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德语圣诞故事:Exit

时间:2011-09-06来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: 德语圣诞故事

Von der Hektik und Nervosität, mit der Dan nach seinem schweren Autounfall am Tag vor Heiligabend in den OP geschoben wurde, bekam er kaum etwas mit. Zu schwer waren die Verletzungen, und es war eine Art Dämmerzuzstand, in der er sich befand. Nicht völlig bewusstlos, aber noch wenige völlig bewusst. Es war eine Art Schwebezustand zwischen Tod und Leben.

Daniel Perier war ein Mensch, der eigentlich durch nichts besonders aufzufallen vermochte, wenn nicht durch seine Durchschnittlichkeit, die sich ausdrückte in einer schmächtigen Gestalt, immer ordentlicher Rasur (bis auf den dünnen, blonden Schnauzbart) und trotz seiner erst 35 Lebensjahre doch schon recht ausgeprägten Geheimratsecken. So gab er vielleicht das typische Bild eines durchschnittlichen Bankangestellten auf mittlerer Höhe einer nicht allzu steil ansteigenden Karriereleiter ab.

Glatteis, Dunkelheit, eine menschlich-allzumenschliche Unachtsamkeit und ein ihm ganz offensichtlich überhaupt nicht wohl gesonnenes Schicksal drohten nun die Leiter ganz unvermittelt zum Kippen zu bringen. Urplötzlich war aus der alltäglichen Autostrecke zwischen Wohn- und Arbeitsort, diesen lächerlichen zwölf Kilometern Landstraße, gesäumt zu dieser Jahreszeit mit leuchtenden Tannenbäumen und Lichterketten in den Vorgärten der Häuser, eine Schicksalsstrecke geworden, so urplötzlich, wie sein Lieblingsweihnachtslied, das man im Radio gespielt und das ihn auf so unheilvolle Weise abgelenkt hatte, ihm zum Schwanengesang geworden war. Last Christmas I gave you my heart, but the very next day you gave it away… Wie war das denkbar? Seit Jahr und Tag fuhr er diese Straße rauf und runter, fast blind hätte er sie fahren können, vertraut war sie wie ein guter Freund - und auf einmal grinste ihm aus ihrem Asphalt, dunkel wie die Kapuze eines Henkers im Mittelalter, die hässliche Fratze des Todes entgegen. Als hätte die Straße sich jahrelang heimtückisch verstellt, nur für diesen einen Augenblick der Wahrheit. Da zeigte sie ihr wirkliches Antlitz. Und es geschieht. Man dreht am Radio herum, merkt, dass man mit Tempo hundert von der Fahrbahn abkommt und tritt in plötzlich aufwallender Panik aufs Gaspedal statt auf die Bremse. Ein Irrsinn!

Ein wirrer Wirbel war es, der immer noch in Dans Kopf herumschwirrte und der plötzlich in ein furchtbares Knallen und Knirschen einmündete, ehe er wieder von Neuem zu wirbeln begann. Das Leben von Daniel Perier hatte seinen Halt verloren. Er befand sich in einem schwindelerregenden freien Fall. Das bisschen, was er hatte denken können in der Zeit zwischen dem großen Knall und der Situation, in der er sich jetzt befand, beschäftige sich mit seinem Leben. Er hatte keine Lust zu sterben, dachte er, er hatte mit dem Leben noch nicht abgeschlossen. Er dachte an die bestürzten Gesichter seiner Eltern, seiner Schwester, seiner Freunde, seiner Kollegen und der Frau, die er irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft heiraten wollte. Das hatten sie nicht verdient. Und vor allem: Hatte er das verdient? Warum ausgerechnet er? Was hatte er jemals Böses getan, um ein solches Schicksal zu verdienen? Und Dan dachte an mi-. Und Dan dachte an Gott. Er hatte nie besonders an ihn gedacht in seinem Leben. Vielleicht ein Fehler, doch kein größerer als ihn all die anderen gemacht hatten, denen es gut ging jetzt. Und er wurde böse auf Gott. Er fand diese Behandlung nicht gerecht. Aber es schien, als müsse er sich damit abfinden. Im Übrigen wusste er auch gar nicht, ob er an Gott glaubte. Zugegeben, es war Weihnachten. Wenn man da nicht an Gott glaubt, wenigstens an ihn denkt, wann dann? Bethlehem, Stern, Krippe, Jesuskind. Mythen und Märchen. Oder doch mehr?

Der wirre Wirbel und das bisschen Denken wurden plötzlich weniger. Dan tauchte hinab in einen betäubenden Nebel, der immer dichter und dunkler wurde, tief hinein in eine stumme, taube und finstere Leere.

Das war die Narkose.


2

Als Dan aus ihr erwachte, war es taghell im Zimmer und er spürte nichts. Er achtete gar nicht auf das, was hätte wehtun können oder müssen, und vielleicht war das das Rezept. So fing er auch gar nicht erst an sich darüber zu wundern, dass es ihm so erstaunlich gut ging. Er nahm es einfach hin.

