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Strix:Die Geschichte eines Uhus-7. Der neue Wald rückt vor

时间:2022-05-13来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Strix
Es war noch wild und urzeitartig in dem großen entlegenen Walde.
Er war ja freilich ein königlicher Staatswald. Es gab einen Forstmeister und es gab Förster, Hegereier und Waldhüter, und jeden Winter in der Zeit des Fällens dingte man drauf los unter den Leuten in der Umgegend, um zu roden; aber noch war man nicht so weit gelangt, den Wald auf fachgemäße Weise zu durchforsten. Darum gab es Teile, die noch nie unter dem Gesetz des Reißeisens und der Axt gestanden hatten, in die seit einem Menschenalter kein Mensch außer dem Wilddieb und dem Treiberjungen oder dem leidenschaftlichen Eiersammler seinen Fuß gesetzt hatte. Es war hier nicht wie im Kulturstaat, wo es kaum einen Quadratfuß Boden gibt, der nicht alle zehn Jahre mindestens einmal die Stiefelsohlen des Holzwärters spürt. Nein, Gräben und Entwässerungsröhren waren hier unbekannt, große Moore und Lichtungen lagen mit Gestrüpp bewachsen da, zahllose kleine Seen mit Röhricht und Weidenbüschen gab es, und im Winter war fast jede Niederung überschwemmt.
Es war ein stark kupierter Wald, durchschnitten von langen, sonderbar gewundenen Schluchten, die bei der Frühjahrsschmelze das Wasser der Hügel den stillen Waldseen zuführen halfen.
86 Arbeitete man sich die Hügel hinauf, so erreichte man Höhenpunkte mit weiter und ferner Aussicht; man sah den Wald von oben, sah Kronen und Wipfel im Schein der Luft: das grüne Gewölbe im Mai, das gelbe und rote im Oktober lag wie ein unermeßliches Blättermeer unter Einem und glitzerte in Wellen und Kräuselungen.
Durch den Boden der Klüfte wanden sich Bäche in tiefe Betten. Im Sommer waren sie trocken, nur welke Blätter und umgestürzte Baumstämme häuften sich darin auf. Aber zur Frühlingszeit gruben die Ströme der Schneeschmelze die Betten auf, gruben sie tiefer und tiefer; stellenweise konnte man in sie hineinsehen, als sähe man in einen Abgrund — so steil waren die Abhänge, daß das Herbstlaub, wenn es fiel, in Sprüngen an ihnen hinabhüpfte wie Kröten.
In diesem Walde, der so weicherdig und so laubgesättigt war, daß der Mensch seine eigenen Fußtritte nicht hören konnte, wo ihm, dem hohen Wesen auf Zehen, zumute war, als schwebe er, und wo er deswegen oft schauderte über das ungewöhnlich Geisterhafte, das plötzlich über seinen sonst so schwerfälligen Fuß und Rücken gekommen war, in diesem Wald versteckt sich Dänemarks letzte große Eule.
Sie hatte hier ungefähr zehn Jahre gelebt und war dieselben Luftwege — aus und ein — zwischen dem Zweiggewölbe geflogen, sie hatte dieselben Fangzweige, dieselben Lauerstellen benutzt und versucht, ihre Beute zu überholen, wo die Verhältnisse und ihre Erfahrung sie gelehrt hatten, daß sie überholt werden konnte. Alles war von einem Tage zum andern gegangen, wie es zu gehen pflegte — im Sommer Überfluß: Birkhähne, Hasen und spätgesetzte Rehkitzchen; im Winter 87 Schmalhans: Eichhörnchen und Krähen, und Zank und Streit mit Fuchs und Marder.
Sie hatte sich nun an ihre Einsamkeit, an ihr großes Entbehren gewöhnt.
Nur um die Frühlingszeit bei Regenschauern, und auch sonst wenn schlechtes und unruhiges Wetter im Anzuge war, tauchten die alten Erinnerungen in ihrem Innern auf.
