Nun wird es lebendig um mich her; allüberall aus den Winkeln und Ecken, die Treppen hinauf, hinunter kommt's gehuscht, geflogen, gekichert. Nackte, liebliche Mädchengestalten, üppige Weiber, bockshörnige Faune, tapfere Krieger, die vor Troja gefochten, ernstblickende Römer – alles wirbelt lustig durcheinander und sie umtanzen den schlafenden Faun, sie kitzeln ihm die Seiten und zausen ihm die Haare, sie halten ihm den würzigen Griechenwein unter die Nase und lachen ihm ein lustig Lachen in die Ohren, bis er die sehnigen Glieder reckt und streckt – da steht er mitten unter ihnen und dreht sich im wilden Reigen. Wie der Jubel sie alle begeistert, wie die tolle Lust sie hinzieht in ihr Freudenreich! Sieh' den alten Sokrates – mühsam kriecht er aus der Verzierung des römischen Sarkophags heraus, umgeben von den lieblichen Musen; Terpsichore tanzt Ballett, und da stehen Seneca und Demosthenes und Pindar und Cäsar und viele alte Kahlköpfe und sehen zu. Mit mächtigem Satz springt der borghesische Fechter in die Tanzenden hinein, eine weichhäutige Nymphe hoch in die Lüfte schwingend, die Ringkämpfer lassen ihren Zorn und stimmen in das fröhliche Gelächter ein; die beiden schlanken Discus-Werfer schleudern ihre metallscheibe geschickt über die Köpfe der neun Musen hinweg, daß die alten Herren entsetzt von ihnen zurückweichen, und mein schwermütiger, holder Antinous küßt die schwellenden Lippen der liebetrunkenen, kleinen Bacchantin.
Majestätisch ernst sehen die drei Parzen vom Parthenon in das Getümmel und Helios lächelt siegreich von seinem Sonnenwagen hernieder. Frau Venus steht als Sonnenkönigin mitten unter den Jubelnden in aller Pracht und lächelt ihrem Volke voll Huld.
Und die Dichterin Sappho öffnet ihren liederreichen, holdseligen Mund und flüstert schmachtend:
»Die Du thronst auf Blumen, o Schaumgeborene,
Tochter Zeus, listsinnende, höre mich rufen!«
Und da, ach, siehe da – die kokett verhüllte Göttin der Schamhaftigkeit sinkt sehnsuchtsvoll in die geöffneten Arme eines kräftigen, schöngestalteten Fauns. – Dacht' ich's doch! –
Ja, sogar die Tiere stimmen ein in die allgemeine Fröhlichkeit: die Schlangen des Laokoon lassen ab von ihren Opfern – des Vaters Stirn blickt heiter nun, und die sanften Knaben fürchten sich nicht mehr – und unterhalten sich mit der Eidechse des schönen Appollo, des Eidechsentöters, dessen Körper etwas von der Geschmeidigkeit der Lacerte an sich hat – und der Panter des Bacchos (der Riesenkater) lauscht grimmig-herablassend dem Gespräch.
Doch, was ist das? Fürwahr, eine seltsame Prozession: langsam ziehen sie einher, im ehrbaren Reigen sich schwingend, gravitätisch-lüstern die Blicke um sich werfend, und jeder am Arme ein sittsam Dämchen mit unendlich vielen Kleidern – zimperlich geschürzt mit geübter Rechten.
Wahrhaftig, die zwölf Apostel sind's an der St. Sebalds-Kirche und irgend welche heilige Damen, die hoch oben im Christenhimmel thronen, haben sie sich zum Heidentanz engagiert.
So ist's recht! Hebt die Füße, streckt die Arme, hierhin, dorthin, auf und ab!