»Im Namen des Gesetzes und des Königs!« rief einer der Offiziere, während im Zimmer Rufe des Erstaunens laut wurden.
Aber bald herrschte völliges Schweigen. Die Pensionäre traten auseinander, um den drei Beamten Durchgang zu verschaffen, die die rechte Hand an einer geladenen Pistole in ihrer Seitentasche hielten. Zwei Gendarmen, die folgten, besetzten die Salontür, zwei andere tauchten an der Tür zur Treppe auf. Man hörte das Geräusch der Schritte und das Klirren der Gewehre von einer Abteilung Soldaten auf dem Kieselpflaster vor der Fassade. So war Trompe-la-Mort, auf den sich unwiderstehlich alle Blicke richteten, jede Fluchtaussicht genommen. Der Chef ging geradewegs auf ihn zu und gab ihm einen so heftigen Schlag auf den Schädel, daß die Perücke fortflog und der Kopf Collins in seiner ganzen abschreckenden Häßlichkeit zutage trat. Die ziegelroten, kurzen Haare verliehen dem Gesicht einen furchtbaren Ausdruck von Kraft und List. Das Feuer der Hölle schien in diesem Kopf zu brennen. Jetzt konnte jeder verstehen, wer Vautrin war, seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, seine unversöhnlichen Anschauungen, seine Religion des Genusses, die Gewalt, die ihm der Zynismus seiner Gedanken und Handlungen verlieh, die Kraft eines Wesens, das zu allem fähig ist. Das Blut schoß ihm ins Gesicht, seine Augen funkelten wie die einer Wildkatze. Er setzte mit wilder Energie wie zum Sprunge an und ließ ein schreckliches Brüllen hören. Die Pensionäre stießen Rufe des Entsetzens aus. Angesichts dieser löwenhaften Kampfbereitschaft griffen die Beamten zu ihren Pistolen. Collin, der die Hähne der Waffen glitzern sah, begriff im Nu die Gefahr und gab plötzlich einen Beweis höchster menschlicher Kraft. Welch schreckliches, majestätisches Schauspiel! Wie wenn ein gewaltiger Dampfkessel, dessen Explosion Berge erschüttern kann, vor dem Platzen steht und sich durch einen Tropfen kalten Wassers beruhigt, änderten sich seine Gesichtszüge. Die Wirkung des kalten Wassertropfens wurde bei ihm durch eine blitzartige Überlegung herbeigeführt. Er lächelte und sah auf seine Perücke.
»Du hast heute nicht gerade deinen höflichen Tag«, sagte er zum Chef der Geheimpolizei. Dann gab er den Gendarmen ein Zeichen mit dem Kopf und hielt ihnen die Hände hin.
»Meine Herren Gendarmen, legen Sie mir die Handschellen oder die Daumenschrauben an. Ich mache die hier anwesenden Personen zu Zeugen, daß ich keinen Widerstand leiste.«
Die Verwunderung der Anwesenden über die Schnelligkeit, mit der das Feuer und die Lava dieses menschlichen Vulkans zum Ausbruch und wieder zur Beruhigung kamen, machte sich in dem Durcheinander der Stimmen bemerkbar.
»Da kannst du nichts machen, du rennst offene Türen ein«, sagte er, den Chef der Geheimpolizei anblickend.
»Los, ziehen Sie sich aus«, befahl der Mann der Petite Rue Ste-Anne verächtlich.