Wohl entsann sie sich keiner Einzelheiten ... nur unbestimmte Ahnungen von geraubtem Glück durch den Verlust von Männchen und Jungen konnten sie zu diesen Zeiten andauernd grimmig und böse stimmen.
Aber es ging nur über Marder und Fuchs, über Krähe und Habicht her, nur diese, ihre verhältnismäßig unschuldigen Feinde, bekamen ihre Fänge zu fühlen, die verfolgte sie noch immer aus tiefstem Herzensgrunde. Der Mensch dahingegen war für Strix nicht mehr das große, lächerliche Tier; er war der Herr, dem man gehorchen mußte, in dessen Launen man sich finden mußte, und nach dessen Treiben Strix sich notgedrungen richten mußte. Ihr Drauflosgehen den Menschen gegenüber hatte längst einen Knacks erlitten; sie scheute sie jetzt mehr, als sie es je zuvor getan hatte.
Und dann eines Tages verlautete es ... es ging auf Fledermausflügeln durch den Wald, unhörbar für andre, als für die, so es verstanden: sie hauen, sie fällen ...
Wer?
„Die Zweibeine“, „die Gesichter“, „die großen Zerstörer“ oder welche Namen man nun für die Friedensstörer hatte. Hört! Sie roden, sie hauen, die Bäume fallen um, Versteck wird zu Luft und Schutz zu Nässe. — — —
88 Es war ein neuer Forstmeister in die Wälder des großen Fördenkreises gekommen, ein eifriger Kerl; er hatte fast sein ganzes Leben in der Kanzlei gesessen und Entwürfe gemacht, daher hatte er ein fürchterliches Bedürfnis, sich zu rühren: zu hauen! Er sah den Wald durch die Zauberbrille der Kultur: die Bäume sollten da und da wachsen und so und so stehen ...
Sein Vorgänger war ein altes, amtsmüdes Individuum gewesen, mit Sehnsucht nach Natur im Leibe. Er hatte, wo er nur konnte, gern hier und da in seinen Anpflanzungen einen selbstgesäten Kümmerling stehen lassen, und er hatte auch Hirsch und Rehbock geschont und das Ohr dem Pfiff des großen, flüggen Habichtjungen verschlossen.
Jetzt sollte dieser Schlendrian ein Ende haben! Es sollte geschossen werden, geschossen, und es sollte gefällt werden, gefällt ... ein ganzes Menschenalter sei ja dort im Walde kein Ast angerührt, behauptete der neue „Meister“.
Die Holzwärter waren gewohnt gewesen, glimpflich vorzugehen; sie hatten viel zu Hause zu tun. In Zukunft sollte die Pfeife einen andern Ton haben; sie sollten im Walde sein und sonst nirgends. Der neue Forstmeister stürmte dahin wie ein Unwetter. Alles was mürbe und überlebt war, mußte sich beugen — und mit den Tagen, die gingen, und dem Winter, der vorschritt, ward es lichter und offener im Walde.
Strix hörte die Äxte schlagen und die Sägen schneiden, und spät am Abend, wenn sie ausflog, sah sie neue Haufen gefällter Bäume und geschlagenen Holzes; es lag in langen Streifen hinter den Menschen so wie die verdauten Erdknollen hinter einem Regenwurm.
89 Eines Tages kommt ein Fuß um die alte hohle Buche herum. —
Schale und Lauf sah man oft um den Baum herum, aber ein Fuß — —
Und Strix sträubt die Hörner.
Nach ihrem langjährigen ungestörten Leben hier draußen im Walde war sie gleichsam in den Urzustand ihres Stammes zurückversetzt. Noch bis vor wenigen Monaten hatte sie nur selten andere Laute gehört als die eigene Stimme und die Stimmen des Waldes und des Sturmes; jetzt steigt ihr ein brenzeliger Geruch wie von sonnengedörrtem Harz und sumpfigem Moor in die Nase, und das Geräusch von Tritten fordert eindringlich, in ihren Ohren zur Ruhe gebracht zu werden. Strix kann nicht recht wach werden — —
Da rafft sie sich auf; sie wird plötzlich schlank, mit übermächtiger Kraft drängt sich ihr die Erkenntnis auf: das ist ja der Mensch!