Dan war allein in dem Zimmer, das wie alle Krankenhauszimmer in ein helles, aber steriles Weiß getaucht war. Dan fühlte sich derart gut, dass er keinerlei Grund sah, dem Bedürfnis aufzustehen, nicht nachzukommen. Leider fand er nichts zum Anziehen, und so musste er wohl oder übel barfuß und im Pyjama bleiben. In dem Zimmer gab es überhaupt wenig. Nur einen weißen Nachttisch, einen Tisch und Stühle, ein Email-Waschbecken sowie sein Bett, das einzige in dem Raum. Dabei war er nicht privat versichert. Vielleicht die Intensivstation, dachte Dan, während er durch das kleine Fenster in den Innenhof hinaussah. Er befand sich offenbar im Erdgeschoss. Ansonsten war nicht viel zu sehen, nur ein leerer Hof mit etwas Schnee, einer grauen Kellertreppe mit rostigem Geländer drei Krankenhausfassaden und darin Fenster wie das seine, nur ohne Gesichter dahinter.

Wenn das die Intensivstation ist, wird's Zeit, dass jemand erfährt, dass ich die gar nicht mehr brauche, dachte Dan. Da gibt es bestimmt ernstere Fälle. Außerdem wollte er unbedingt seine Angehörigen sehen, ihnen zeigen und sagen, wie gut es ihm schon wieder gehe, sie beruhigen und sich von ihnen in den Arm nehmen lassen. Was für ein Glück, was für ein Glück wir alle gehabt haben, dachte er. Fast mehr, als ich verdiene! Und er erinnerte sich daran, wie nahe er dem Tod gewesen war. So nahe, dass er sich schon fast aufgegeben, sich schon fast damit abgefunden hatte. Was für ein unwahrscheinliches Glück!

Zwei Türen gab es in dem Zimmer. Sie lagen einander gegenüber, waren beide weiß und sahen auch sonst völlig gleich aus, bis auf einen Unterschied: Die vom Fenster aus gesehen linke trug in großen, schwarzen Buchstaben die Aufschrift EXIT. Wie ein Bühnenausgang im Theater, dachte Dan und vermutete hinter dieser Tür den Gang, hinter dem andern das WC. Aber auf Klo musste er gerade nicht.

Er musste endlich Bescheid sagen, dass man ihn entlassen könne. War heute nicht Heiligabend? Es gab Grund zum Feiern. Er verließ durch den Ausgang das Krankenzimmer. Es war ungewohnt dunkel in dem Gang, seine Augen mussten sich erst dran gewöhnen. Kein Wunder, dachte Dan, hier gibt's ja auch keine Fenster. Es gab auch kein elektrisches Licht. Dan wunderte sich, dass er überhaupt etwas sah. Es gab auch keine Türen und keinen Menschen. Abgesehen vom Gang selbst gab es in dem Gang eigentlich gar nichts. Dan kam das ziemlich seltsam vor und er fragte sich zu Recht, ob das überhaupt der Gang war, den er hatte betreten wollen, und ob er wirklich die richtige Tür erwischt hatte. Vieles sprach dafür, dass es sich hier mehr um einen Keller oder eine Abseite handelte. Dan war im Begriff kehrtzumachen. Doch mit einem wachsenden Unbehagen, das gleichsam von seinen kalten Füßen zu ihm aufstieg, musste er sich fragen, ob er in diesem düsteren Kellergang eigentlich bis zu seiner Zimmertür zurückfinden würde. Er war schon ein ganzes Stück marschiert, ohne genau auf den Weg zu achten. War es immer geradeaus gegangen? Er war sich nicht sicher. Andererseits sah Dan keinerlei Sinn darin, in diesem Keller weiter herumzuirren - oder was auch immer das sein mochte. Es war hier ziemlich feucht und roch ein wenig modrig, gar nicht typisch, fand Dan, für ein Krankenhaus. Er wollte hier weg.

Da wurde ihm bewusst, dass doch irgendwo Licht herkommen musste; er befand sich schließlich nicht in völliger Finsternis. Dan beschloss, dem nachzugehen. Er drehte sich forschend um und machte in der Ferne einen matten Lichtschein aus, genau in der Richtung, aus der er gekommen war. Erleichtert atmete er auf. Denn entweder würde er dort hinten endlich etwas finden, das ihn weiterbrachte, oder aber er fand in sein Zimmer zurück, was ihm doch allemal besser erschien, als sich hier auf dem Betongrund kalte Füße und womöglich eine Erkältung zu holen. Er hätte es vielleicht doch nicht so übereilt verlassen sollen.

Doch mit dem Licht hatte es, wie sich bald herausstellte, eine seltsame Bewandtnis. Dans heimlich Hoffnung, er werde bald an eine gläserne Tür stoßen, hinter der sich einer der offiziellen Räume des Krankenhauses befinden müsse, erfüllte sich nicht. Das Licht schien geradezu vor ihm zu fliehen. Denn obwohl er sich ihm beständig näherte, wurde es nicht heller um ihn herum. Auch seine Zimmertür fand er nicht wieder. Dan war hinter dem Licht schon so lange her, dass sie längst vorbei sein musste. Aber gesehen hatte er sie nicht. Hatte er doch, ohne es zu merken, irgendwann eine Abzweigung genommen? Er wusste es nicht und er verfluchte den Entschluss, der ihn aus seinem angenehm warmen Zimmer herausgetrieben hatte in diesen dunklen, kalten Gang. Dan fühlte wieder das Unbehagen an sich hochkriechen wie eine eklige Natter und mehr als das: Er empfand eine eisige Beklemmung. Zugleich Ruhe und Geduld verlierend, ging er schneller, rannte förmlich durch den Gang. Und kam so endlich an dessen Ende. Von hier also kam das Licht, von einer leuchtenden Tafel, erneut mit der Aufschrift EXIT, die, bestehend aus roten Lettern auf weißem Grund, über einer Tür hing. Dan öffnete sie und stand vor einer Treppe. Von unten her drang ein matter Lichtschein zu ihm.

