Louis: Mein onkel war vor zwei Jahren in Deutschland, und er spricht (ich spreche, er spricht) noch oft von Deutschland und von Berlin. »Auf allen Straßen Berlins,« sagt er, »sieht man Soldaten und Offiziere; jeden Morgen sieht man die Soldaten marschieren, hört man die Trommeln und die schönste Militärmusik. Berlin ist eine Stadt der Soldaten und Kasernen (die Kaserne = das Soldatenhaus).«[VI-3]
Bella: Meine Freundin Fanny Bryant in Dresden schreibt mir dasselbe, und sie meint (= denkt, ich meine, sie meint), die deutschen Offiziere sind sehr schön und galant.
Herr Meister: So? Denkt Ihre Freundin so? Ja, Deutschland ist das Land der Armeeen. Es hat eine halbe Million Soldaten.
Otto: Eine halbe Million? Das ist viel, sehr viel.
Herr Meister: Nicht wahr?
Bella: Wie kommt es, daß Deutschland so viele Soldaten hat?
Herr Meister: In Deutschland müssen alle Männer Soldaten werden mit dem zwanzigsten Jahre.
Louis: Alle Männer?
Herr Meister: Alle Männer. So sagt die Verfassung (= Konstitution). Nun ja, der Lahme, der Blinde, der Kranke (= der nicht wohl ist) kann nicht Soldat sein, aber alle Gesunden (= nicht Kranken) müssen: der Reiche und der Arme (= nicht Reiche), der Baron und der Bürger (= nicht Baron), alle, alle. In der Armee ist Deutschland republikanisch. Ein jeder muß drei Jahre in der Armee sein.
Otto: Drei Jahre! Das ist eine lange Zeit.
Herr Meister: Ich habe einen Neffen (= der Sohn meines Bruders), der ist nur ein Jahr in der Armee. Aber er mußte zuvor ein Examen machen in der lateinischen[VI-4] Sprache, in der griechischen, in der französischen und in der englischen, in der Mathematik und in vielen anderen Dingen; und alle jungen Männer haben dasselbe Vorrecht (= Privilegium), wie mein Neffe, welche in der Sekunda eines Gymnasiums sind. Sekunda ist die zweite Klasse eines deutschen Collegs. Diese Soldaten haben den Namen: »Einjährig–Freiwillige.« Diese »Einjährig–Freiwilligen« wohnen nicht in Kasernen, und sie müssen alles selbst geben: Helm und Mantel, Bajonett und Gewehr und Säbel.
Louis: Was ist Gewehr, Herr Meister?
Otto: Ich will es dir sagen, Louis. Das Bajonett ist oben an dem Gewehr. Mit dem Gewehr schießt (ich schieße, man schießt) man. Es ist kleiner, als die Kanone und größer, als die Pistole. Der Soldat trägt (ich trage, ich trug, ich habe getragen) das Gewehr auf der Schulter, wenn der Lieutenant kommandiert: »Schultert das Gewehr!«
Herr Meister: Das ist recht. Sie sehen, nur der Mann kann Einjährig–Freiwilliger sein, der reich ist und intelligent und eine gute Schule hatte. Die Einjährig–Freiwilligen sind sehr geachtet (= respektiert).