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德语故事:Eine Freundin für Anne

时间:2009-09-11来源:互联网 字体:[ | | ]  进入德语论坛
(单词翻译:双击或拖选) 标签: 故事 德语 und sie die Anne
Nachdenklich stand die zehnjährige Anne mit ihrem Rollstuhl auf dem schmalen Steg der fast bis zur Mitte des kleinen idyllisch gelegenen Weihers hineinragte, und sah den Wildenten zu die sich im Wasser laut schnatternd um sie herum versammelt hatten, um gierig nach den kleinen Brotstückchen zu schnappen, die das Mädchen ihnen zuwarf.
Seit fünf Jahren lebte sie nun schon hier in diesem kleinen Bauerndorf, das eingebettet lag in sanft schwingende Hügel mit saftig grünen Wiesen, und goldgelben von der Sonne verbrannten Getreidefeldern.
Anne war für eine Zehnjährige ein sehr trauriges und ein viel zu ernstes Mädchen. Sie lebte still und zurückgezogen bei ihrer etwas ältlichen Großtante, die sie damals als einzige verbleibende Verwandte bei sich aufgenommen hatte.
Damals, das war vor fünf Jahren. Es war der Tag an dem das Schicksal auf grausamste Weise zugeschlagen hatte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen wie jedes Mal, wenn sie über diesen grässlichen Autounfall nachdachte. Immer und immer wieder spulte vor ihrem geistigen Auge der gleiche Film ab.
Es passierte auf dem Heimweg. Es war schon dunkel, als plötzlich ein schlimmes Unwetter losbrach. Blitze zuckten vom Himmel, und ein mächtiger Sturm peitschte über die regennasse Fahrbahn. Dann, als sie gerade aus einer Kurve kamen, lag ein entwurzelter Baum quer über der Straße. Annes Vater sah das Hindernis zu spät. Der Wagen geriet ins schleudern und überschlug sich. Für ihre Eltern gab es keine Rettung mehr. Anne überlebte den Unfall schwer verletzt. Aber sie war gelähmt und für immer an den Rollstuhl gefesselt. Mit der Zeit resignierte sie und zog sich immer mehr zurück.
Schuld daran waren aber auch die Dorfkinder. Für die Mädchen war Anne eine Außenseiterin. Sie wussten mit ihr nichts anzufangen. Für sie war Anne einfach nur langweilig. Ein Mädchen mit dem man nichts unternehmen konnte. Folge dessen bemühten sie sich erst gar nicht um sie. Außerdem befremdete sie der Rollstuhl. Und für die Jungs war Anne nur die Behinderte. Die man auch mal, wenn man Lust hatte, ärgern konnte. Anne hatte sich daran gewöhnt allein und ohne Freunde zu sein. Aber zum Glück gab es den Weiher. Hierher kam sie immer, wenn sie es nicht mehr aushielt. Hier bei den Wildenten rückte ihr schweres Los, wenigstens für eine kurze Zeit etwas in den Hintergrund.
Eines Tages als Anne wieder einmal gedankenverloren den Enten zusah, hörte sie hinter sich auf dem Steg leise Schritte. Neugierig drehte sie sich um. Ein fremdes Mädchen kam freundlich lächelnd auf sie zu.
"Hi, ich bin Julia. Und wer bist du", wollte die Fremde wissen. Misstrauisch sah Anne das Mädchen an das ungefähr in ihrem Alter war.
"Ich heiße Anne", sagte sie und betrachtete argwöhnisch ihr Gegenüber. Doch dann siegte ihre Neugier.
"Bist du neu zugezogen? Ich habe dich hier noch nie gesehen." Julia winkte lachend ab.
"Nein meine Tante Emelie wohnt hier. Ich verbringe die Ferien bei ihr. Aber sag mal", wollte Julia dann wissen. "Warum bist du denn ganz alleine hier? Ist das nicht zu gefährlich? Ich meine mit dem Rollstuhl und so. Wo sind denn die anderen Kinder?" "Die meisten sind im Urlaub", entgegnete Anne. "Aber es spielt keine Rolle ob sie da sind oder nicht ", fuhr Anne fort. "Sie mögen mich nicht, und deshalb werde ich immer alleine hier sein." Julia irritierte diese harte Aussage und fragte deshalb nach.
