Mp3-Player an den Computer stöpseln, Musik ziehen. Oder gleich per Cloud Soundmaterial austauschen. Kein Problem. Heute. Früher war das anders. Da musste Musik erstmal auf Rille getrimmt werden. Autorin: Justina Schreiber
Lassen wir mal technische Innovationen wie Membrane und Schalldosen beiseite. Der lange Weg von der Walze zur Scheibe, die verschiedenen Tonaufnahme- und Tonwiedergabe-Verfahren, die Tüftler wie Thomas Alva Edison und Emil Berliner Schritt für Schritt entwickelten - all das soll jetzt hier keine Rolle spielen. Denn als die amerikanische Firma RCA-Victor am 17. September 1931 eine erste Langspielplatte präsentierte, die mit ihren 33 1/3 Umdrehungen pro Minute später zum allgemeinen Standard wurde, gab es noch allerhand zu bemäkeln.
Noch läuft es nicht rund
So waren die Nadeln so dick und die Tonarme so schwer, dass das einmalige Abspielen einer Symphonie in den Rillen des Vinyls ackerfurchenartige Frässpuren hinterließ. Wenden wir uns also lieber Problemen zu, die bei der feierlichen Präsentation im New Yorker Savoy Plaza Hotel gelöst schienen, weil von ihnen nichts mehr zu sehen oder zu hören war. Nämlich den Problemen bei der Anpassung des Menschen an die Maschine; wozu - besonders vor der Erfindung des Mikrophons - die Frage gehörte, wie er, also der Mensch, ohne störende Nebengeräusche in die Maschine hineinzubringen wäre.
Unzählige Verzweiflungsausbrüche vor und hinter dem Aufnahmetrichter, ebenso viele Attacken der gefürchteten Trichterfurcht, einer speziellen Form des Lampenfiebers, mussten niedergerungen werden, bis Sänger, Sprecher und Musiker endlich kapiert hatten, wer von nun an den Takt vorgab: und zwar Ingenieure, nicht mehr die Künstler. Schluss also mit Zicken und Attitüden, Schluss mit raumgreifenden Gesten und dramatischen Tonstärkeschwankungen! Schluss mit Improvisation und Spontanität! Man strich Stücke zusammen, damit sie auf eine Walze oder Platte passten. Man schrumpfte Orchester, um sie in winzige Studios quetschen zu können.
Kein Schlusswort, bitte!
Vor allem aber brachte man neben der gefährlich schrillen Klarinette auch den Schrecken aller kontinentalen und interkontinentalen Tontechniker unter Kontrolle: die überemotionale, von sich selbst überzeugte Primadonna, die in der Lage war, einer endlich gelungenen Aufnahme ein: "Was wollt ihr denn? Es klappt doch alles!" hinterher zu rufen. Womit sie nicht nur mindestens eine weitere Aufnahme nötig machte, sondern ihren Ruf als "Plattenmörderin" zementierte.