In der antiken Kunst wimmelt es von nackten Menschen. Egal ob Mann oder Frau, Sportler oder Held. Entspricht das der damaligen Realität? Trugen sie damals tatsächlich oft keine Kleidung?
Antike Künstler scheinen einen Narren an nackten Menschen gefressen zu haben: Ihre Statuen - egal ob Athlet, Held oder Gott - stellen häufig unbekleidete Menschen dar. Auch in vielen Bildern dieser Zeit scheint sich diese Liebe zur Freikörperkultur widerzuspiegeln. Waren die damaligen Menschen tatsächlich so oft unbekleidet?
"Körperkult war in der Antike ein Teil der Kultur, und die Menschen gingen mit Nacktheit auch unbekümmerter um als in späteren Zeiten", sagt Stefan Ritter, Vorstand des Instituts für Klassische Archäologie der LMU München. Auch damals wollten die Menschen gerne Ideale sehen: Ein schöner Körper dokumentierte Gesundheit und Leistungsfähigkeit, aber auch innere Schönheit. "In dieser Verknüpfung von körperlichen und moralischen Wertvorstellungen liegt ein grundlegender Unterschied zu unserem heutigen, ganz allein auf das körperliche Erscheinungsbild fixierten Umgang mit dem nackten Körper", sagt der Archäologe.
Grundsätzlich war aber auch in der Antike angemessene Kleidung wichtig. "Nacktheit war eben nur nicht so tabuisiert wie in späteren Zeiten", sagt Ritter. Viele Statuen und Abbildungen zeigen Personen durchaus bekleidet, vor allem, wenn das Körperideal nicht im Vordergrund stand. Beispielsweise tragen die Statuen griechischer Philosophen oder römischer Kaiser die typischen, in Falten gelegten Gewänder der Antike.
Für Frauen galt es als unschicklich, nackt Sport zu machen
Der Ort für den Sport war bei den alten Griechen das sogenannte Gymnásion. Diese Bezeichnung verrät bereits die freizügige Kleiderordnung: gymnós bedeutet nackt. "Beim Sport waren die Männer in der Antike tatsächlich unbekleidet - so wie es die Abbildungen zeigen", sagt Ritter. Selbst die olympischen Spiele absolvierten die Athleten auf diese Weise. Der Körperkult der damaligen Zeit habe einen völlig freien Blick verlangt: Nicht einmal ein Lendenschurz bedeckte die Männer bei ihren sportlichen Leistungen.
"Nacktheit wurde allerdings bei Männern und Frauen unterschiedlich bewertet", sagt Ritter. Auch Frauen trieben in der Antike Sport. Für sie galt es aber als unschicklich, dabei nackt zu sein. Bei ihren Wettkämpfen, den sogenannten Heräen, rannten sie deshalb bekleidet um die Wette.