»Los! Da vorne ist einer!«, rief der Regentropfen seinen Gefährten zu, während sie sich halsbrecherisch zur Erde hinab stürzten. »Ich treffe ihn mitten ins Auge!« jubelte er und gab noch einmal richtig Gas, während er auf den Menschen unter sich zusteuerte.
In diesem Moment raste ein weiterer Regentropfen an ihm vorbei. »Ich nehme mir den mit der Brille vor. Wetten, dass ich an dem Ding vorbei komme?«
Das traute ihm niemand zu. Das Manövrieren an einer Brille vorbei war die absolute Königsdisziplin, die nur die wenigsten Regentropfen beherrschten.
»Das schaffst du nie!«, rief ihm der Erste hinterher. »Du prallst am Glas ab und landest im nächsten Gully.«
Ein lautes Lachen ging durch den wolkigen Himmel. Trotzdem wurden ganz fest die Daumen gedrückt
Die Regentropfen rasten weiter überholten sich immer wieder gegenseitig und wurden mit jeder Sekunde schneller. Sie kamen den Menschen immer näher.
Zack! Der erste Regentropfen war gelandet. Er jubelte laut, während ein kleines Mädchen zu weinen begann und versuchte, ihn irgendwie aus ihrem Auge zu wischen.
Die Jubellaute wurden immer mehr. Mal wurde eine alte Frau, dann ein junger Mann. Jetzt fehlte nur noch der waghalsige Tropfen, auf den alle gespannt hinab blickten. Es fehlten nur noch wenige Meter. Immer wieder musste er seinen Artgenossen ausweichen. Doch dann hielt er genau auf den Spalt zwischen Kopf und Brillengestell zu. Nun konnte nichts mehr schief gehen. Er würde es schaffen und mitten im Auge landen.
In diesem Moment hob der Mensch unter ihm den Kopf, öffnete den Mund und streckte seine Zunge weit heraus.
»Nein!«, schrie der Regentropfen panisch. »Nein! Mach den Mund wieder zu. Lass das sein.«
Es war zu spät. Der Regentropfen klatsche auf die Zunge und wurde erbarmungslos geschluckt.