Es gibt eine Anlage in Beijing, die sich von anderen kaiserlichen Tempeln und Kultstätten unterscheidet. Sie ist weder dem Himmel noch den Ahnen gewidmet, sondern einem Philosophen. Wie andere Tempel seiner Art steht hier Konfuzius im Vordergrund, der große Gelehrte des chinesischen Altertums und Begründer seiner traditionellen Staatsphilosophie. Hier waren der Kaiser und seine Untertanen gleich – sie alle haben sich vor der Namenstafel von Konfuzius verneigt. Nur die golden glasierten Dachziegel verraten, dass hier der Kaiser zugegen war. Li Yongkang vom Konfizius-Tempel und dem in der Kaiserlichen Akademie unterbrachten Museum hat viel über die Geschichte des Ortes geforscht. Er kann uns erzählen, wann der Konfuzius-Kult angefangen hat und wie er sich im Laufe der Zeit veränderte.
„Man hat in der Han-Dynastie damit begonnen, Konfuzius offiziell zu verehren. Das hat ungefähr 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung angefangen. Der erste Kaiser der Han, Liu Bang, ist einmal nach Huainan gereist. Auf dem Weg ist er an Qufu, dem Geburtsort von Konfuzius, vorbeigekommen. Das gilt als der offizielle Beginn der kaiserlichen Konfuzius-Verehrung."
Seit damals hat eine Dynastie die nächste abgelöst, doch wurde die Konfuzius-Verehrung nur stärker. Mit aktiver Förderung der Regierung hat sich der Kult vom Geburtsort des großen Philosophen auf das ganze Land ausgebreitet. Das hat viel mit den konfuzianischen Erziehungsidealen zu tun. Der Konfuzius-Kult ist kein religiöser Kult, sondern die Verehrung des berühmtesten Lehrers und Philosophen der chinesischen Geschichte. In jedem einzelnen seiner Schritte und jedem einzelnen seiner Handlungen kommen die traditionelle Ideale des Konfuzianismus zur Geltung. So gesehen bedeutet die Verehrung von Konfuzius auch das Erlernen von konfuzianischen Verhaltensnormen. Die chinesische Kultur ist in den konfuzianischen Normen erhalten geblieben und beeinflusst bis heute die Handlungen und das Verhalten der Menschen. Sie haben auch vor territorialen und nationalen Grenzen nicht halt gemacht. So wurde der Konfuzius-Tempel in Beijing während der mongolischen Yuan-Dynastie im 13. Jahrhundert errichtet.
„Wenn man nicht so weit in die Vergangenheit geht, dann muss man von der Errichtung des Konfuzius-Tempels in Beijing während der Yuan-Dynastie sprechen. Um als legitimer chinesischer Kaiser zu gelten, hat Kublai Khan den Konfuzius-Tempel von seinem Ursprungsort nach Beijing verfrachten lassen."
In den folgenden Dynastien, der Ming und der Qing, wurde der Tempel ständig weiter ausgebaut und verbessert. Die Halle in der Mitte heißt „Halle des Großen Vollkommenen". Der „Große Vollkommene" ist der größte Ehrentitel, der Konfuzius in der chinesischen Geschichte verliehen wurde. Die Architektur ist von der gleichen Art, wie die im Kaiserpalast. Durch die Geschichte haben sich die Kaiser hier höchstpersönlich vor der Namenstafel von Konfuzius verneigt. Auf beiden Seiten der Tafel in der „Halle des Großen Vollkommenen" stehen die Tafeln von 16 weiteren konfuzianischen Philosophen. Sie alle sind bis heute in ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben.
