Wir sprangen von unserem Baum und begannen mit aller Kraft uns zu verteidigen. Plötzlich sprengten Reiter mitten in die Menge, und eine Stimme rief:
"Haltet ein, oder ihr seid des Todes!"
Das war Musik in meinen Ohren. Der Eigentümer dieser Stimme schien ein Gentleman zu sein und würde uns sicherlich aus unserer misslichen Lage befreien. Er betrachtete uns kritisch und herrschte dann die Bauern an:
"Was tut ihr diesen Leuten an?"
"Es sind Wahnsinnige, ehrenwerter Herr …"
"Still. Ihr wisst nicht, was ihr sagt. Wer seid Ihr und woher kommt Ihr?"
"Wir sind friedliche Fremde, Herr aus einem fernen Land. Wir führen nichts Böses im Schilde", antwortete ich.
Der Gentleman wandte sich an sein Gefolge und befahl ihnen, die Meute in ihre Hütten zurückzutreiben. Augenblicklich verschwand der Haufen und ich atmete erleichtert auf. Wie konnte ich ahnen, dass wir nur vom Regen in die Traufe geraten waren. Der Gentleman war Graf Griff und stellte uns seine Lastpferde zu Verfügung und bot uns Geleit bis zur nächsten Stadt, die den Namen Cambenet trug.
Wir sprachen unseren Dank aus und nahmen das Angebot an. Am späten Vormittag erreichten wir den Marktplatz von Cambenet, in dessen Mitte sich eine klägliche Ansammlung von Sklaven in Ketten befand. Es war ein abscheulicher Anblick und noch während ich mich um die armen Seelen grämte, machte es plötzlich - Klick!
Schon waren der König und ich mit Handschellen aneinandergefesselt. Der König rief wutentbrannt:
"Was bedeutet dieser ungehobelte Scherz?"
Der Graf blickte gelassen drein und befahl:
"Führt diese Sklaven hinweg und verkauft sie."
Sklaven! Das Wort hatte plötzlich einen neuen Klang - einen unsagbar schrecklichen. Wir wurden ausgestellt und bei der Versteigerung verkauft. Nun sollte ich vielleicht erwähnen, dass zu meiner Zeit, also 1300 Jahre später im Süden meines Heimatlandes auf genau dieselbe Weise Menschen, die eigentlich frei waren, versklavt wurden. Doch dieser Umstand hatte mich nie in besonderem Maße beeindruckt. Wie anders fühlte ich nun, da es um meine Person ging.
Ja, wir wurden wie Schweine versteigert, zu einem Preis, der geradezu lachhaft war. Der König von England brachte sieben Dollar, sein Premierminister neun. Der Sklavenhändler ließ uns an seine lange Kette anschließen; wir bildeten den Schluss des Zuges. Um die Mittagszeit verließen wir Cambenet.
Der König brütete vor sich hin. Worüber er nachdachte? Was glaubt ihr? Er kam einfach nicht darüber hinweg, dass er nur sieben Dollar wert war. Weniger als ich! Was die nächsten Tage erschwerend hinzukam, war die Tatsache, dass potenzielle Käufer erklärten:
"Dieser Kerl ist zwei Dollar wert und gebärdet sich, als seien es dreißig. Schade, dass Stil nicht verkäuflich ist."
Ja, da war es wieder - das alte Problem. Was für ein Brocken Arbeit war es gewesen, aus seiner Majestät einen passablen Bauern hinzubekommen. Nun machte es sich unser Besitzer zur Aufgabe, aus dem Bauern einen Sklaven zu machen. Die Einzelheiten möchte ich euch ersparen. Nur so viel: Am Ende der Woche war der Körper des Königs mit reichlich Spuren versehen, die auf jeden Fall schmerzhaft waren. Aber der König war ein zäher Kerl und steckte alle Hiebe tapfer weg.
Einen Monat lang hatten wir es schwer, trotteten kreuz und quer durch das Land und litten. In diesem Monat wurde Artus zum größten Gegner der Sklaverei.
Irgendwann erreichten wir London. Das war zu dieser Zeit noch ein großes Dorf, aus Lehm und Stroh gebaut. Doch was mein Herz höher schlagen ließ, war der Anblick eines Zeitungsjungen. Das war der Beweis, dass Clarence noch lebte und eifrig am Werk war. Außerdem bemerkte ich einen Draht, der von einem Dach zum anderen gespannt war. Sicher ein Telegrafen- oder Telefondraht. Das wäre unsere Rettung.
Mein Fluchtplan war längst gesponnen. Irgendwie musste ich an ein Stück Draht gelangen, um mir eine Art Dietrich für unsere plumpen Schlösser zu basteln. Wenn unser Besitzer zu seiner nächtlichen Kontrolle käme, würden wir ihn überwältigen und fliehen. Der Zufall wollte es, dass ich eine Art Tuchnadel aus Stahl fand, die einer der potenziellen Käufer verloren haben musste.
