„Es wäre schon am besten, einmal zu dem Herrn hinzugehen,“ sagte am nächsten Morgen seufzend der Schulze von Oberheudorf, und der von Niederheudorf dachte das auch. „Aber freilich, es muß noch jemand mitgehen,“ sagte der Oberheudorfer Schulze, und der von Niederheudorf forderte gleich zwei reiche Bauern auf. Die Niederheudorfer hatten sich etwas schneller besonnen, Seite 174und so kam es, daß die Bauern alle miteinander an der Wassermühle zusammentrafen. Sie schauten sich ein bißchen verlegen an, es wußte gleich jeder vom andern, warum er gekommen war. Die Müllerin kam den Gästen mit betrübter Miene entgegen und klagte: „Er ist fort! Gestern ist er fuchswild heimgekommen, und heute in aller Morgenfrühe hat er seine Sachen gepackt und ist abgezogen. Er hat gesagt, hier wär's sonst schon recht, und die Mühle gefiele ihm besonders gut, aber daß die Leute alle den Bahnrappel hätten, das wäre schlimm.“ Die Müllerin trocknete sich die Augen mit der Schürze ab, die Sache ging ihr nahe; daß das Studentlein fort war, tat ihr bitter leid, sie hätte dem blassen Stadtherrn doch himmelgern rote Backen angepflegt. „Wie er schon ein Stückchen weg gegangen war,“ fuhr sie klagend fort, „hat er sich noch umgedreht und gerufen: ‚Besser wär's, wenn gar keine Bahn herkäme!‘“
Die Bauern sahen sich betroffen an. Na, das wäre ja eine schöne Geschichte! Über diesen Schreck vergaßen sie allen gegenseitigen Zorn und redeten ganz vernünftig zusammen. Nachher zogen sie sehr verstimmt, sehr geärgert heimwärts. Die Müllerin sagte zwar, sie glaube, der Herr habe gar nichts mit der Bahn zu tun gehabt, aber trau' einer den Stadtleuten. Nach drei Seite 175Tagen bekamen der Ober- und Niederheudorfer Schulze je einen Brief, in dem stand, daß die Bahn über Langenrode gehen würde, das lag etwa eine Stunde von jedem Dorf landeinwärts. „Schockschwerenot, da haben wir's! An der ganzen Geschichte sind nur die Kinder schuld, das unnütze Gesindel,“ rief der Niederheudorfer Schulze, und der von Oberheudorf schalt nicht minder, nur sagte er: „Hagelwetter!“
Die Buben und Mädel, die dabeigewesen waren, hatten keine guten Tage. Immer hieß es: „Da seid ihr daran schuld!“ Ach, und sie hatten es doch so gut gemeint und hatten sich selbst so sehr auf die Bahn gefreut.