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Dritter Abschnitt Die Abenteuer der Reise-4

时间:2020-09-03来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: Dritter Abschnitt
Seit mehreren Abenden sprach man in der Gesellschaft, die ich besuchte, viel von einem fremden Maler, der angekommen und eine Ausstellung seiner Gemälde veranstaltet habe: Alle außer mir hatten die Gemälde schon gesehen und rühmten ihre Vortrefflichkeit so sehr, daß ich mich entschloß, auch hinzugehen. Der Maler war nicht zugegen, als ich in den Saal trat, doch machte ein alter Mann den Cicerone und nannte die Meister der fremden Gemälde, die der Maler zugleich mit den seinigen ausgestellt. – Es waren herrliche Stücke, mehrenteils Originale berühmter Meister, deren Anblick mich entzückte. – Bei manchen Bildern, die der Alte flüchtige, großen Freskogemälden entnommene Kopien nannte, dämmerten in meiner Seele Erinnerungen aus meiner frühsten Jugend auf. – Immer deutlicher und deutlicher, immer lebendiger erglühten sie in regen Farben. Es waren offenbar Kopien aus der heiligen Linde. So erkannte ich auch bei einer heiligen Familie in Josephs Zügen ganz das Gesicht jenes fremden Pilgers, der mir den wunderbaren Knaben brachte. Das Gefühl der tiefsten Wehmut durchdrang mich, aber eines lauten Ausrufs konnte ich mich nicht erwehren, als mein Blick auf ein lebensgroßes Porträt fiel, in dem ich die Fürstin, meine Pflegemutter, erkannte. Sie war herrlich und mit jener im höchsten Sinn aufgefaßten Ähnlichkeit, wie Van Dyck seine Porträts malte, in der Tracht, wie sie in der Prozession am Bernardustage vor den Nonnen einherzuschreiten pflegte, gemalt. Der Maler hatte gerade den Moment ergriffen, als sie nach vollendetem Gebet sich anschickt, aus ihrem Zimmer zu treten, um die Prozession zu beginnen, auf welche das versammelte Volk in der Kirche, die sich in der Perspektive des Hintergrundes öffnet, erwartungsvoll harrt. In dem Blick der herrlichen Frau lag ganz der Ausdruck des zum Himmlischen erhobenen Gemüts, ach, es war, als schien sie Vergebung für den frevelnden, frechen Sünder zu erflehen, der sich gewaltsam von ihrem Mutterherzen losgerissen, und dieser Sünder war ja ich selbst! Gefühle, die mir längst fremd worden, durchströmten meine Brust, eine unaussprechliche Sehnsucht riß mich fort, ich war wieder bei dem guten Pfarrer im Dorfe des Zisterzienserklosters, ein muntrer, unbefangener, froher Knabe, vor Lust jauchzend, weil der Bernardustag gekommen. Ich sah sie! –"Bist du recht fromm und gut gewesen, Franziskus?" frug sie mit der Stimme, deren vollen Klang die Liebe dämpfte, daß sie weich und lieblich zu mir herübertönte. – "Bist du recht fromm und gut gewesen?" Ach, was konnte ich ihr antworten? – Frevel auf Frevel habe ich gehäuft, dem Bruch des Gelübdes folgte der Mord! – Von Gram und Reue zerfleischt, sank ich halb ohnmächtig auf die Knie, Tränen entstürzten meinen Augen. –Erschrocken sprang der Alte auf mich zu und frug heftig: "Was ist Ihnen, was ist Ihnen, mein Herr?" – "Das Bild der Äbtissin ist meiner eines grausamen Todes gestorbenen Mutter so ähnlich", sagte ich dumpf in mich hinein und suchte, indem ich aufstand, soviel Fassung als möglich zu gewinnen. "Kommen Sie, mein Herr!" sagte der Alte, "solche Erinnerungen sind zu schmerzhaft, man darf sie vermeiden, es ist noch ein Porträt hier, welches mein Herr für sein bestes hält. Das Bild ist nach dem Leben gemalt und unlängst vollendet, wir