Hiermit spielt die Musik, dachten sich Erlanger Forscher und erfanden ein Dateiformat, mit dem sich ganz einfach, schnell und billig Musik digital übertragen lässt. Auch der Name, den sie sich für das Format ausdachten, ist eher schlicht: Mp3. Autorin: Yvonne Maier.
Wenn man heute etwas erfindet, das die Welt verändern soll, zerbricht sich eine ganze Armee von Werbefachleuten den Kopf darüber, wie man das neue Produkt nennen kann, noch bevor es überhaupt ganz fertig ist. Man braucht einen Namen, der kurz und knapp, aber auch elegant und in mehreren Sprachen verwendbar ist und die Qualität der Erfindung hervorhebt. Denn ohne einen knackigen Namen gibt es kein Produkt, und ohne Produkt verdient man kein Geld, das ist doch klar!
Was könnte man sich für tolle Namen ausdenken für eine Erfindung, die jede Plattensammlung der Welt auf einen kleinen Computer übertragen kann, leicht und handlich und mit schier unbegrenztem Datenvolumen! Am 14. Juli 1995 machten die Ingenieure des Fraunhofer Instituts in Erlangen eine interne Umfrage, wie man das neue Wunderformat denn nun nennen sollte. Heraus kam - Trommelwirbel … Mp3-Format! Eines muss man den Ingenieuren lassen - einem Werbeexperten wäre dieser Name sicherlich nicht eingefallen.
Einfach mal ein einfacher Name
Wer hätte auch geahnt, dass dieses "Mp3-Format" so wichtig werden würde? Ursprünglich wollten die Ingenieure nur eine Technik entwickeln, mit der sich per Telefon größere Datenmengen übermitteln ließen. Eher zufällig wurde klar, dass das natürlich auch Musik sein könnte. Doch Musik - das bedeutet unglaublich große Datenmengen. Nicht nur in der Frühzeit des Internets eine schier unmögliche Aufgabe. Keiner wollte stundenlang warten, bis ein einziges Lied runtergeladen ist. Da ist man wirklich schneller zum Plattenladen gelaufen und hat die CD gekauft. Ganz zu schweigen von den Internet-Kosten Ende der 1990er Jahre.
Einfach mal klein gemacht
Die Forscher aus Erlangen mussten also die Daten, die so ein Lied ausmachte, verringern. Dazu nutzten sie eine Eigenheit des menschlichen Gehörs: Wir können zum Beispiel unterschiedliche Töne nur dann auseinanderhalten, wenn sie sich in der Tonhöhe um einen Mindestabstand unterscheiden.
Und nach sehr lauten Geräuschen hören wir leisere Töne direkt danach nur schlecht oder sogar gar nicht mehr. Das Mp3-Format rechnet das wahrscheinlich eh Unhörbare einfach heraus. Darüber hinaus nehmen wir nicht alle Frequenzen wahr, die auf einer analogen Schallplatte aufgezeichnet sind, die ganz hohen und die ganz tiefen braucht es eigentlich nicht. Und so haben die Erlanger Forscher nach und nach alles Überflüssige weggeschnitten, gelöscht und angepasst, bis irgendwann eine so kleine Menge an Daten übrig war, dass man sie tatsächlich über’s Telefon schicken konnte.
MPEG Layer 1 - so hieß der Prototyp, der 1991 fertig gestellt wurde, nur wenige Jahre später war das bessere MPEG Layer 3 - Format fertig, also Mp3. Damit gingen die Forscher auf Marketing-Tour, Rundfunkanstalten fanden das Format äußerst praktisch, denn so konnte man mit kleinen Datenraten erstmals technisch akzeptable Tonspuren verschicken. Also zumindest besser als Telefonqualität. Doch seinen weltweiten Erfolg verdankt Mp3 einem Dieb. Denn der spätere Gründer der Musik-Tauschbörse Napster knackte den Mp3-Code und stellte ihn für alle User verfügbar ins Netz. Und als dann im Jahr 2000 auch noch Apple mit dem iPod und später der Musikplattform iTunes den Internet-Musikmarkt revolutionierte, war das Erlanger Dateiformat nicht mehr aufzuhalten.