Die Kinder begleiteten P.F.O.T.E. zum Fluss, wie sie es versprochen hatten.
Flip konnte gar nicht aufhören zu grinsen.
Er ging wie auf Wolken. Doch Janne machte sich Sorgen.
Wenn sie den Hund behalten wollten, mussten sie nicht nur die Eltern überzeugen, sondern auch den Hund selbst.
Sie wusste nicht, was schwieriger war.
Sie seufzte leise. Manchmal war es doch doof, die Ältere zu sein. Flip vertraute auf sie.
„Dürfen wir dir eigentlich schon einen Namen geben?", erkundigte sich Flip begierig
„Er hat doch bestimmt schon einen", wandte Janne ein.
„Jeder Mensch hat einen eigenen Namen für mich", erklärte P.F.O.T.E.
„Der Mensch, der mich füttert, nennt mich Vielfraß. Die Frau, die mit mir spielt, nennt mich Weiterso. Und derjenige, der meinen Zwinger sauber macht, sagt immer Ferkel zu mir.“
„Das sind aber alles keine richtigen Namen“, sagte Janne streng.
„Da steht etwas auf seinem Halsband", stellte Flip fest.
Er trat näher und buchstabierte: „P.F.O.T.E.".
Er sah Janne stolz an. „Das kann ich nämlich schon lesen", betonte er.
„P.F.O.T.E. ist kein richtiger Name", sagte Janne. „P.F.O.T.E. ist nur ein Teil von einem Hund."
„Es ist eine Abkürzung", erklärte P.F.O.T.E. „Aber ich weiß nicht, wofür."
„Wir überlegen uns einen schöneren Namen für dich", versprach Flip.
„Wenn ihr unbedingt wollt.“ P.F.O.T.E. wusste eigentlich nicht, wofür er noch einen weiteren Namen brauchte.
P.F.O.T.E. schlenderte mit den Kindern mit wie ein richtiger Familienhund.
Nur ab und zu blieb er stehen und sah sich um.
Ihm war, als würde ihm jemand folgen.
Je weiter sie sich von der Stadt entfernten, desto enger drängte er sich an Jannes Beine.
Da war Janne sehr stolz, weil sie den Hund ein kleines bisschen beschützen konnte.
Die Welt hier oben im Licht war für P.F.O.T.E. unendlich interessant, aber sie war auch laut, unheimlich und voll, und die Gerüche waren nasenbetäubend.
Er war sich nicht mehr sicher, ob er die Nacht wirklich hier draußen verbringen wollte.
Aber angebunden oder eingesperrt sein wollte er auch nicht. Er seufzte.
„Was ist los?", fragte Janne besorgt.
„Nichts. Manchmal mache ich mir ganz kurz Sorgen. Schon vorbei."
Er schüttelte sich und sah Flip an.
„Wirf mir doch noch mal das Bällchen. Danach gehe ich schlafen."
Aber da tat Flip etwas sehr Dummes. Er warf das schöne Bällchen einfach in den Fluss.
P.F.O.T.E. sah ihm fassungslos nach.
„Warum hast du das jetzt getan?", fragte er. Das Bällchen trieb davon, und P.F.O.T.E. wurde sehr traurig und noch müder.
„Du hättest es doch herausholen können!" Flip starrte ihn wütend an.
„Aber das ist richtiges Wasser!", wandte P.F.O.T.E. ein. „Ganz viel davon!"
„Kannst du etwa nicht schwimmen?", fragte Janne verwundert.
„Können Hunde normalerweise schwimmen?", erkundigte sich P.F.O.T.E.
„Ein richtiger Hund kann natürlich schwimmen", erklärte Janne, und Flip nickte heftig.
„Ach so“, sagte P.F.O.T.E. erleichtert.
Er nahm Anlauf und sprang in den Fluss.
Das Bällchen war schon weit abgetrieben, aber P.F.O.T.E. paddelte mit allen vieren aus Leibeskräften hinterher. Was für ein Glück, dass er die beiden Kinder getroffen hatte!
Von selbst hätte er sich niemals getraut, ins Wasser zu springen.
Und nun stellte sich heraus, dass er hervorragend schwimmen konnte.
Das Wasser war angenehm kühl und er fühlte sich ganz leicht.
Ein schwarzer Vogel segelte dicht über der Wasseroberfläche dahin und hätte P.F.O.T.E. beinahe gestreift.
P.F.O.T.E. sah ihm sehnsüchtig nach.
