Tanzt lustig den Reigen und dreht Euch im Kreise. –
Mitten im zierlichen Tanz stehen die heiligen Weiblein bewundernd vor dem schönen, nackten Leib des Antinous, dem offenbarenden Mund des heiligen Johannes entströmen Worte der Begeisterung über die Wunder der Weibesschönheit, der heilige Paulus seufzt: »Hieße ich doch noch Saulus!«, und der heilige Petrus rasselt mit den Himmelsschlüssel-Castagnetten dazu. Und sie schwingen sich im Kreise, daß die heiligen Gewänder fliegen, die heiligen Bärte wehen und der heilige Schweiß von den heiligen Stirnen rieselt. –
Bim, bim – bim, bim! Horch! Ein Glöcklein! Das Vesperglöcklein der St. Sebalds-Kirche.
Schlaff sinkt der heiligen Schar der Arm, es stockt der Fuß – starren Auges schauen sie zur Thür. Da steht eine hagere Mönchsgestalt in brauner Kutte und winkt mit langem, dürrem Finger und bim, bim, – bim, bim, tönt's Glöcklein wieder. Stark wie Riesenarme ist die Macht der Gewohnheit! Dahin stürzen sie, die lieben Heiligen alle, in atemloser Hast sich überstürzend, überkugelnd. –
»Zur Vesper, zur Vesper!«
Und der heilige Paulus-Saulus wendet sein bärtig Antlitz:
»Ueber ein Weilchen werdet Ihr uns nicht mehr sehen, und über ein Weilchen werdet Ihr uns wiedersehen, wenn – wir die Vesper gesungen!«
Ein lustig schallendes »Evoe!« antwortet ihm und – bim, bim – bim, bim tönt's Glöcklein von der St. Sebalds-Kirche. – –
Banges Stöhnen, sanftes Klagen, todesmüde Laute dringen an mein Ohr:
»Tod, was eilest Du? Nimmer begehr' ich Dein!« dringt's über die bleichen Lippen des sterbenden Sklaven Michel Angelos, und bang sinken seine schönen Glieder ineinander.
»Wohl brannte die heiße Sonne Italiens erbarmungslos auf mich nieder, wohl sengte sie mir mein Hirn, meine Seele; wohl fühlte ich die scharfe Peitsche auf meinen nackten Schultern, wohl schnitten mir rauhe Flüche ins Herz – aber ich lebte doch, und mit mir die Hoffnung! Bei den mitleidsvollen Strahlen der Sonne dachte ich an kühle Eichenhaine, beim Brausen des Sirocco an das Rauschen meines Nordlandmeeres, unter Blüten und Früchten und ewig blauem Himmel an Eis und Schnee, an Sturm und Regen. Und wenn die Peitsche des Vogts klatschend auf mich fiel, da – in meinen Gedanken – kühlte lieb Mütterleins Hand ihr Brennen und meines süßen Liebs Mund küßte mein Herz gesund. –
»Tod, zögere noch! Laß mir die Hoffnung, laß mir das Leben! Tod, warum kommst Du!« –
»Stirb doch! Dann bist Du frei!« antwortet ihm eine rauhe Stimme, und es rasselt wie von Ketten, dumpfes Stöhnen entringt sich der Brust seines gefesselten Kameraden neben ihm. –