Entweder man hat es von Haus aus oder Frau organisiert sich selbst was. Bess of Hardwick zum Beispiel fackelte nicht lange: Da wurde im alten England geheiratet, wer reich war und sich angefreundet mit dem, der Einfluss hatte. Ergebnis: Erfolg. Plus ein eigens Märchenschloss.
Bei Sonnenschein funkelt Hardwick Hall wie ein Feenpalast. Das Licht bricht sich in riesigen Fenstern, die nur von schmalen Mauerbändern gehalten werden. Ein Schloss aus Glas - als es vor gut vierhundert Jahren errichtet wurde, war es das spektakulärste Haus in ganz England. Am Dachrand stechen die Initialen der Bauherrin, in Stein gehauen, gleich sechsmal gegen den Himmel ab: E und S, für Elizabeth, Gräfin von Shrewsbury, bekannt als Bess of Hardwick.
Es war ein grandioser Triumph für Bess. Als Tochter eines kleinen Gutsbesitzers war sie an diesem Ort zur Welt gekommen. Ihr Vater starb früh, der Stiefvater endete im Schuldgefängnis, und die Mutter verheiratete Bess mit fünfzehn, um sie zu versorgen. Mit siebzehn war sie Witwe.
Drum prüfe…
Künftig suchte sie sich ihre Ehemänner selbst aus. Gatte Nummer Zwei war ein gut betuchter Finanzexperte, frisch geadelt und königlicher Schatzmeister. Heinrich VIII. war kürzlich gestorben und der englische Hof ein Haifischbecken. Protestanten und Katholiken bekämpften sich, Adelscliquen rangen um die Macht. Als Bess’ älteste Tochter sechs Jahre alt war, hatten schon drei ihrer illustren Paten ihre Köpfe verloren. Bess und ihr Mann lavierten sich geschickt durch das Chaos, Queen Mary persönlich hielt einen ihrer Sprösslinge bei der Taufe.
Aber mit dreißig war Bess wieder Witwe, mit sieben kleinen Kindern, einem halbfertigen Schlossbau und in Gefahr, ihren ganzen Besitz zu verlieren. Bess kämpfte wie eine Löwin und rettete ihr Vermögen, auch mit der Hilfe von Gemahl Nummer Drei. Das war ein Großgrundbesitzer aus altem Adel und Hauptmann der Leibgarde von Queen Elizabeth, die gerade den Thron bestieg. Bess wurde Hofdame und Vertraute der Königin und machte sich die mächtigsten Männer des Reichs zu Freunden.
Trau schau wem…
Doch nach sechs glücklichen Ehejahren fiel ihr Gatte einem Giftanschlag seines Bruders zum Opfer. Bess überlebte und heiratete Nummer Vier, den Grafen von Shrewsbury, einen der reichsten Männer Englands, Herr über riesige Ländereien und leidenschaftlich verliebt in Bess - jedenfalls am Anfang. Dann erkor ihn die Queen zum Wächter von Mary Stuart. Fünfzehn Jahre lang musste er sie in seinen eigenen Schlössern persönlich hüten. Tagaus, tagein saßen Bess und Mary stickend beisammen, bis Bess genug hatte und sich immer häufiger absetzte.
Bald war ihre Ehe heillos zerrüttet. Nach einem langen, skandalösen Rosenkrieg starb auch der Graf.
Vier Erbschaften hatten Bess ein immenses Vermögen beschert. In den nächsten fünfzehn Jahren vervierfachte sie es noch. Praktisch war sie die Managerin eines Konzerns, mit Land- und Forstwirtschaften, Bergwerken, Eisengießereien und Steinbrüchen, einer Ziegelei und einer Glashütte. Sie hatte ihre Augen überall und führte die Bücher mit eigener Hand.
Bess of Hardwick war die reichste Frau Englands, abgesehen von der Queen.
Eine ihrer Töchter hatte sie mit einem Cousin der Königin verheiratet. Ihre Enkelin, hoffte sie, könnte Elizabeth auf den Thron folgen. Soviel hatte die mittellose Gutsherrentochter erreicht, als sie ihren prächtigen Palast am Ort ihrer Geburt baute. Dort starb Bess am 13. Februar 1608, einundachtzig Jahre alt.