Die Treppe sah uralt aus und war in Stein gehauen. Eilig stieg er sie hinab. Das Licht wurde stärker. Die Treppe führte allerdings ziemlich steil abwärts und über ihr hing die Decke so tief, dass Dan sich die ganze Zeit bücken musste. Die Treppe schien außerdem gar kein Ende mehr nehmen zu wollen. So musste Dan seinen Schritt schließlich wieder verlangsamen. Der Abstieg strengte ihn zu sehr an und ihm fehlte der Atem. Er begann sich nun doch ernsthaft Sorgen zu machen. Wo konnte er denn hier nur gelandet sein? War er überhaupt noch im Krankenhaus oder schon auf dem Weg hinaus? Denn was sollte ein Krankenhaus mit einem derart tiefen Keller? Zudem schien an diesem Ort schon lange niemand mehr gewesen zu sein. Alles war, soweit er sehen konnte, staubig und modrig. Einen Besen hatte diese Treppe wohl schon länger nicht gesehen. Wieder dachte Dan daran umzukehren. Doch welchen Sinn sollte das haben? Oben war ja auch nichts, das ihm weiterhalf. Er zog es vor, hier unten weiterzusuchen, zumal da dieses Licht war, das ihn irgendwie interessierte, faszinierte; mehr noch, es zog ihn auf geradezu übernatürliche Weise an. Dieses Licht war kein gewöhnliches Licht, das spürte er. Es war irgendwie vertrauenerweckend, gut. Im Übrigen hatte er ja auch nichts als dieses Licht. Es war seine einzige Hilfe und vielleicht der einzige Weg zu einem rettenden Ausgang. Auf jeden Fall wollte Dan wissen, woher es kam oder, besser gesagt, wohin es floh und wohin es ihn auf diese Weise endlich führen mochte. Also stieg er weiter die kalten Stufen hinab. Dann war es so weit: Er stand auf der letzten Stufe und er traute seinen vor Entsetzen geweiteten Augen nicht. Das da vor ihm waren unzweifelhaft Menschenknochen: Gerippe, Gebeine, Totenschädel! Ein kalter Schauer ergriff und schüttelte den jungen Angestellten in seinem fremden Schlafanzug. Dann stieß er unwillkürlich einen Schrei aus, der freilich ungehört in der Leere des mehrere Meter hohen Gewölbes verhallte, in das er nun gelangt war. Wenigstens konnte er hier wieder aufrecht stehen. Aber was war das für eine geheimnisvolle Grabstätte? Ein archäologischer Sensationsfund? Oder war Dan, worauf er als Nächstes verfiel, hier auf die verräterischen Spuren eines Klinikskandals um auf rätselhafte Weise verschwundene Patienten gestoßen? Schon war eine Art detektivische Abenteuerlust im Begriff von ihm Besitz zu ergreifen. Doch er schob diese Anwandlungen rasch beiseite. Sein Leben war nie verlaufen wie das eines Krimihelden. Er war Bankangestellter. Eher schien es ihm somit wahrscheinlich, dass er sich in einem Albtraum befinde. Das Erahnen eines solchen reicht jedoch keineswegs aus, um daraus zu erwachen, wusste Dan.

Die Gebeine lagen überall auf der schwarzen Erde verstreut herum oder ragten halb aus ihr hervor. Und es waren viele. Dan nahm seinen ganzen Mut zusammen, um weiterzugehen, sich einen Weg durch diese schauderhafte Szenerie zu bahnen und so dieses grässliche Massengrab hinter sich zu lassen. Immer noch war da nämlich dieser Lichtschimmer, seine einzige und letzte Hoffnung, diesem scheußlichen Albtraum zu entkommen. Das Gewölbe zog sich indes viel mehr in die Länge, als Dan bei dem schwachen Licht an seinem Eingang hatte ahnen können. Immerhin wurden die Knochen bald weniger und nach einiger Zeit konnte er gar keine mehr ausmachen, worum er sich allerdings auch nicht sehr bemühte. Es konnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass das Licht plötzlich wieder schwächer wurde - oder täuschte sich Dan? Ihm war, als hätte jemand einen Dimmer betätigt. Er beschleunigte abermals seinen Schritt. Wild, panisch fast wurde er. Aber jetzt schien das Licht erst recht zurückzuweichen. Das ist doch kein Licht, fluchte er vor sich hin, das ist ein gottverdammtes Irrlicht, ein Verscheißer-mich-Licht! Mistlicht, verdammtes!

