»Ich komme mit, Victorine«, sagte Madame Couture.
Die beiden Frauen eilten ohne Hut und Schal davon. Bevor Victorine weinend das Zimmer verließ, warf sie Eugen einen Blick zu, der ihm bedeuten sollte: »Ich glaubte nicht, daß unser Glück nur Tränen bringen würde.«
»Was? Sie sind also wirklich ein Prophet, Herr Vautrin?« sagte Madame Vauquer.
»Ich bin alles«, sagte Jacques Collin.
»Ist das nicht merkwürdig«, meinte Madame Vauquer, die eine ganze Folge nichtssagender Bemerkungen über das Ereignis zum besten gab. »Der Tod holt uns, ohne uns zu fragen. Die jungen Leute gehen oft vor den alten dahin. Wir können glücklich sein, wir Frauen, daß wir uns nicht zu duellieren brauchen. Aber wir haben dafür andere Krankheiten, die die Männer nicht haben. Wir bekommen die Kinder, und das Wochenbett dauert so lange. Welch ein Glückslos für Victorine: Ihr Vater muß sie jetzt anerkennen.«
»Da haben Sie's«, sagte Vautrin, der dabei Eugen ansah, »gestern war sie noch ohne einen Sou, heute ist sie einige Millionen reich.«
»Ja, Herr Eugen«, rief Madame Vauquer, »Sie haben eine glückliche Hand gehabt.«
Auf diese Bemerkung der Witwe hin sah Vater Goriot den Studenten an und erblickte den Brief, den Eugen zerknüllt in der Hand hielt.
»Sie haben ihn nicht zu Ende gelesen! Was soll das bedeuten? Sind Sie auch so wie die anderen?« fragte er.
»Ich werde niemals Fräulein Victorine heiraten«, sagte Eugen zu Madame Vauquer mit einem Ausdruck des Entsetzens und Abscheus, der die Anwesenden überraschte.
Vater Goriot drückte Eugen die Hand, er hätte sie küssen mögen.
»Oh, oh!« machte Vautrin, »die Italiener haben einen hübschen Ausdruck: con tempo!«