Ebbe, die, das Zurückfließen des Wassers nach einer Flut und der Stand des niedrigsten Zurückgeflossenseins. Man hat das Wort mit ebnen zusammen bringen wollen, so daß Ebbe die ausgleichende, ebnende Meeresbewegung darstellte, durch die nach den Anschwellen der Flut der Meeresspiegel wieder gleich und glatt gemacht würde. Aber das tut die Ebbe gar nicht, sie macht das Meer weder eben noch gleich, bringt es nicht auf den mittleren Wasserstand, sondern unter denselben hinunter, macht also den Wasserstand immer aufs Neue wieder ebensogut wie die Flut ungleich. Auch hat es nichts mit dem in „Abend‟ steckenden Begriff des Abnehmens, des Sinkens zu tun, vielmehr kommt für die Erklärung das gothische ibuks, sich rückwärts bewegend, in Betracht, und das althochdeutsche ippihhon, zurückrollen, und abuh, abgewendet, umgewendet, verkehrt; mittelhochdeutsch ebech, ebich, ebch = umgedreht; noch heute in oberdeutschen Mundarten im Gebrauch, wo gesagt wird: „Du hast deinen Strumpf [120]auf die ebche Seite angezogen‟, „der Baum steht auf der ebchen (der Sonne abgekehrten) Seite des Berges‟; auch eber, aber, appa, Stelle am Ufer wo das Wasser still steht (Ulm), und für das Schmelzen des Schnees gebraucht („es ist so schön appa, sand d' Alma so grün‟, schwäbisch, „der Schnee ist weg (und deswegen) sind die Hochweiden so grün‟). Ebbe ist also das sich rückwärts bewegende, zurückfließende, zurückkehrende Wasser im Sinne des lateinischen recessus. Altfriesisch ebba: „dy Frisa thoer oen neen heerferd fora fara dan mitta ebba ut ende mit da floed op.‟ Angelsächsisch ebba, englisch ebb, hier besonders oft im übertragenen Sinne gebraucht, „I felt them slowly ebbing, name and fame‟, Tennyson; auch als Adjectivum: „The water there is very low and ebb‟, Holland. Mittelniederdeutsch schon ebbe, niederländisch eb, dänisch ebbe, schwedisch ebb, französisch (1702) ebe, il y a ebe. — Eine Ebbe und eine Flut zusammen heißt eine Tide, (nicht englisch, sondern deutsch auszusprechen).