Aber es war nichts zu machen, das rätselhafte Licht verflüchtige sich. Dan fand sich bald in völliger Finsternis wieder. So etwas Dunkles hatte er noch nie erlebt. In jedem Kinderzimmer, in jedem Schafzimmer gibt es schließlich Lichtschalter und Löcher, Ritzen Fenster, durch das nächtliche Schimmer dringen. Hier nicht. Hier war es dunkler als die Mitte eines Eisenbahntunnels in sternloser Nacht, dunkler, als wenn man darin die Augen schließt. So jedenfalls empfand Dan es. Unwohl in seiner Haut oder besser gesagt in seinem Pyjama hatte er sich ja schon die ganze Zeit gefühlt. Doch dieses Unbehagen wuchs sich nun beängstigend aus und erreichte ganz andere Ausmaße. Die Kälte und die Angst stießen ihn in einen Zustand des fortwährenden Erschauerns, der sich in fortwährenden Schüttelanfällen äußerte. Dan konnte keinen Schritt mehr gehen. Die Angst vor diesem leeren, lichtlosen Nichts, vor diesem düsteren Albtraum ohne Ausweg lähmte ihn, schnürte ihm die Kehle zu. Das Schlimme war, dass er nicht sagen konnte, wovor genau er sich fürchtete. Es war eine ganz und gar existentielle Angst, Angst um seine Existenz, die sich hier sinnlos im schwarzen Nichts verlieren sollte, eine Angst, schrecklicher als bloße Todesangst, denn dieses unheimlich-unwirkliche Nichts dünkte ihm schlimmer als der Tod, dem er vor kurzem ins Angesicht gesehen hatte.

In seiner ganzen Verlorenheit fiel Dan auf die Knie und gab sich ohne Widerstand - denn es gab ja keine Zeugen - den Tränen der Verzweiflung hin, unter denen der Knoten in seiner Kehle sich löste. Weinend bejammerte er sein Schicksal: Hatte er in den letzten Stunden nicht schon genug erlitten und durchgemacht? Warum musste ein erbarmungsloses Geschick ihn zu allem Elend und ausgerechnet, nachdem sich doch alles zum Besseren gewandt zu haben schien, in diesen Abgrund stoßen? Warum musste er in diese unheimlichen Katakomben ohne Ausgang hineingeraten? Was war hier los? Wo war er? Er verstand nichts mehr.


3

Erschöpft und fröstelnd war Dan schließlich in leichten Schlummer gesunken. Als er erwachte, war wieder Licht da. Es war viel heller als zuvor und Dan konnte, indem er sich nach allen Seiten umsah, feststellen, dass der Ort, an dem er sich befand, nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit einem menschlichen Bauwerk, geschweige denn mit einem Krankenhaus aufwies. Eher kam seine Umgebung ihm vor wie das Innere eine Berges, was natürlich überhaupt keinen Sinn ergab. Doch es war, wie es war: Die grauen Wände, die ihn umgaben, erinnerten mehr an Fels- als an Kellerwände. Das Licht und die ganz offensichtlich damit verbundene Wärme, der sich Dan erst jetzt mit einigem Behagen bewusst wurde, gaben ihm ein wenig Sicherheit zurück und ermutigten ihn, seine merkwürdige Reise in Richtung ihres Ursprungs fortzusetzen. Er war sich jedoch nicht ganz sicher, ob es sich noch um dasselbe Licht handelte wie vorher. Es war nämlich nicht nur viel heller, auch die Farbe hatte sich geändert. Das Licht schimmerte rötlich. Dieses Licht hatte anders als sein Vorgänger die Eigenschaften von ganz gewöhnlichem Feuer, während, wie sich sogleich erwies, ihm die sonderbaren Fluchteigenschaften des "alten" Lichts, aber auch dessen Milde und - fast musste Dan sagen - dessen Güte abgingen. Der Stollen wurde zusehends enger, so eng, dass Dan sich zunächst mühsam ducken und schließlich sogar krabbeln musste, um vorwärtszukommen, und das unter ständigem Temperaturanstieg.

Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er hatte sich bereits seiner Pyjamajacke entledigt, als er zu seiner Erleichterung das Ende dieses merkwürdigen Stollens ausmachte. Grellstes Licht! Dahinter schien es regelrecht zu brennen. Die Hitze nahm beständig zu. Dan war sich längst darüber im Klaren, dass er in jedem Fall umkehren musste. Hier konnte er nicht überleben. Er wollte aber vorher seine Neugier befriedigen. Er musste sehen, was sich am Ende dieses Tunnels befand.

Bin ich vielleicht schon am Mittelpunkt der Erde angelangt?, scherzte er mit sich selbst, während seine Stimme vor angstvoller Spannung und Erregung zitterte. In jedem Fall ist das ein verrücktes Abenteuer, in das ich hier reingeraten bin.

Als er sich dann mit schon wieder erlahmenden Kräften bis zum Ausgang geschleppt hatte, stockte ihm das bisschen Atem, das ihm noch verblieben war. Hätte dem nicht jede menschliche Vernunft und Logik widersprochen, so wäre Dan zu dem Schluss gekommen, sich oberhalb eines riesigen Vulkankraters zu befinden. Der Stollenausgang hatte sich als Loch im oberen Bereich einer gigantischen Felswand entpuppt, unterhalb welcher es in der Tat lohte, glühte, brodelte und dampfte wie im Ätna zu seinen aktivsten Zeiten. Es fehlte allerdings die Öffnung, der Himmel. Am oberen Ende dieses riesigen Feuerofens verlor sich Dans Blick in Rauch und Dunst.