Ich flüsterte dem König zu, dass wir in dieser Nacht fliehen werden. Mehr sagte ich nicht, aber der König war entzückt und zufrieden.
Endlose Zeit verstrich, bis ich mir sicher war, dass alle anderen Sklaven um uns herum, schliefen. Schließlich verursachten meine Ketten einen ziemlichen Lärm. Als ich mich ihrer endlich entledigt hatte, und seine Majestät befreien wollte, trat unser Besitzer herein. Er schaute sich kurz um, und verließ den Raum wieder.
"Schnell", sagte König Artus, "hol ihn dir!"
Natürlich war dies das einzig Richtige und im nächsten Moment war ich aufgesprungen und mit einem Satz hinter ihm her. Wir rauften und prügelten uns und hatten in kürzester Zeit ziemlich viele Zuschauer. Plötzlich sauste von hinten eine Hellebarde auf meinen Rücken nieder. Es waren die Stadtwachen, die ohne viel Worte mich und meinen Gegner zum Gefängnis abführten.
Dabei musste ich erkennen, dass ich gar nicht gegen unseren Besitzer gekämpft hatte. In der Dunkelheit war mir das nicht aufgefallen.
Was für ein Elend. Mein schöner Plan. Es war eine lange Nacht und beim Morgengrauen wurde ich dem Richter vorgeführt. Dem erzählte ich, ich sei ein Sklave des Grafen Griff, der schwer verletzt im Gasthof zum Wappenrock lag und mich gesandt hatte, einen Arzt zu holen. Mein Gegner habe mich in der Dunkelheit ohne Grund angegriffen.
Ich weiß nicht warum, aber der Richter glaubte mir, und so war ich zum Frühstück ein freier Mann. Mein Weg führte mich sofort zum Sklavenquartier, das ich leer auffand. Leer bis auf eine Leiche - die des Sklavenhändlers. Ich erfuhr, dass alle Sklaven gefangen genommen worden waren und bereits zum Tode verurteilt. Das Gericht überlegte nur noch zu warten, bis der fehlende Sklave auch eingefangen war. Damit meinten sie mich! In der ganzen Stadt patrouillierten Polizisten auf der Suche nach mir.
Jetzt half nur noch Clarence. Er musste Sir Lanzelot mit einer Armee schicken, um das Leben des Königs zu retten. Ich suchte den Draht und fand den Ursprung in einer kleinen Kammer über einem Fleischerladen. Es tat so gut die Stimme meines Jungen zu hören und er versprach mir, die Männer seien in dreißig Minuten aufbruchbereit.
Ich verließ die Kammer und begann zu rechnen. Vor sechs Uhr am Abend konnten sie nicht eintreffen und falls das Gericht die Hinrichtung doch vorzog, war alles verloren. Was nun geschah, werde ich nur ganz kurz beschreiben, denn es fällt unter das Kapitel "Schwere Niederlagen". Noch während ich rechnete, lief ich, ohne es zu merken einem Polizisten in die Arme und die Handschellen klickten ein. Nun hatten sie ihren letzten Sklaven und die Hinrichtung konnte heute noch stattfinden.
Die Uhrzeit - vier Uhr nachmittags. Der Schauplatz - vor den Stadtmauern von London. Wir saßen auf unserem hohen Schafott als Zielscheibe des Hasses und Gespötts. Unsere Verbrechen wurden vorgetragen und ein Priester sprach ein Gebet. Danach wurden dem ersten Sklaven die Augen verbunden. Es gab einen Ruck und er baumelte - nicht lange, da hingen schon Nummer zwei und drei.
Ich wandte mich ab und als ich mich wieder umdrehte, war der König nicht mehr an meiner Seite. Er war an der Reihe! Ich war wie gelähmt. Wie sie ihm die Schlinge um den Hals legten, tat ich plötzlich einen Satz, wobei mein Blick für einen Moment in die Ferne ging. Alle Heiligen - da kamen sie an, mit gesenkten Lanzen, fünfhundert gepanzerte Ritter - auf Fahrrädern!
Es war der großartigste Anblick, den es je gab. Lanzelot sauste herbei und ich riss dem König Schlinge und Augenbinde herunter und rief:
"Auf die Knie mit euch, ihr Schufte, und grüßt den König."
Die verblüffte Menge sank auf die Knie und huldigte den Mann, den sie eben noch verspottet hatte. Ich war unendlich zufrieden. Nimmt man die Situation als ganze, erzielte ich mit ihr eine der großartigsten Wirkungen meiner Laufbahn.
Und plötzlich kam Clarence, ganz der Alte, augenzwinkernd auf mich zu und sagt bescheiden:
"Schöne Überraschung, nicht wahr? Ich wusste, dass es dir gefallen würde. Ich habe die Jungen schon lange heimlich üben lassen, und sie fieberten nach einer Möglichkeit, damit anzugeben.