Ein Reißeisen wird hervorgeholt, und ein Stock mit einem Spatenblatt am Ende fängt an zu kratzen und zu hauen; Strix ist kurz davor, auszufliegen, so genau untersucht der neue Forstmeister die Buche.
Herr du meines Lebens! — entfährt es seinem Munde, und er reißt ein gewaltiges Loch in die Rinde des Baumes ... herunter mit ihm!
Am nächsten Tage kommen die Schritte wieder, das Kratzen und Hauen wiederholt sich.
Aber mehr als zweimal läßt sich Strix nicht in ihrer Tagesruhe stören, ihr Mißtrauen ist erwacht — wie ungern sie es auch tut, sie muß aus ihrer alten Wohnung ausziehen.
90 Sie fliegt nach der Tiefe der alten Tannen und sinkt in ihr warmes, lichtschwaches Gewölbe hinab. Hier sitzt sie eine Woche lang in einem alten Habichthorst. Bis es plötzlich eines Morgens in dem Stamm singt und wie von weißen Federn um seinen Fuß stiebt ... sie fühlt den Wipfel erbeben, den Baum schaukeln und auf einmal umfallen — da erst streicht sie ab. Sie wählt eine neue Tanne, weiter entfernt im Dunkeln, aber schließlich erreicht die Axt auch die ... die gierige Axt frißt ganz regelrecht auch Tannen!
Dann nimmt sie fürlieb mit dem tiefen Astspalt hoch oben in der Buche, der sie seiner Zeit vor den Krähen errettet hat. Es ist freilich ein enger Raum, in dem es zieht, denn der Baum ist fast durch und durch faul, und hatte ein Loch neben dem anderen, sowohl über ihr als auch unter ihr in der ganzen Länge des Stammes. Aber ein Zufluchtsort ist der Spalt doch!
Als der Frühling kam, wurden alle Löcher benutzt. Strix, die die Vornehmste war, wohnte im ersten Stockwerk, über ihr in den vielen andern Stockwerken hatten Stare, Blaumeisen und Kohlmeisen ihre Behausung, unter ihr wohnte ein Dohlenpaar und ganz unten im Keller eine fette schwarze Ratte, eines der sogenannten Moorschweine. Das Erdgeschoß aber stand leer, denn dort wohnte im Winter Meister Taa, und nach ihm roch es den ganzen Sommer.
Es war Strix indessen unmöglich, sich an den Spektakel der vielen kleinen Leute über und unter ihr in dem neuen Hause zu gewöhnen. Als daher der Sommer kam und das Laub die Schlupfwinkel des Waldes düster machte, blieb sie oft den ganzen Tag draußen sitzen.
91 Sie setzte sich gewöhnlich auf einen Fleck, wo selbstgesäete Birken und Erlen oder Tannen in großen Haufen Wurzel in der nachtschwarzen Erde der Waldmoore geschlagen hatten; dahinaus wagten sich nicht viele von denen, die zu Fuß gingen. Sie zog tief in die Moore hinein, nach den sumpfigen, feuchten Stellen, wo die Bäume klein waren und sich in den allerverzerrtesten Formen umeinanderschlangen. Namentlich hatte sie draußen auf einem Grasbüschel mitten in einer Wasserlache zwischen den kranzförmigen Zweigen eines uralten Weidengestrüpps eine liebe und ruhige Schlafstätte. Es war hier wie in einer Laubhütte — und diese Laubhütte benutzte Strix oft und lange.
