In der Han-Dynastie, ungefähr 202 vor bis 220 Jahre nach Christi Geburt, lebte ein Millionär, der eine große Schwäche für Antiquitäten hatte. In seiner riesigen Antiquitätensammlung befand sich auch eine absolute Rarität, nämlich ein Geschirrset aus Jade. Aufgrund seines einzigartigen Designs und seiner äußerst feinen Handarbeit, handelte es sich bei diesem Jadegeschirrset um ein Kunstwerk von großer historischer Bedeutung. Für den Millionär war dieses wertvolle Jadeobjekt das Schmuckstück seiner Antiquitätensammlung. Entsprechend liebevoll behandelte er es.
Eines Abends veranstaltete der Millionär ein großes Bankett. Dazu lud er viele Amtskollegen, Verwandte und Freunde zu sich nach Hause ein. Selbstverständlich wollte er ihnen seine kostbare Antiquitätensammlung, insbesondere das von ihm so sehr geliebte Jadegeschirr, nicht vorenthalten.
Bevor er seine geladenen Gäste ins Zimmer führte, wo er alle seine Antiquitäten aufbewahrte, prahlte der Millionär mit der Schönheit des Jadegeschirrs. Stolz erzählte er seinen Gästen auch, welches Geschick er benötigt hatte, um dieses Unikat anderen Kunstsammlern abzuluchsen. Durch das prahlerische Gehabe stiegen die bereits sehr hohen Erwartungen der Gäste nahezu ins Unermessliche.
Vor dem Hauptgang des reichhaltigen Banketts wollte der Millionär seinen zahlreichen hochrangigen Gästen seine Antiquitätensammlung zeigen. Als er das Zimmer betrat, wo er seine Kostbarkeiten aufbewahrt hatte, traf ihn fast der Schreck, sah er doch, wie sich eine hässliche Ratte hinter seinem geliebten Jadegeschirr verkroch.
Die Gäste waren ebenfalls schockiert, als sie sahen, was sich hinter dem Jadegeschirr verkrochen hatte. Während einige Gäste mit leiser Stimme mögliche Gegenmaßnahmen diskutierten, begannen andere bereits hinter vorgehaltener Hand zu murren: Was ist das denn für eine Rarität? Wenn es sich wirklich um eine solche Kostbarkeit handelt, sollte man sie nicht in einem Zimmer aufbewahren, wo es Ratten gibt!
Das Getuschel der Gäste und ihre Zweifel an der Kostbarkeit des Jadegeschirrs machten den Millionär sehr verlegen. Da der reiche Gastgeber einen sehr empfindlichen Charakter hatte und großen Wert auf seinen Ruf legte, schäumte er innerlich vor Wut. Wegen der Ratte hatte er sein Gesicht vor all seinen Gästen verloren.
Wutentbrannt rannte der Millionär daher kurz entschlossen in den Garten. Kurze Zeit später kehrte er mit einem faustgroßen Stein bewaffnet zurück. In einem Anfall von Wut und verletzter Ehre warf er den Stein schließlich blindlings in Richtung Ratte, die sich noch immer hinter dem Jadegeschirr versteckt hielt.
Zwar traf der Millionär wie erhofft die Ratte, leider aber zerbrach auch sein geliebtes Jadegeschirr in tausend Einzelstücke! Aus verletzter Eitelkeit hatte der Millionär sein Prunkstück eigenhändig zerschlagen. Während sich die Gäste langsam vom überraschenden Handeln des millionenschweren Gastgebers erholten, kam auch der Millionär wieder zu sich. Als er das Resultat seines Tuns sah, zeigte er tiefe Reue. Einsichtig erkannte er, dass kopfloses Handeln zu einem nicht wieder gut zu machendem Schaden führen kann.
Unüberlegtes Handeln sowie Handeln im Affekt führt zwangsläufig zu einer furchtbaren Katastrophe, heißt es am Ende des Buches "Han Shu".