" Was meinst du damit sie mögen dich nicht. Wie soll ich das verstehen?" "Ach", seufzte Anne, "Ich sitze im Rollstuhl, bin behindert und deshalb für sie langweilig. So einfach ist das." "Aber", entrüstete sich Julia, "das ist doch wohl das Allerletzte, so einen Unsinn habe ich ja noch nie gehört. Ein totaler Blödsinn. Das sind doch nur Äußerlichkeiten. Was wirklich zählt ist der Mensch. Auf jeden Fall ist das meine Meinung." Julia gefiel Anne. Sie war das krasse Gegenteil von Ihr und strotzte nur so vor Selbstvertrauen. Kein Vergleich mit den Mädchen aus dem Dorf. So wie Julia, so wäre Anne gerne gewesen. Dann hätte sie sicher keine Probleme mit den anderen Kindern.
Julia hatte es sich inzwischen auf dem Steg bequem gemacht, und ließ ihre Beine ins Wasser baumeln.
"Es ist echt schön hier", bemerkte sie. "Kein Vergleich mit der Stadt in der ich wohne. Du kannst dir nicht vorstellen wie stressig das manchmal ist. Wenn ich nur an den Schulbus denke mit dem ich jeden Tag fahren muss. Der ist total überfüllt." Anne lauschte gespannt der Erzählung. Sie wagte nicht zu unterbrechen. Es war wie beim Enten füttern. Mit jedem Wort das sie aufnahm, verloren sich ihre Nöte im Nichts.
"Und dann die vielen Menschen auf den Straßen", erzählte Julia weiter. "Sie hetzen in die Innenstadt, als würde es dort alles umsonst geben. Du kannst mir glauben. Ich bin froh, dass ich mal ein paar Wochen hier auf dem Land bin." "Wirklich", fragte Anne und sah Julia ungläubig an. "Aber was ist mit deinen Freundinnen. Vermisst du sie nicht?" Julia winkte ab.
"Ach, das sind doch keine Freundinnen. Es sind Schulkameradinnen. Allenfalls gute Bekannte. Ich vermisse sie nicht." Die Mädchen unterhielten sich so gut, dass sie nicht bemerkten wie die Zeit verrann. Aber irgendwann ist es eben Zeit nach Hause zu gehen. Beim Abschied verabredeten sie sich für den nächsten Tag an der gleichen Stelle.
Von nun an waren die zwei Mädchen jeden Tag zusammen.
Eines Tages beschlossen sie mal wieder zum Weiher zu gehen. Als sie näher kamen, sahen sie drei Jungs die am Ufer standen. Ihre Fahrräder hatten sie auf dem Steg abgestellt. Annes Mine verfinsterte sich und mit einem Ruck zog sie die Bremse an ihrem Rollstuhl an.
"Komm lass uns woanders hingehen", forderte sie Julia auf.
"Aber warum denn Anne, was hast du denn", fragte Julia verständnislos.
"Das sind die Mayer – Jungs", betonte sie. "Ihre Eltern besitzen den größten Hof hier im Dorf. Das sind die, die mich ärgern und sich dann über mich lustig machen." "Hab keine Angst vor Ihnen. Lass mich nur machen." Die Jungs standen am Ufer und warfen Steine nach den Enten.
"He", rief Julia laut. "Räumt mal eure Fahrräder zur Seite. Wir wollen auf den Steg." Überrascht drehten sich die Jungs um. Als sie sahen wer da auf den Steg wollte, sagte der Ältere von ihnen:
"Schau schau, die Behinderte und ihr Wachhund." Julia blieb gelassen.
Frech grinste er ihr entgegen. "Der Steg ist für Rollstühle gesperrt. Ihr könnt wieder gehen." "Wie bitte", fragte Julia mit scharfem Unterton und griff nach dem ersten Rad, um es zur Seite zu schieben. Der Junge begriff was Julia vorhatte, und stürmte wütend auf sie zu.
Darauf hatte sie gewartet. Wie zufällig streckte sie ihren Fuß vor, und der Junge landete bäuchlings im Sand. Blitzschnell war Julia über ihm und stellte ihren Fuß auf seinen Rücken.
