»Sicher«, sagte der Polizeispitzel, »diesen Spitznamen verdankt er dem Umstand, daß er bei seinen höchst gewagten Unternehmungen stets mit dem Leben davongekommen ist. Der Kerl ist gefährlich, müssen Sie wissen! Er hat Eigenschaften, die ihn als außerordentlichen Menschen erscheinen lassen. Seine Verurteilung gereichte ihm bei seinen Anhängern sogar zur höchsten Ehre . . .«
»Er ist also ein Ehrenmann?« fragte Poiret.
»Auf seine Art. Er hat das Verbrechen eines anderen auf sich genommen, eine Fälschung, die ein schöner junger Mann, ein Italiener, den er sehr liebte, beging. Es war ein Spieler, der seitdem in den Militärdienst eingetreten ist, wo er sich übrigens ausgezeichnet geführt hat.«
»Aber wenn Seine Exzellenz, der Polizeiminister, sicher ist, daß Vautrin und Trompe-la-Mort ein und dieselbe Person sind, wozu hat er dann mich nötig?« sagte Fräulein Michonneau.
»Ah, in der Tat«, sagte Poiret, »wenn der Minister, wie wir eben die Ehre hatten von Ihnen zu hören, die Gewißheit hat . . .«
»Gewißheit ist nicht das richtige Wort; es besteht nur eine Vermutung. Sie werden das gleich begreifen. Jacques Collin, genannt Trompe-la-Mort, besitzt das Vertrauen von drei Sträflingen, die ihn zu ihrem Agenten und Bankier gewählt haben. Er verdient eine Menge Geld durch diese Art von Geschäften, die natürlich nur ein ausgezeichneter Mann führen kann.«
»Ha, ha! Verstehen Sie das Wortspiel, Fräulein?« sagte Poiret, »der Herr nennt ihn einen ausgezeichneten Mann, weil er mit der Brandmarke ›ausgezeichnet‹ ist.«
»Der falsche Vautrin«, fuhr der Spitzel fort, »erhält die Kapitalien der Herren Sträflinge, placiert und verwaltet sie. Er stellt sie Ausbrechern zur Verfügung, den Familien, falls die Sträflinge ein Testament machen, oder den Geliebten, wenn er eine Anweisung erhält.«
»Den Geliebten! Sie wollen wohl sagen, den Frauen?« bemerkte Poiret.
»Nein, mein Herr. Der Sträfling hat gewöhnlich nur illegitime Gefährtinnen, die wir Konkubinen nennen.«
»Sie leben also alle im Konkubinat?«