Unvorstellbar: Noch bis zum 15. Januar 1983 hat eine Zündwarenmonopolgesellschaft in Deutschland den Preis für Streichhölzer festgelegt. Ausgehandelt hatte dieses Monopol einst der geschäftstüchtige Schwede Ivar Kreuger.
Oft braucht es ja gar nicht viel, um eine große Wirkung zu erzielen.
Manchmal reicht der sprichwörtliche kleine Funke für einen Flächenbrand.
Diese Binsenweisheit nutzte einst auch ein kluger Geschäftsmann aus Schweden. Ivar Kreuger, dessen Familie ursprünglich aus dem deutschen Wismar stammte, hatte nach dem Ersten Weltkrieg ein wahres Finanzimperium aufgebaut.
Mit Goldminen und Telefonfirmen und Papierfabriken. Also mit allem, was man halt so braucht als Finanzmagnat.
Schwefel + Holz = Asche
Vor allem aber war Ivar Kreuger der Herr der Hölzer - genauer gesagt der Streichhölzer. Erfunden hatte sie der Schwede zwar nicht, schließlich sollen ja schon die alten Chinesen im sechsten Jahrhundert mit Schwefel getränkten Kiefernhölzchen herum gezündelt haben. Aber wie man aus so kleinen Funken speienden Zahnstochern richtig viel Asche, also bares Geld machen konnte,
das sollte die Welt erst von Herrn Kreuger lernen dürfen.
In den 1920er Jahren gehörten ihm bereits zwei Drittel der internationalen Streichholzproduktion. Was seinen Expansionshunger aber keineswegs zu stillen vermochte. Kreuger kaufte einen Zündholz-Konkurrenten nach dem anderen auf. Hölzchen für Hölzchen sozusagen. Ein mühsames Geschäft, wie man sich denken kann. Bis sich dem machthungrigen Finanzjongleur eines Tages eine gute Gelegenheit bot, mit einem Schlag so richtig viel Holz aufzuschichten.
Der Anlass war kein freudiger; vielmehr war es ein ökonomischer Flächenbrand, der 1929 Kreugers Streichholzgeschäft so richtig anfachen sollte. Es war die Zeit der großen Depression, die viele Volkswirtschaften in eine böse Krise stürzte. Europas Staaten brauchten dringend Geld, und da konnte Herr Kreuger durchaus behilflich sein. Der deutschen Regierung vermittelte er eine Anleihe in Höhe von 125 Millionen Reichsmark. Im Gegenzug ließ er sich ein Quasi-Monopol für Zündhölzer einräumen.
Fortan durften die deutschen Hersteller-Kollegen nur noch bestimmte Mengen liefern und zwar ausschließlich an die Deutsche Zündwaren-Monopolgesellschaft DZMG in Frankfurt am Main. Die verkaufte sie dann an die Händler weiter. Mit hohen Aufschlägen, versteht sich, die zum großen Teil in Ivar Kreugers Taschen flossen. Ein lukrativer Deal also, der im Januar 1930 wirksam wurde, nachdem der Deutsche Reichstag das "Zündwarenmonopolgesetz" verabschiedet hatte.
Konkurrent Feuerzeug
Vor allem aber ein Deal, an dem sich nach dem Tod des Zündholzkönigs auch Kreugers Geschäftsnachfolger noch recht lange wärmen durften. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang. Als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs war auch die Bundesrepublik Deutschland weiterhin an die alten Verträge gebunden.
Der rauchende Wirtschaftswunderdeutsche durfte also seine Zigarre nur mit jenen Stäbchen aus Pappelholz anzünden, die auch die richtigen Markennamen auf der Schachtel trugen. "Welthölzer" oder "Haushaltsware" musste draufstehen.
Bis zum 15. Januar 1983. An diesem Tag fiel das Monopol. Und mit ihm der Preis für Zündholzer. Die freilich waren längst schon keine Monopolisten mehr.
Denn in den Jackentaschen der Raucher machten sich langsam aber sicher die bunten Einwegfeuerzeuge breit.