Aber Angst und Schrecken wechselten in ihrem Herzen mit einander ab, als von dem Anführer der Rotte der Rang des unwissenden Selim's öffentlich bekannt gemacht und der grausame Befehl des Tyrannen Amurath produziert wurde.
Nun erst waren dem königlichen Jüngling die sterbenden Worte seiner vermeinten Mutter verständlich, als sie ihn zum letzten Mal umarmend bat, dass ewige Vergessenheit auf dem unglücklichen Geheimnis seiner Geburt ruhen möge.
Arba riss, ihrer Sinne fast ganz beraubt, ihre braunen Locken von ihrem liebenswürdigen Haupt und rief mit überströmenden Augen, die sie zu dem weniger schönen Gewölbe des Himmels aufschlug, Gott und seinen Propheten laut um Hilfe an, während der unglückliche Liebhaber in eine Bildsäule der Verzweiflung verwandelt, seine plötzliche Angst bloß durch seine Seufzer auszudrücken vermochte.
Die unbarmherzigen Janitscharen waren nun im Begriff ihre hilflose Beute wegzuschleppen, als der Fluss, der den Garten des gläubigen Selim durchkreuzte, plötzlich zu einem ungestümen Strom anschwoll und die Wache zugleich mit den Gefangenen fortriss, und als das Wasser wieder abgelaufen war und die zitternden Janitscharen das Ufer erreicht hatten, fanden sie die liebenswürdige Arba halb ertrunken in ihren Armen, aber Selim war nirgends zu sehen.
Schrecken und Bestürzung herrschte jetzt unter dem wilden Haufen und weil sie zu ihrem wütenden Herrn ohne den furchtbaren Sohn nicht zurückzukehren wagten, so beschlossen sie, sich in dem ganzen Lande zu zerstreuen, um ihn lebendig oder tot aufzusuchen.
Selim war mittlerweile von dem Strom eine beträchtliche Strecke weggeschwemmt , und ganz empfindungslos an das Ufer an der Seite eines entfernten Waldes geworfen worden. Die warmen Strahlen der Sonne zerstreuten bald die finstern Nebel, die den Lebensstrahl verdunkelten und der Sohn Almoran's fing wieder an zu atmen.
Der ängstliche Liebhaber warf nun wild seine Augen umher, aber blickte vergebens nach dem teuren Gegenstand seines Herzens; und fing, von Verzweiflung gepeinigt, und ungewiss wegen des Schicksals seiner Arba über den grausamen Zufall zu jammern an, der ihn von dem Untergang im Wasser gerettet hätte, als eine plötzliche Erleuchtung den Wald überstrahlte und in einer Weihrauchwolke, die lieblicher duftete als alle Wohlgerüche Arabiens, der Genius Nuradien vor ihn trat und ihn mit seinem angenehmen Auftrag erfreute.
"Überlass Dich nicht der Verzweiflung, o teurer Liebhaber der tugendhaften Arba, Du bestimmter Beherrscher der Nationen des Orients. Gerettet ist der schöne Gegenstand deiner Liebe aus dem überwältigenden Strom, und Nuradin's Schutz wird sie unverletzt für Deine Umarmung erhalten. Aber erhebe Dich, edler Jüngling, zu kühneren Taten und höre auf die Stimme deines Vaterlandes. die Schrecken der Tyrannei schleichen ungehindert umher und Du allein kannst der Schild eines Dir ergebenen Volkes sein. Da Amurath Dir also nicht erlaubt ein Untertan in Frieden zu sein, so fasse den Entschluss ein Beherrscher durch Krieg zu werden. Reif sind die Nationen zur Empörung und bloß der Mangel an einem Anführer ist bis jetzt die einzige Sicherheit des unmenschlichen Tyrannen gewesen. Dieser Mangel ist jetzt gehoben und meine Sorge soll es sein, unter den Verhüllungen, welche ich zur Erreichung Deines Vorhabens für zweckmäßig halte, der Welt Deine Absichten und Deinen Aufenthalt bekannt zu machen.