»Auch wenn der junge Mann sehr unglücklich ist?«
Ein neues Kopfnicken war die Antwort.
»Was redet ihr da für einen Unsinn?« rief Madame Vauquer.
»Lassen Sie uns«, erwiderte Eugen, »wir verständigen uns über etwas.«
»Also der Chevalier von Rastignac und Fräulein Victorine Taillefer haben sich verlobt?« rief Vautrin, der plötzlich an der Tür des Speisesaales erschien, mit seiner Baßstimme.
»Ah! Sie haben mich erschreckt«, sagten Madame Vauquer und Madame Couture gleichzeitig.
»Man könnte eine schlechtere Wahl treffen«, sagte Eugen lachend, dem die Stimme Vautrins die heftigste Erschütterung bereitet hatte, die ihm je widerfahren war.
»Machen Sie keine schlechten Witze, meine Herren!« sagte Madame Couture. »Komm, komm, mein Kind, wir gehen nach oben!«
Madame Vauquer folgte den beiden Damen, um den Abend in ihrem Zimmer zu verbringen und so Licht und Feuer zu sparen. Eugen fand sich allein Vautrin gegenüber.
»Ich wußte genau, daß Sie dahin kommen würden«, sagte dieser mit unerschütterlicher Kaltblütigkeit. »Aber hören Sie! Ich bin genauso feinfühlig wie andere Menschen. Entschuldigen Sie sich nicht in diesem Augenblick, Sie sind nicht in Ihrem Gleichgewicht. Sie haben Schulden. Nicht die Leidenschaft und die Verzweiflung, sondern die Vernunft soll Sie zu mir führen. Vielleicht brauchen Sie 3000 Francs. Hier, wollen Sie?«
Der Dämon zog eine Brieftasche hervor und entnahm ihr drei Banknoten, die er vor den Augen des Studenten in der Luft flattern ließ. Eugen war in der furchtbarsten Lage. Er schuldete dem Marquis d'Ajuda und dem Comte de Trailles 2000 Francs, die er verloren hatte, auf Ehrenwort. Er hatte sie nicht, und er wagte nicht, den Abend bei Madame de Restaud zu verbringen, wo man ihn erwartete. Es war einer der zwanglosen Abende, wo man Tee trinkt und Kuchen ißt, aber beim Whist auch 6000 Francs verlieren kann.
»Nach allem, was Sie mir anvertraut haben«, sagte Eugen, der kaum ein konvulsivisches Zittern verbergen konnte, »werden Sie verstehen, daß es mir unmöglich ist, Ihnen gegenüber Verpflichtungen zu haben.«