Ich muss die Kinder fragen, ob ich auch fliegen kann, dachte er, und bei diesem Gedanken schlug sein Herz so schnell, dass ihm beinahe seine vier strampelnden Beine durcheinandergeraten wären.
Endlich hatte er das Bällchen eingeholt.
Er fasste es vorsichtig mit der Schnauze und sah sich um.
Es war nicht so einfach, gegen die Strömung zurückzuschwimmen.
Er entschied sich für den direkten Weg zum Ufer.
An Land angekommen, schüttelte er sich und rannte zurück zu der Stelle, an der er die Kinder zurückgelassen hatte.
„Das war super!", keuchte er und warf Flip den Ball vor die Füße. „Können wir das morgen noch mal machen?"
„Okay", sagte Flip.
Er wollte das Bällchen wieder einstecken, entschied sich aber dagegen. Es war ganz nass und durchgekaut.
„Wenn du willst, lasse ich dir den Ball da", schlug er stattdessen vor. „Du kannst heute Nacht darauf aufpassen.“
„Wie schön!", jubelte P.F.O.T.E. „Dann bin ich nicht so allein!“
Er hob das Bällchen wieder auf und legte es sorgfältig an einer anderen Stelle ins weiche Gras.
„Dann bis morgen", sagte Janne. „Geh auf keinen Fall weg, sonst finden wir dich nicht wieder."
„Auf keinen Fall", versicherte P.F.O.T.E.
„Tschüs dann", sagte Flip.
Beide streichelten P.F.O.T.E., bevor sie davongingen.
P.F.O.T.E. sah ihnen nach.
Als Janne und Flip um die Wegbiegung verschwanden, hatte er ein Gefühl, als zerreiße es ihn in zwei Teile: Ein Teil von ihm wollte lieber am Fluss bleiben und nicht angebunden werden. Der andere Teil von ihm aber wollte bei den beiden Kindern bleiben – egal, was passierte.
P.F.O.T.E. setzte sich hin und legte das Bällchen sanft ins Gras.
„Es ist gar nicht so leicht, ein weggelaufener Hund zu sein", vertraute er dem Bällchen an.
Aber das Bällchen hatte dazu nichts zu sagen.
Janne und Flip hatten ein ähnliches Kummergefühl im Bauch wie P.F.O.T.E.
Sie gingen ganz langsam und sahen sich immer wieder um.
„Und wenn er morgen nicht mehr da ist?“, fragte Flip alle zwanzig Schritte.
„Er ist bestimmt noch da“, antwortete Janne, um sich selbst zu überzeugen.
„Und wenn doch nicht?"
„Dann kommt er irgendwann wieder", sagte Janne. „Oder wir suchen ihn."
„Vielleicht sollten wir umkehren und ihn überreden, bei uns zu schlafen", sagte Flip.
„Auf keinen Fall!", rief Janne laut, denn sie hatte dieselbe Idee gehabt und wollte es nicht zugeben.
Sie kehrten nicht um. Sie gingen langsam, jedoch ohne Umwege nach Hause.
Aber dabei konnten sie natürlich über nichts anderes reden als über P.F.O.T.E.
Es war schwer, fast unmöglich, Mama und Papa nichts von ihm zu erzählen, aber sie hatten vereinbart, dass der Hund erst einmal ihr Geheimnis bleiben musste.
Sicher würden die Eltern gleich wieder darüber reden, dass ein Hund Geld und Zeit kostete und eine große Verantwortung war.
Das wollten Flip und Janne jetzt bestimmt nicht hören.
Sie konnten kaum etwas essen.
Mama wurde misstrauisch und legte Janne eine Hand auf die Stirn, um zu überprüfen, ob sie Fieber hatte.
„Vielleicht ein bisschen viel Sonne", meinte sie.
„Ich gehe in unser Zimmer“, murmelte Janne.
Flip folgte ihr.
Er setzte sich an den Schreibtisch und malte ein großes Bild von ihrem perfekten Hund.
Das hängte er sich übers Bett.
So konnte er vielleicht von P.F.O.T.E. träumen.
Janne konnte gar nicht träumen, denn sie konnte nicht einmal einschlafen.
Auch als es schon ganz dunkel war, stand sie immer wieder auf, trat ans Fenster und starrte in den Garten.
P.F.O.T.E. war ihnen nicht gefolgt.
Vielleicht hatte er die beiden Kinder schon vergessen.
Oder er war nach Hause in sein Labor zurückgekehrt.
Jannes Brust wurde ganz eng bei diesem Gedanken.
Sie presste die Stirn an die kalte Fensterscheibe und schloss die Augen.