Wassili ging zum Feste.
An der Treppe des Rathauses empfingen ihn die Posadniks und führten ihn hinauf in den Saal. Hier wiesen sie ihm den ersten Platz an. Aber das Fürstlein dankte ihnen für die Ehre, und setzte sich unten an. Da nahmen ihn die Posadniks unter die Arme, und führten ihn an die erste Stelle. "Hierher setze dich, Fürstensohn," sagten sie, "das ist dein Platz. Hier hat dein Vater Boguslai oft gesessen." - Nun reichten sie ihm einen Becher mit süßem Weine und Wassili trank und aß dazu von dem Zuckerwerk und den eingemachten Früchten, die sie ihm vorsetzten. Dabei aber saß er wie eine Jungfer, ohne ein Wort zu sagen.
Unterdessen fingen die Posadniks an lustig zu werden. Sie schwatzten hin und her, endlich ging es ans Prahlen. Der eine prahlte mit diesem, der Andere mit jenem. Dieser lobte sein gutes Pferd, Jener sein junges Weib. Der Eine rühmte sich seiner Stärke, der Andere seines Reichtums und der Dritte seiner Klugheit. Alle schrieen durcheinander und Einer suchte es dem andern zuvor zu tun. Aber Wassili Boguslajewitsch ließ sich nicht verführen, er saß still und schweigend da, und ließ die Andern prahlen, wie sie wollten, ohne sich drein zu mengen. Da wandten sich zwei der vornehmsten Posadniks, der kluge Tschudin und der reiche Satka, an ihn und redeten ihn also an: "Warum sitzest du so still und einsam, Fürstlein? Du hast ja genug, womit du dich rühmen kannst, und doch schweigst du?" - Darauf antwortete ihnen der Jüngling mit bescheidener Miene: "Ihr seid ehrenvolle und würdige Männer, Posadniks, und es geziemt euch, frei und keck zu reden. Aber wie würde es mir anstehen, vor euch zu prahlen, der ich noch jung und eine vaterlose Waise bin? Zwar hab' ich Gold und Silber und Schätze; aber ich habe sie nicht gesammelt. Einst kommt auch meine Zeit, und dann wird' ich auch ein Wort reden können." -