Der Konfuzius-Tempel ist nicht nur eine Kultstätte, sondern ein Museum der konfuzianischen Kultur. Das Prüfungssystem ist eines der wichtigsten Errungenschaften des alten China. Um Mandarin zu werden, mussten sich die Kandidaten Prüfungen auf unterschiedlichen Ebenen unterziehen, wobei die höchste vom Kaiser selbst durchgesehen wurde. Sie fand nur einmal in vier Jahren statt, und diejenigen, die sie bestanden haben, bekamen den Titel Jinshi. Es war die allerhöchste Ehre des alten China. Auf dem Gelände des Konfuzius-Tempels sind 198 Stelen mit den Namen der erfolgreichen Kandidaten erhalten geblieben. Sie stammen aus den Dynastien Yuan, Ming und Qing. Auf den Stelen ist der Name des Jinshi, sein Rang und sein Herkunftsort eingraviert.
„Insgesamt sind drei Stelen von der Yuan-Dynastie, 77 von der Ming und 118 von der Qing erhalten geblieben. Sie alle befinden sich in einem guten Zustand."
Wenn man die Stelen sieht, kann man die Namen vieler bekannter Persönlichkeiten und Politiker sehen, die man vom Geschichtsunterricht kennt. Es kommen auch Menschen aus ganz China, die die Namen ihrer berühmten Vorfahren finden möchten.
Im Vorderhof des Tempels stehen noch elf Pavillons mit golden glasierten Dachziegeln. In jedem von ihm stehen Stein-Stelen mit kaiserlichen Inschriften. Dort wird Konfuzius Respekt gezollt und Arbeiten an dem Tempel aufgelistet. Darüber hinaus berichten die Kaiser dem Namensgeber des Tempels über ihre Erfolge bei der Einigung des Reiches.
Im Tempel befindet sich noch ein Stelenwald aus 189 hohen Steinstelen. Auf ihnen sind die 13 konfuzianischen Klassiker eingraviert. Der konfuzianische Gelehrte Jiang Heng hat vor 200 Jahren alle Klassiker abgeschrieben und sie dem Kaiser Qianlong dargebracht. Um diese Leistung für die folgenden Generationen zu erhalten, wurden die 630.000 Zeichen auf Befehl des Kaisers in Stein gemeißelt.
„Vor den „Dreizehn Klassiker" von Qianlong wurden die konfuzianischen Klassiker mehrmals in Stein eingraviert. Doch ist von denen kaum was übrig geblieben. Diese „Dreizehn Klassiker" sind heute die am vollständigsten und am besten erhaltenen und am wenigsten verwitterten weltweit."
Wenn man zwischen den alten Bäumen und Steinstelen des Tempels flaniert, fühlt man sich unweigerlich in die Vergangenheit versetzt. In den letzten hundert Jahren hat sich China aus einer Monarchie in eine Republik verwandelt. Auch Ideen und Ideologien haben sich seit jener Zeit verändert. Doch zollen die Menschen nach wie vor ihren Respekt der traditionellen Kultur und Konfuzius.
„Es wurde noch vor den Olympischen Spielen restauriert. Es hat etwa drei Jahre gedauert, man hat 2005 angefangen. Dieses Mal war man bereit, das meiste Geld auszugeben, man hat die meisten Mittel und Zeit investiert. Die ursprünglichen Bereiche wurden am gründlichsten restauriert. Man hat nicht weniger als 100 Millionen Yuan ausgegeben."
Nach drei Jahren Restaurierung kommt der Konfuzius-Tempel seinem ursprünglichen Aussehen am nächsten. Li Yongkang resümiert seine Bedeutung heute:
„Seine wichtigste Funktion ist zu zeigen, wie die Kaiserliche Akademie grundsätzlich geführt wurde und wie sie ausgesehen hat. Das andere ist, das Leben und die Zeit von Konfuzius zu zeigen, seine grundlegenden Ideen und die Struktur des Tempels. Und man kann Menschen innerhalb und außerhalb von China Sinologie näherbringen und mit Gelehrten in Kontakt treten. Ebenfalls sehr wichtig ist es, dem breiten Publikum die traditionelle Kultur unseres Landes näher zu bringen."
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