Bis die vielen kleinen Vögel: Gartensänger, Mönch, Rohrdommel und Nachtigall, deren eigentlicher Besitz dies alles war, und die ihren Heckplatz und ihre Nestwohnung rings umher in dem Schlupfwinkel hatten, zufällig auf sie stießen. Da hatte der Friede ein Ende! Die kleinen Vögel hörten nicht auf, Strix ihr Mißfallen ins Ohr zu schmettern, die Lumpen des Waldes — die Häher, zogen auf, und bald darauf die Drosseln — die wachsamen Schutzleute des Waldes — da wußte sie, daß die Botschaft erging, daß das gellende Horn ertönte, daß der Wald binnen kurzem mobil gemacht sein werde, und sie breitete die Flügel aus und flog hinauf durch das Laubdach, flog davon — um sich wieder tief in ihrem Spalt zu verstecken.
Nichts konnte Strix so reizen wie dies Kleinvögelgesindel. Meinetwegen die Krähen! dachte sie. Meinetwegen Marder und Fuchs und zur Not auch die Menschen! Das alles war groß, so wie sie selbst und hatte das Recht, auszuschelten; aber so eine kleine lebende Flocke, was hatte die zu sagen!
92 In dem tiefen Spalt war es scheußlich im Sommer — schwül und zum Ersticken! Und kitzelndes Spinnengewebe hatte sie beständig im Schnabelbart — in der Laubhütte des Weidengestrüpps war es so frisch und kühl gewesen!
Der Sommer verging —
Es wurde immer schwieriger für Strix, sich in dem alten Walde zurecht zu finden. Es war mit dem bald ebenso wie mit den vielen andern, aus denen sie ihrer Zeit geflohen war: der große Zerstörer hatte ihn nun ganz umgewandelt.
Wo sich Sümpfe und Erderhöhungen zwischen stehenden Gewässern hinzogen, wo Zwergweiden und Birken, Wollgras und Porsch wuchsen, dahin kamen breite Gräben mit Wiesen und Gras. Wo einst Sandgräben und Heideebenen und rotbraunes Heidekraut gewesen, wo Rehbock, Birkhahn und Hase freien Durchgang gehabt, da wuchsen kleine immergrüne Miniaturwälder auf. Selbst Strix’ kleiner Waldsee zwischen den Hügeln war verschwunden. Wo einst Wasser glitzerte, und Röhricht und Entengrün und herrliche Wasserpflanzen für Wildente und Storch zum Hineinschlabbern bereit lagen, da sah sie nun auf ihren nächtlichen Zügen nur noch ein leeres Schlammbett liegen. Und so überall! Wo die Einsamkeit wohnte, wo der Wind seinen Singplatz und die Sonne ihre Badestelle hatte, wo der Herbststurm zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche wild brunstete, und der Lenzregen in Bachbett und Schluchten rieselte und summte — dort rumorte jetzt der Menschengeist.
Es wurde Winter — und Strix hörte Taa in seine Wohnung unter ihr einziehen. Er hatte ein Junges bei sich ...
— — —
Taa war jetzt eine alte Ratte und lange nicht mehr so kampflustig, 93 wie er es in seinen jungen Tagen gewesen, als er die Nestpalisaden des großen Uhus stürmte. Er hatte graue Stoppeln im Bart, und die Farbe des Pelzes fiel ins laubbleiche und nicht mehr in das früher so glanzvolle und tiefe Kastanienbraun.
Er hatte das gewöhnliche Leben eines Marders gelebt, hatte sich durch die Welt geräubert und sich durch seine Schlauheit, Entschlossenheit und seine vielen körperlichen Fertigkeiten Respekt verschafft. Jetzt hatte er, was die letzteren anbetrifft, nichts mehr, dessen er sich rühmen konnte; er war halb steif und zahnlos und lebte hauptsächlich von dem, was er durch seine väterliche Würde einem Sohn abzupressen vermochte.
Klein-Taa artete in allem nach seinem Erzeuger. Er war, wie ein Waldmarder sein soll, voll Schlüpfen in der Pfote, Springen im Lauf und einem ewigen Verlangen nach Blut in den Zähnen; aber er war noch grün und unerfahren ...
