Gleich drei Kalendersysteme nutzen die Maya, um zivil wie rituell auf lange Sicht am Puls der Zeit zu bleiben. Just zum Weltuntergangstermin verrechnen sie sich aber. Oder hat da wer das verklausulierte Maya-System fehlinterpretiert? Autorin: Susi Weichselbaumer
Zeit und Raum stellten mal keine komplizierten Kategorien dar. Die Koordination war klar qua Ritual: Freitag um neun beim Burger-Brater. Trödler stoßen um halb zehn am Kino dazu. Wer das versäumt, findet sich zwei Stunden später wieder beim Burger-Wender ein. Von dort: Spontan. Spaßmobil. Partypark. Rückkehr irgendwann. Dann. Vielleicht nie.
Und doch immer wieder. Genauso. Bis einer das Internet erfunden hat und noch wer den Mobilfunk. Seitdem soll man weit im Vorfeld einer potentiellen Verabredung an der an Freunde vermailten Doodle-Umfrage teilnehmen:
in welcher Kalenderwoche,an welchem Wochentag, zu was für einer Uhrzeit man sicher eintrifft, womöglich dabei sein wird oder es gar nicht schafft aufzuscheinen. Was man da wann wie wo vereint veranstalten soll, steht eingangs meist nicht fest. Wird aber kurz vor der tatsächlichen Anberaumung - also am Termin mit der höchsten Schnittmenge an teilnahmewilligen Bekannten - ab morgens früh verhandelt. Über Sms. Mittels What´s App. Auf Facebook. Wer den Kommunikationsfaden zu verlieren droht, ruft auf dem Handy an. Vergeblich: Mailbox!
Es gab schon kommunikativere Chaoten
Sei es drum, schließlich sind wir in Sachen Kommunikationschaos und Terminverwirrung bei Weitem noch nicht auf dem kulturellen Höhepunkt angelangt. Erreicht hatten denn dereinst die Maya. Heute spricht man vom “am weitesten entwickelten Kalendersystem der mesoamerikanischen Ureinwohner“. Für den Alltagsmaya damals ist es wahrscheinlich nur - kompliziert. Wer zivil was ausmachen will, zückt den sogenannten Haab-Kalender. Rituelles richtet sich nach dem Tzolkin-Kalender. Beide hängen zusammen. Haab allerdings folgt der Sonne und zählt in Fünf-Tages-Einheiten, bis er nach 365 Tagen von vorne beginnt. Wem Tzolkin folgt, weiß die Wissenschaft bis dato nicht. Sonne und Mond scheiden aus, meinen Forscher. Was Astronomisches könnte es sein. Oder ein anderes System. Irgendein System.
Jedenfalls geht es nach 260 Tagen in das nächste Tzolkin-Jahr.
Nach 73 Tzolkin-Jahren und 52 Haab-Jahren stimmen beide wieder überein.
Eine neue gemeinsame Kalenderrunde beginnt.
Lange Sicht im Blick
Damit sich auf lange Sicht die Runden überblicken lassen, nutzen die Maya die “Lange Zählung“, also quasi Kalender Nummer drei. In der “Langen Zählung“ erhält jeder Tag seit Beginn des Maya-Kalenders am 5. Juni 8498 vor Christus eine zusätzliche Datumsangabe. Diese plus Haab-Tag und Tzolkin-Einordnung machen´s eindeutig. So zumindest die Idee der Maya-Kalenderplaner.
Nachfolgende Generationen und Völker verstehen das miss. Angstvolle Zeitgenossen zum Beispiel haben sich - nach unserer Rechnung Ende Dezember 2012 - für den Weltuntergang gerüstet, weil da die „Lange Zählung“ der Maya stoppt. Wieder andere Forscher, die meinen: Es habe nun 5128 Jahre seit Mayakalender-Stunde eins geschlagen. Nicht wenige wähnen die Tage der Erde gezählt. Falsch. Fakt ist: Alle etwa 5128 Jahre läutet die “Lange Zählung“ die folgende Runde ein. Von der Vorrunde nur unterschieden durch eine andere Stellung im Haab-System. Aber auch dazu gibt es wieder alternative Expertenwarten.
Egal: Hurra, die Menschheit lebt. Und doodelt und facebookt und simst, um terminlich zusammenzufinden. Aufwendig? Kompliziert? Ach, kein Vergleich würden wohl die Maya sagen und auf ihr komplexes Kalendersystem verweisen - und sich wie jeden Abend beim Dunkelwerden der Einfachkeit halber an der Pyramidenecke treffen. Hinten links. Wer halt Zeit hat. Von da aus?
Schau mer mal.