Zahllose Menschen solidarisierten sich mit dem "Problembär" Bruno - aber es half nichts. Und so stehen seine sterblichen Überreste heute ausgestopft im Museum Mensch und Natur in München. Autor: Herbert Becker
Früher trugen Haustiere eher einfältige Namen: der Schäferhund wurde Rex und die Katze Muschi gerufen, das Kaninchen hieß Hoppel. Hühner hielt man gar nicht für der Mühe wert, sie persönlich anzusprechen; bestenfalls trugen sie den Sammelnamen Berta. Das hat sich mit der Rolle, die diese Tiere in unserem Leben spielen, geändert. Während Huhn, Hund und Katz früher konkrete Aufgaben zu erfüllen hatten und Hoppel irgendwann in der Bratröhre landete, gelten sie heute allesamt als Familienangehörige. Man hat - zumal in besseren Kreisen - schon von Hunden namens Mortimer gehört, ferner von Katzen, die Kleopatra heißen und dementsprechend verehrt werden.
Meister Petz und das Wildtiermanagement
Bei den wild lebenden Tieren war die Ausgangssituation eine andere, die Entwicklung ist dennoch vergleichbar. In alter Zeit sprach man vom Wolf als Meister Isegrim, vom Bären als Meister Petz und sogar der Hase durfte den Titel Meister Lampe tragen. Wolf und Bär waren Feinde des Menschen, das schon, trotzdem begegnete er ihnen, wie man heute sagen würde: auf Augenhöhe. Respekt und Hochachtung vor ihnen kamen - naturgemäß - mit ihrer Ausrottung abhanden, und jetzt, wo sie vereinzelt zurückkehren, weiß man nicht so recht, wie man mit ihnen verfahren soll. Um das Zusammenleben mit ihnen so konfliktfrei wie möglich zu gestalten, wurde das so genannte Wildtiermanagement erfunden.
In dessen Rahmen fallen insbesondere der Steuerungs- und Arbeitsgruppe
"Große Beutegreifer" wichtige Aufgaben zu. Die Gruppe wurde 2006 gegründet - im Dezember, und somit zu spät, als dass der Braunbär Bruno die Früchte ihres Wirkens noch hätte genießen können. Bruno war ein halbes Jahr zuvor, am
26. Juni erlegt, um nicht zu sagen: gemeuchelt worden. Als erster Braunbär seit 170 Jahren hatte er seine Tatzen auf bayerisches Territorium gesetzt; er war in Hühnerställe eingedrungen, hatte Bienenstöcke aufgebrochen, ferner Schafe und Ziegen gerissen. Daraufhin hatte ihn die Bürokratie in rascher Folge von der Kategorie Normalbär in die Kategorien Schadbär, Problembär und Risikobär umgestuft und schließlich zum Abschuss freigegeben.
Jay-Jay-One, genannt Bruno
Zurück zur Namensgebung: Die Wissenschaftler in dem italienischen Naturpark,
in dem der Bär geboren war, hatten ihn - nüchtern wie Wissenschaftler nun einmal sind - Jot-Jot-Eins genannt. Kaum, dass er ins Licht der Öffentlichkeit tappte, wurde daraus das vertraulichere Jay-Jay-One. Als er aber auf seiner Hunderte von Kilometern langen Wanderung immer größere Popularität erlangte, war ein richtiger Name fällig. "Bruno" eignete sich: Es bringt zum Ausdruck, dass er braun war, und es fängt mit B an. Wie Bär.
Bruno war großartig. Mit ihm konnte man sich identifizieren. Für ihn konnte man sich, wenn er seinen Jägern entkam, freuen. Um ihn konnte man ungehemmt trauern. Und ihm ist es zu verdanken, dass es heute neben dem Tag des Hundes, dem Welttag der Katze, dem Internationalen Tag des Hasen und - jawohl, auch das - dem Tag des Geflügels! einen Bärengedenktag gibt; zu eben diesem nämlich erklärte die "Stiftung für Bären" den 26. Juni.