Er ließ sich indessen gut an!
An Streitbarkeit des Gemüts übertraf er sogar noch den Vater — und so jung er war, ließ er sich kein Eichhörnchen nehmen, das er mühsam gefangen hatte, ohne vorher entschlossen sein Leben dafür eingesetzt zu haben.
Bei dergleichen dummdreisten Neigungen würde er nicht alt werden, das konnte sein Vater ihm weissagen, aber der große Taa hatte sich nie mit Weissagungen abgegeben.
Nur Einem gegenüber zeigte sich Klein-Taa ungewöhnlich gutmütig; das war so wie es sein sollte, nämlich seinem väterlichen Erzeuger, dem großen Taa gegenüber.
Schlau und erfahren, wie der große Taa war, hatte er den Sohn nämlich von frühester Jugend an daran gewöhnt, seine Beute mit ihm zu teilen.
94 So oft ward Klein-Taa der leckerste Teil seines Fanges weggenommen, daß er es allmählich als selbstverständliche Pflicht empfand, diesen kräftigen alten Kerl versorgen zu müssen.
Jetzt, wo es Winter mit ungünstigen Witterungsverhältnissen geworden war, und die Spärlichkeit der Beute das Leben noch kümmerlicher für einen alten, abgelebten Marder machte, hing sich der große Taa wie eine Klette an seinen Sohn und wich nie — auch nicht am Tage — von seiner Seite.
Klein-Taa empfand es zuweilen als etwas Naturwidriges, daß sie beide am Tage in derselben Höhle saßen und Grillen fingen, da aber auch für Marder Wohnungsnot herrschte und der Frühling noch nicht in der Luft zu spüren war, fand er sich darein.
Eines Morgens bei Tagesgrauen kehren sie beide schneedurchnäßt heim. Strix hört Vater und Sohn in ihre Behausung schlüpfen und anfangen, sich in ihrer luftigen Stube zu putzen.
Strix sitzt in der ihren über ihnen.
An diesem Morgen sind Spuren im Schnee zu lesen, und die Jäger sind überall auf den Beinen.
Drei große, starke Männer folgen den Mardern auf den Fersen; sie finden den Baum, versuchen hinaufzuklettern, sind aber nicht imstande dazu. Da zünden sie Feuer an der Wurzel des Baumes in dem Loch des Moorschweins an. Das „Schwein“ wird gebraten — und es schwält häßlich durch den ganzen mürben Stamm hinauf. Der große Taa niest, und Klein-Taa niest, und auch Strix muß niesen. Jeder von ihnen denkt, daß es ihm gilt.
Aber als die Marder hinausschlüpften, flog auch Strix auf ... Die Jäger schossen den großen Taa. Strix und Klein-Taa bekamen sie nicht.
95 Wo sollte Strix jetzt nur bleiben?
Die alten Tannen waren dahin, und die Einsamkeit und Waldestiefe um ihre liebe alte Buche auch. Von ihrem ganzen einst so wilden Walde mit Sturmesgebraus und Baumgeknarre waren nur noch einzelne zerstreute Teile übrig, in denen sie früher nie hatte sein mögen. Ein niedriger Jungwald breitete sich überall über den entwässerten Mooren und auf den offenen Stellen aus, und mystische, von Menschen geschaffene Laute hielten sie von Morgendämmerung bis Abend wach. Wo sollte sie nur bleiben?
Es wurde immer gefährlicher für Strix, hier im Walde umherzuschweifen. Die Jäger kamen oft mit Flinte und Hund hierher, und es wurden große Treibjagden abgehalten. Hätte sie das Leben nicht dies und jenes gelehrt, und hätte sie nicht beständig den Platz gewechselt oder sich unsichtbar gemacht, indem sie sich unter großen, halbverfaulten Baumstümpfen und in alten, unbewohnten Fuchsbauten versteckte, so würde es ihr nie gelungen sein, den Jägern zu entkommen.