Am imposantesten war jedoch eine sagenhafte Felsbrücke, die sich von etwas unterhalb des Lochs, in dem Dan staunend hockte, in zwölf aufsteigenden Wendeln über den feuerroten Kraterabgrund nach oben hin erstreckte, wo sie von den Dunstwolken verschlungen wurde. Geblendet von diesem sagenhaften Anblick brauchte Dan eine Weile, bis er jenes seltsame Rauschen wie von einem Wasserfall wahrnahm, das nicht vom Vulkan herrührte, sondern von irgendwo hinter ihm im Stollen. Verunsichert drehte Dan sich um, sah einen gewaltigen Wasserstrom auf sich zujagen und wurde fast im selben Augenblick von ihm erfasst. Ihm blieb nicht mal Zeit zum Schreien. Schon riss ihn der Wasserstrahl mit in die Tiefe. Ehe Dan einen einzigen klaren Gedanken fassen konnte, fand er sich bäuchlings auf der Brücke wieder, auf die er eben noch hinabgeblickt hatte. Fest umklammerte er mit beiden Armen das kaum einen halben Meter schmale und sehr unebene Gestein. Dan wagte nicht sich zu rühren. Dicht neben ihm schossen die Wassermassen geradewegs in den Vulkan hinein, der sie mit lautem Zischen und beträchtlicher Dampfentwicklung empfing. Der mächtige Wasserstrahl führte, wie Dan erst jetzt bemerkte, große Knochen mit sich, ohne Zweifel die aus dem Gewölbe. Mein Güte, seufzte er, wenn ich da… Ihm zitterten sämtliche Glieder. Trotzdem blieb ihm keine andere Wahl, als seinen Weg fortzusetzen. Denn die aufsteigenden Dämpfe nahmen ihm zusehends den Atem. Dan glaubte ersticken zu müssen, hustete, würgte. Er nahm seine letzten Kräfte zusammen. Ohne einen Meter weit sehen zu können, begann er auf allen Vieren die Brücke empor zu kriechen. Aufrecht zu gehen war ausgeschlossen.

Während er sich mühsam vorwärts schleppte, vermeinte er plötzlich noch irgendeinen anderen Laut aus dem Rauschen und Zischen herauszuhören. Es war ein Laut wie von Menschen in Not, ein schriller Schrei, schrill wie das Kreischen der Bremsen eines einfahrenden Zuges oder das helle Pfeifen beim Dampfablassen einer Lokomotive. War es vielleicht doch kein menschlicher Laut? War es denn möglich, dass es hier noch Menschen gab, Leidensgenossen womöglich? War da vielleicht noch jemand anders vom Wasser mitgerissen und in den feurigen Schlund geworfen worden? In dem dichten Dampf konnte Dan nichts erkennen. Und umkehren konnte er auch nicht. Er musste zusehen, dass er endlich diesem grässlichen Nebel entkam und mit ihm der Atemnot, die er bereitete, der schweißtreibenden Hitze und dem Brennen in den Augen. Je weiter Dan nach oben gelangte, desto erträglicher wurde es zum Glück. Nach der letzten Wendeschleife konnte Dan endlich sehen, wohin die Brücke führte. Außerdem war sie hier oben breiter und solider geworden, sodass er aufrecht gehen konnte. Statt einer Decke oder einer Öffnung entdeckte Dan über sich riesenhafte Stalaktiten. Drohend wie Speere ragten sie überall in die Tiefe. In den Zwischenräumen der spitzen Felsformationen fing sich der Dunst. Mehr war nicht zu sehen. Dan interessierte sich auch mehr für die Höhle, in die die Brücke mündete. Erleichtert trat er durch ihren Eingang. Endlich konnte er die stickige Luft und die extreme Hitze hinter sich lassen. Kühlere Luft empfing ihn. Doch kaum wähnte Dan sich in Sicherheit und wollte tief durchatmen, da sorgte bereits ein bedrohliches Grollen für neues Ungemach: Die Wände der Wölbung im Felsgestein, in der Dan stand, begannen zu wackeln. Unter seinen Füßen bebte der Boden. Dan, der sich schutzsuchend an die Wand der Höhle presste, musste hilflos und völlig verängstigt mit ansehen, wie sich tonnenschwere Felsbrocken und Stalaktiten wie Pfeilgeschosse von der Decke lösten und in den brodelnden Vulkan hinabstürzten. Unter ihrer Last brach vor seinen Füßen die Brücke, die er eben noch überquert hatte, in Stücke und stürzte zusammen mit den Felsen und Tropfsteinen in die gefräßige, feurige Tiefe. Hitze und Staub trieben Dan tiefer in die Höhle, eine Art Grotte, hinein, an deren Eingang er stand. Mit Erleichterung stellte er fest, dass es auch hier einen Weg tiefer hinein in den Berg gab, dem er folgen konnte. Die Grotte durchzogen weitere Tropfsteine. Sie wirkten, da sie zum Teil bis an den Boden reichten, wie große Pfeiler eines Tempels. Wände und Boden waren sehr feucht. Es floss ein kleines Bächlein durch die Grotte. Sein kühles Wasser, das Dans Füße benetzte, war nach dem heißen Gestein eine wahre Wohltat. Vereinzelt trieben auch hier Menschenknochen darin. Doch Dan erschütterte der Anblick nach allem nicht mehr sonderlich. Er watete eine Zeitlang fast bis zu den Knien im Wasser, während die Höhle sich immer mehr verengte und verfinsterte. Schließlich kam er an eine Verzweigung. Dan entschied sich für den ganz linken von drei Wegen. Denn aus dieser Richtung drang erneut ein leichter Lichtschein zu ihm. Er glaubte das Licht aus dem Krankenhauskeller wiederzuerkennen. Ja, es war derselbe gute, angenehme und irgendwie vertraut wirkende Schein; es war das Licht, das vor ihm zurückwich und das er trotz ausdauernder Anstrengung nicht zu erreichen vermochte, das er aber erreichen wollte. Jetzt erst recht. Obwohl er furchtbar erschöpft war, beschleunigte Dan noch einmal seinen Schritt. Seine Lage glich der vom Anfang seines unglaublichen Abenteuers: Er fror, hatte im Nu wieder kalte Füße, der Weg nahm kein Ende und das Licht blieb fern und unerreichbar. Dan ermüdete und gönnte sich eine Ruhepause. An einer halbwegs trockenen Wand setzte er sich nieder. Das Licht blieb.