haben es verhängt, damit die Sonne nicht die noch nicht einmal ganz eingetrockneten Farben verderbe." – Der Alte stellte mich sorglich in das gehörige Licht und zog dann schnell den Vorhang weg. – Es war Aurelie! – Mich ergriff ein Entsetzen, das ich kaum zu bekämpfen vermochte. – Aber ich erkannte die Nähe des Feindes, der mich in die wogende Flut, der ich kaum entronnen, gewaltsam hineindrängen, mich vernichten wollte, und mir kam der Mut wieder, mich aufzulehnen gegen das Ungetüm, das in geheimnisvollem Dunkel auf mich einstürmte. Mit gierigen Blicken verschlang ich Aureliens Reize, die aus dem in regem Leben glühenden Bilde hervorstrahlten. – Der kindliche milde Blick des frommen Kindes schien den verruchten Mörder des Bruders anzuklagen, aber jedes Gefühl der Reue erstarb in dem bittern, feindlichen Hohn, der, in meinem Innern aufkeimend, mich wie mit giftigen Stacheln hinaustrieb aus dem freundlichen Leben. – Nur das peinigte mich, daß in jener verhängnisvollen Nacht auf dem Schlosse Aurelie nicht mein geworden. Hermogens Erscheinung vereitelte das Unternehmen, aber er büßte mit dem Tode! – Aurelie lebt, und das ist genug, der Hoffnung Raum zu geben, sie zu besitzen! – Ja, es ist gewiß, daß sie noch mein wird, denn das Verhängnis waltet, dem sie nicht entgehen kann; und bin ich nicht selbst dieses Verhängnis?
So ermutigte ich mich zum Frevel, indem ich das Bild anstarrte. Der Alte schien über mich verwundert. Er kramte viel Worte aus über Zeichnung, Ton, Kolorit, ich hörte ihn nicht. Der Gedanke an Aurelie, die Hoffnung, die nur aufgeschobene böse Tat noch zu vollbringen, erfüllte mich so ganz und gar, daß ich forteilte, ohne nach dem fremden Maler zu fragen und so vielleicht näher zu erforschen, was für eine Bewandtnis es mit den Gemälden haben könne, die wie in einem Zyklus Andeutungen über mein ganzes Leben enthielten. – Um Aureliens Besitz war ich entschlossen, alles zu wagen, ja es war mir, als ob ich selbst, über die Erscheinungen meines Lebens gestellt und sie durchschauend, niemals zu fürchten und daher auch niemals zu wagen haben könne. Ich brütete über allerlei Pläne und Entwürfe, meinem Ziele näher zu kommen, vorzüglich glaubte ich nun, von dem fremden Maler manches zu erfahren und manche mir fremde Beziehung zu erforschen, die mir zu wissen, als Vorbereitung zu meinem Zweck, nötig sein konnte. Ich hatte nämlich nichts Geringeres im Sinn, als in meiner jetzigen neuen Gestalt auf das Schloß zurückzukehren, und das schien mir nicht einmal ein sonderlich kühnes Wagstück zu sein. – Am Abend ging ich in jene Gesellschaft; es war mir darum zu tun, der immer steigenden Spannung meines Geistes, dem ungezähmten Arbeiten meiner aufgeregten Phantasie Schranken zu setzen. Man sprach viel von den Gemälden des fremden Malers und vorzüglich von dem seltnen Ausdruck, den er seinen Porträts zu geben wüßte; es war mir möglich, in dies Lob einzustimmen und mit einem besondern Glanz des Ausdrucks, der nur der Reflex der höhnenden Ironie war, die in meinem Innern wie verzehrendes Feuer brannte, die unnennbaren Reize, die über Aureliens frommes, engelschönes Gesicht verbreitet, zu schildern. Einer sagte, daß er den Maler, den die Vollendung mehrerer Porträts, die er angefangen, noch am Orte festhielte und der ein interessanter, herrlicher Künstler, wiewohl schon ziemlich bejahrt sei, morgen abends in die Gesellschaft mitbringen wolle. 
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