Mehr und mehr ward es ihr klar, daß sie nun wieder weiter mußte!
In ihren jungen Jahren war sie viel gewandert. Im Herbst und namentlich zur Winterszeit war sie in der Regel von dannen gezogen, und hatte nach Lust und Laune umhergestreift. In späteren Jahren hatte sie sich nicht viel aus diesem Umherstreifen gemacht; sie war geblieben, wo sie war.
Aber nun zwangen die Verhältnisse sie von neuem.
Wohlan, so mußte sie denn fort; sie mußte sich eine neue und bessere Gegend suchen!
— — —
96 Um die Frühlingszeit werden die uralten Wandergrillen nach Verlauf von Jahren wieder lebendig in Strix — in einer schönen Nacht überkommen sie sie plötzlich wie mit der Unbändigkeit eines Fiebers.
Sie merkt, wie gleichsam ein Trieb, ein Verlangen in ihr aufsteigt. Es ist kein Hunger, nichts, was sie durch ihren Schnabel, durch ihre Fänge befriedigen kann. Es wohnt anderswo als in ihrem Magen und schmerzt auf eine eigene, innere Art. Sie wird unruhig, kann nicht schlafen, nicht still auf dem Zweig sitzen, sondern muß fortwährend mit den Augen zwinkern und die Flügel halb öffnen, wie zum Flug. Das Verlangen wächst und wächst, auf seine Weise genau so, wie der Hunger wächst ... und so steigt sie denn, als der Vollmond blank am Himmel steht und das Licht grell über der Landschaft liegt, wie in einem Rausch über den Waldeswipfeln auf und verschwindet.
Sie wandert, wie hunderte von großen Uhus vor ihr gewandert sind, von den Menschen vertrieben, der Naturruhe und Einsamkeit entgegen, nach denen ihr Sinn stand. Gleich diesen heimgegangenen Vorfahren aus den ländergroßen, jetzt verschwundenen Wäldern hat auch sie dieselbe Liebe, dasselbe innige Bedürfnis, sich auszuscheiden, zu isolieren.
Von Natur ist niemand so ungesellig wie Strix; aber es ist doch, als wenn ihres Zeitalters Überfluß an Menschen sie — die letzte — noch weniger umgänglich gemacht hat.
Ruhe, Ruhe, seufzt sie, wenn sie für sich seufzt; Ruhe ist sozusagen eine Lebensbedingung für sie. Sie kann nicht atmen, nicht gedeihen, wo wie hier Axthieb auf Axthieb fällt, wo Wagengerassel und Pferdegetrappel erschallt, und Menschen 97 und Hunde lärmen. Sie ist der Vogel der großen Einsamkeit! Was die Sonne für die Blumen, ist die Naturruhe für sie; sie muß sie suchen, ihr nachziehen, wie man die Zweige der Bäume sich nach dem Licht krümmen und strecken sieht.
Sie wählt die Nächte zu ihren Flügen und hält sich am Tage still und verborgen in irgendeinem öden Winkel. Sie sitzt in einsamen Torfhütten, in verfallenen Scheunen, in alten Kirchtürmen, die ganz allein liegen. Hier darf sie in der Regel in Frieden sitzen, niemand ahnt ihre Anwesenheit — groß genug ist sie ja, aber sie hinterläßt keine Spur! Es geht ihr nicht wie dem Hirsch, der, wohin er auch immer tritt, einen großen Abdruck seiner breiten Schalen hinterläßt, eine Spur, die eine Unzahl von Schützen und Jägern hervorzaubert.
Das Einzige, was Strix verrät, wenn sie zu lange an einem Ort verweilt, sind die weißen Kalkkleckse die sie aus natürlichen Ursachen um ihren Sitzplatz verbreiten muß.
Aber sie ist scheu und erfahren; sonst wäre es ihr schon längst ergangen wie Uf, und sie wäre nie davor bewahrt worden, das Schicksal des großen Taa zu teilen.
 
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