4

Dan verfiel in tiefe Nachdenklichkeit, zunächst über diese unerklärliche Reise durch den Untergrund, dann über das, was sich davor ereignet hatte. Eigentlich, dachte er, muss ich nur diesem Horrorkabinett entrinnen, um endlich ins Leben zurückzukehren. Und er schöpfte Hoffnung. Ja, wenn er erst wieder draußen wäre, in Freiheit und bester Gesundheit, dann würde er ganz neu beginnen. Oder würde er vielleicht einfach da weitermachen, wo er vor diesem verdammten Unfall aufgehört hatte? Würde sich etwas ändern? Mein neues Leben, wie so viele es nannten, wenn sie noch einmal mit ihm, dem Leben, davongekommen waren? Würde sich bei ihm etwas ändern? Könnte nicht dieser Unfall dazu gedient haben, ihm eine Lehre zu erteilen oder ihm eine Denkpause zu verordnen? Aber was sollte, was konnte sich denn ändern? Was hatte er falsch gemacht? Es fiel ihm nichts ein, das ihm bedeutend schlechter gelungen wäre als den andern. Und von wem die Lehre? Vom Schicksal? Von Gott? Das Schicksal war willen- und richtungslos und er selbst dafür der Beweis. Und Gott - woher sollte er wissen, dass Gott überhaupt existierte? Wie sollte er wissen, dass alles von ihm kam? Sollte er auf Grund irrationaler Spekulationen etwas unternehmen, ohne zu wissen, ob das wirklich einen Sinn hatte und was nützte? Sollte er jetzt täglich in die Kirche rennen und eine Gedächtniskerze anzünden? Das war absurd. Und wenn er ehrlich war, dann musste er sich eingestehen, dass es ihm Mühe machte, an einen tieferen Sinn des Lebens zu glauben als den, das Beste draus zu machen, das Optimum für sich herauszuholen. Es fiel ihm schwer, an eine lenkende Instanz, einen übernatürlichen, extraterrestrischen Universalurheber aller Existenz, seine eigene eingeschlossen, zu glauben. Nein, letztlich sprach doch alles nur für dummen Zufall und einfaches Pech. Das Schicksal - mochte man es so nennen - hatte es nicht gut mit ihm gemeint, hatte wahllos, blind und unverständig ihn und nicht irgendeinen Kollegen aus der Bank oder Penner von der Straße oder wen auch immer in diesen verdammten Unfall geschickt und ihm so einen dummen Strich durch die Lebensrechnung gemacht. Und nun saß er hier, er, ein Pechvogel.

Gleichwohl empfand Dan nagendes Unbehagen bei dem Gedanken, sein Leben so wie bisher fortzuführen. Machte es da großen Sinn überhaupt weiterzuleben und dann eben ein paar Jahre später ins Grab getragen zu werden? Dem Tode näher, als er gewesen war, konnte er ja bei seinem tatsächlichen, späteren Tod kaum sein. Dieser wirre Wirbel aus Schock, Schmerz und Angst, der Fall ins Bodenlose, all das hatte er ja erlebt und irgendwie hinter sich gebracht - wie eine Art Prüfung, wenn er auch nicht wusste, wer der Prüfer war und ob er bestanden hatte. Und vielleicht wäre es deshalb besser gewesen, gleich diesmal zu sterben, anstatt all das womöglich noch einmal durchmachen zu müssen. Das war ja kein Vergnügen hier. Gut, das Leben war sicherlich ein Verlust und eigentlich wollte er auch noch ein bisschen davon haben, noch etwas draus machen, etwas irgendwie Größeres als bisher, aber wo er nun schon mal so weit gekommen war mit dem Ab-Leben, wo er so viel hinter sich gebracht hatte, da kam es doch nicht mehr so drauf an. Dann war eben früher Schluss. Wie bei einer Feier, wo der Gastgeber trotz bester Stimmung plötzlich ins Bett will und erklärt: "Wenn's am schönsten ist…" Da muss man halt früher gehen, aber jeder wird sagen: Ein schönes Fest ist es trotzdem gewesen! Er wusste auch nicht, womit er die Gnade seiner plötzlichen Genesung verdient hatte. Er verstand das so wenig wie den Unfall selbst. Und was Dan nicht verstand, das machte ihm Angst. Es kam ihm seine Genesung bei genauerem Hinsehen vor wie die allerabsurdeste Sache auf der Welt. Denn sie bewirkte nichts! Er überlebte und alles würde wieder wie vorher sein. Wo war der Sinn? Wäre er gestorben, dann wäre wenigstens eine bedeutende Änderung eingetreten, etwas Großes, etwas Erhabenes! Man hätte ihn beweint und vermisst. Und wenn er den Tod verdient hatte - und den hat bekanntlich jeder verdient, zumindest bekommt ihn jeder und es spielt keine Rolle, ob man von verdient oder nicht verdient sprach: "Das hat er nicht verdient!" Na und? Wenn das nun mal unabänderlich so war, ergab es da nicht mehr Sinn, nach einem solchen Unfall zu sterben?

Nun, vielleicht sterbe ich ja auch noch, sprach Dan mit bitterstem Sarkasmus zu sich selbst, und zwar in diesem unterirdischen Loch ohne Ausgang; ich verhungere oder verdurste oder ertrinke oder ersticke. Das ist wirklich Ironie des Schicksals! Nein, eines stand fest: Dan wollte so schnell wie möglich raus aus diesem widerlichen Irrgarten. Und mit neu erwachter Entschlossenheit machte er sich wieder auf den Weg durch die düsteren Gewölbe.


5

Nach einiger Zeit stellte Dan erstaunt fest, dass es heller wurde. Von Neugier gepackt beschleunigte er seinen Schritt. Er war sich sicher, diesmal eine angenehmere Überraschung zu erleben als mit dem Vulkan, denn es war ja immer noch das gute Licht, dem er nacheilte. Es wurde schließlich so hell, dass sich seine Augen erst daran gewöhnen mussten. Dan hatte die unbestimmte Ahnung, dass sich sein Irrweg endlich dem Ende näherte. Aber es war eine Hoffnung, die ihn zugleich mit einer ebenso unbestimmten Angst erfüllte. Er wusste gar nicht, ob er wirklich wollte, dass er an ein Ziel gelangte. Er kam in einen neuen Abschnitt des Weges, mit weißen Kacheln an Boden und Wänden, und schließlich stand er vor einer gläsernen Tür. Endlich wieder eine Spur von Zivilisation, dachte er. Die Tür war nicht verriegelt und führte in eine gewaltige, in strahlendes Weiß getauchte Halle. Der Raum war unermesslich hoch und schien auch ziemlich lang zu sein, maß aber nur ein paar Meter in der Breite. Es war wie das Innere eines rechteckigen Turmes. Dan konnte keine Lichtquelle ausmachen, aber der ganze Raum war in jenes gute, angenehme Licht gehüllt und ihm war sehr wohl zumute. Die beiden riesenhaften Turmwände, zwischen denen Dan stand, schienen von außerhalb des Gebäudes unmittelbar von diesem Licht angestrahlt zu werden, denn es macht die Wände beinahe transparent. Dan glaubte sogar irgendwelche Umrisse zu erkennen. Sie lösten ein lebhaftes Interesse bei ihm aus, mehr noch, er wurde geradezu von einem brennenden, ja wahnsinnigen Verlangen gepackt, nach draußen zu der geheimnisvollen Lichtquelle zu gelangen. Er rannte wild ans andere Ende des schmalen Saales und kam wieder an eine Glastür, doch diese war verschlossen. Hinter ihr war es taghell, so hell, dass Dan einen Augenblick geblendet war und die Augen schließen musste. Aber auch als er sie wieder öffnete, war nicht mehr als dieser helle Glanz zu erkennen. Allerdings stand in kleiner Schrift etwas neben dem Türgriff auf der Scheibe: Hier kein Eingang. Bitte andere Seite benutzen! Andere Seite benutzen? Das muss ja wohl 'n schlechter Scherz sein, dachte Dan und geriet fast außer sich vor Wut und Enttäuschung. Es war eine ohnmächtige Wut, denn trotz seines verzweifelten Rüttelns an der Klinke gab die Tür keinen Millimeter nach. Jetzt gab es kein Halten mehr: Wie ein Besessener versuchte Dan die Tür einzurennen, einzutreten, einzuschlagen. Ohne Erfolg. Es handelte sich offenbar um Panzerglas oder etwas ähnlich Massives.

Von seinem Bemühen die Tür zu bezwingen wurde Dan plötzlich durch ein ohrenbetäubendes Hämmern abgelenkt. Verwirrt blickte er um sich, ohne etwas zu entdecken. Dann schien es plötzlich, als würde das ganze Gebäude wie von Riesenhand nach hinten geschoben. Dan wurde durch den heftigen Ruck durch den halben Saal zurückgeschleudert, ehe ein furchtbarer Aufprall, der die Wände auf besorgniserregende Weise erschütterte und den Boden unter ihm zum Beben brachte, dem Spuk ein vorläufiges Ende bereitete; ein vorläufiges, denn sogleich setzte mit atemberaubendem Tempo und dröhnendem Lärm wieder jenes gnadenlose Klopfen und Hämmern ein. Dan nutzte die Verschnaufpause, um sich vor dem nächsten Beben hinter der Glastür auf der anderen Seite in Sicherheit zu bringen. Doch mit Entsetzen stellte er fest, dass nun auch diese verschlossen war. Wieder half alles Stoßen, Rütteln und Zerren nicht. Es gab keinen Ausweg mehr: Dan war gefangen! Gepeinigt von Angst und Verzweiflung kauerte er sich auf dem weißen Boden in die Ecke neben der Tür und folgte mit geschlossenen Augen und betäubten Ohren dem Spektakel, das sich mit ungebremster Regelmäßigkeit fortsetzte. Schon wurde das Hämmern von einem erneuten Ruck und Aufprall kurzzeitig unterbrochen und während Dan seinen Kopf unter den Armen zu vergraben und sich gleichzeitig die Ohren zuzuhalten suchte, erwartete er, dass das schreckliche Klopfgeräusch von Neuen einsetzte.

Tatsächlich schien diese unheimliche Folge von Gehämmer, Stoß und Erschütterung kein Ende mehr nehmen zu wollen. Und mit ihr Dans Marter. Plötzlich machte Dan, während er verängstigt in seinem Winkel hockte, eine weitere sehr merkwürdige Entdeckung. Er bemerkte, dass sich der Saal, in dem er hockte, allmählich verdunkelte. Er erkannte auch rasch den Grund: Die Wand vor ihm warf eine Reihe von unförmigen Schatten, nein, jetzt bemerkte er, dass sie sehr wohl eine Form hatten, und zwar - das war das Sonderbare - die von Buchstaben, von Buchstaben, Wörtern und gar Sätzen, die oben auf der Wand über ihm erschienen. Zunächst ließ sich nichts davon entziffern. Dann merkte Dan, dass die Buchstaben in Spiegelschrift erschienen. Dan konnte nun wenig davon lesen. Als Erstes las er zu seiner großen Überraschung seinen eigenen Namen. Das hätte natürlich auch Zufall sein können, aber die Sätze, die er dort über sich erblickt hatte, hatten unmittelbar mit ihm selbst, Dan Perier, zu tun. Das spürte er sofort. Und indem er neugierig nach oben schaute, stellte er mit Erstaunen fest, dass das ganze obere Drittel der rechten Wand schon ganz dunkel war, dunkel von schwarzen Druckbuchstaben in Spiegelschrift. Und die Buchstaben vermehrten sich mit jedem Hämmern. Das war also die Erklärung? Gerade las Dan, wie da oben spiegelverkehrt das Wort entstand entstand. Es tauchte gleich zweimal hintereinander auf. Was war das nur wieder für ein Rätsel? Dan musste es lösen, aber ihm wurde bei dem Gedanken so seltsam zumute. Er bekam weiche Knie. Egal, er musste wissen, was da los war. Es stand da irgendwas über ihn und dem musste er auf den Grund gehen. Da er die Spiegelschrift nur mit Mühe entziffern konnte, kehrte er sich zur hinteren Wand und begnügte sich nun mit den hellen und etwas undeutlichen, aber doch leserlichen Schattenbuchstaben, die hier erschienen. Voller Spannung begann er nun irgendwo in der Mitte, wo die Schrift halbwegs deutlich war, langsam Wort für Wort zu lesen:

Langsam Wort für Wort zu lesen:

So ein Witz, dachte er, genau das tu' ich ja gerade! Wieder gab es ein Beben, und er musste die Lektüre unterbrechen. Tatsächlich, er auch! Tatsächlich er auch! Irgendwie kam ihm das, was er las, überhaupt bekannt vor. Die reine Magie. He! Das dachte er auch gerade! Wieder gab es ein Beben. Moment mal! War das nicht seine Geschichte, das, was er gerade erlebte, tat und dachte? Na, das gab es doch nicht. Unmöglich. Und doch…, es war verrückt, hey, hallo, völlig verrückt, echter Irrsinn war das! Wieder gab es ein Beben. Aber es stimmte: Hier stand alles über ihn, besser noch: Alles, was hier stand, war über ihn. Total irre. Dan war wie gebannt, er konnte nicht mehr aufhören zu lesen, obwohl er diese unglaubliche Entdeckung - wieder ein Beben - immer weniger komisch fand, vielmehr - und gleich noch eins - verursachte sie ihm ein ungutes, bedrückendes Gefühl, ja sie erschreckte ihn. Es war ihm plötzlich, als gehöre er gar nicht mehr sich selbst, als sei er… Plötzlich hielt Dan inne. In der Tat. Es war unheimlich still geworden. Das Hämmern hatte nach dem letzten Beben abrupt aufgehört. War das das Ende? Dan unterbrach die Lektüre und wandte sich mit dem Instinkt des gehetzten Wildes, das seinen Jäger wittert, um. Er sah an seinem eigenen Leib herab und las das Wort "Was", das mit drei großen As dunkle Schatten auf seinen weißen Pyjama geworfen hatte. Ihn ergriff eine große, lähmende Beklommenheit. Ihn fröstelte. Und ihm war, als müsse er genau jetzt, in diesem Augenblick, den Verstand verlieren. Er übersprang er in der Mitte ein paar Zeilen der Schrift und verschlang in rasendem Tempo, als ginge es um sein Leben, die letzten Sätze, die auf der Wand erschienen waren:

Waren: Daniel beschlich eine unheilvolle Ahnung, ein Gefühl des Entsetzens, ganz ähnlich dem, das ihn in der Sekunde vor dem tödlichen Aufprall mit seinem Wagen ergriffen hatte. Seinem was? Weiterlesen. Seinem was? Weiterlesen. Er fühlte, dass die Wahrheit furchtbar war. Doch es war zu spät: Dan konnte seinen tödlichen Irrtum nicht mehr berichtigen, den Irrtum, dass es mich nicht gebe. Ja, Daniel Perier, alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. - In diesem Augenblick entwich der letzte Hauch Leben aus dem, was Dan Periers irdische Existenz gewesen war. Er erwachte nicht mehr aus der Narkose. Als Zeitpunkt seines Todes wurde der 24. Dezember, 23.55 Uhr festgelegt.

WAAAS?

 

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