"Das kommt davon, wenn man sich mit einem Wachhund anlegt", sagte sie triumphierend.
"Und nun verschwindet und lasst uns alleine." Überrascht und mit hochrotem Kopf rappelte er sich schnell auf, nickte seinen Brüdern zu und zog mit ihnen davon.
"Wage es ja nicht, meine Freundin noch einmal zu ärgern", rief ihm Julia wütend hinterher. Anne saß mit bleichem Gesicht in ihrem Rollstuhl und zitterte am ganzen Körper. Leise fragte sie:
"Sag mal, hattest du denn keine Angst?" Julia hatte sich wieder abgeregt und lächelte Anne an.
"Ich verrate dir ein Geheimnis. Seit einem Jahr, besuche ich einen Selbstverteidigungskurs. Und heute konnte ich endlich einmal einen von meinen Tricks ausprobieren. Aber mal im Ernst. Sehe ich aus wie ein Wachhund?" Beide prusteten los und machten sich darüber lustig.
Julia ließ sich immer wieder etwas Neues für Anne einfallen. Mal überraschte sie ihre Freundin mit einem Picknick, ein anderes Mal machten sie lange Spaziergänge, bei denen Julia selbstverständlich den Rollstuhl schob. Inzwischen hatte sie auch gelernt, wie sie Anne gefahrlos aus dem Stuhl heben konnte. Dann saßen sie stundenlang auf einer duftenden Blumenwiese und beobachteten die bunten Schmetterlinge, die durch die warme Sommerluft tanzten, unterhielten sich über dieses und jenes und hatten sehr viel Spaß dabei.
Anne hatte sich verändert. Sie lachte viel, und konnte sich über jede Kleinigkeit riesig freuen.
Mit Julias Hilfe gelang es ihr mit ihrem schweren Los besser umzugehen. Und ohne dass es sonderlich auffiel, war zwischen den Mädchen ein festes Band der Freundschaft gewachsen.
Die Zeit verrann wie im Flug. Das Ende der Sommerferien kam immer näher. Julia bemerkte, dass Anne immer stiller wurde.
"Was ist mit dir", fragte sie besorgt.
"Ich bin traurig weil du morgen wieder nachhause fährst und alles vorbei ist." "Aber nein Anne. Wer sagt denn so etwas. Du bist doch meine beste Freundin", betonte Julia.
"In ein paar Wochen wenn die Herbstferien sind, dann komme ich wieder. Und in der Zwischenzeit werden wir miteinander telefonieren und uns ganz viele Briefe schreiben." Julias Worte waren Balsam für Anne. Sie konnte sogar schon wieder ein wenig lächeln.
Die paar Wochen Schule würden schnell vergehen. Für sie zählte nur noch eines.
Sie war nicht mehr alleine. Dank ihrer einzigartigen Freundin Julia.
 
Der Abschied von Julia fiel Anne doch schwerer als sie geglaubt hatte. Immerhin hatten sie fast die ganzen Sommerferien miteinander verbracht. Doch nun kehrte die Einsamkeit zu ihr zurück, und gleichzeitig die Angst. Angst vor der Schule und Angst vor den Kindern aus dem Dorf.
Der erste Schultag glich einer Katastrophe. Am schlimmste war die große Pause. Kein Hallo, oder wie geht es. Das Gegenteil war der Fall. Die Mädchen schlossen sich zu kleinen Gruppen zusammen und erzählten sich lautstark ihre Urlaubserlebnisse. Anne musste mit ihrem Rollstuhl um sie herumfahren, denn sie wichen keinen Zentimeter zur Seite.
"Ja, da war ein Mädchen aus der Stadt", hörte Anne beim vorbeifahren, Margit zu Sandra sagen. Neugierig fuhr sie etwas langsamer. Aber die zwei Freundinnen hatte sie schon bemerkt und sprachen noch ein wenig lauter.
"Die Fremde soll sogar den Michael von den Mayer - Jungs verdroschen haben. Angeblich hat sie die ganzen Ferien mit der da verbracht." Dabei deutete sie auf Anne.
"Nun ja" antwortete Sandra, "die hat sich halt erbarmt. Das war bestimmt etwas Neues für sie. Man trifft ja schließlich nicht jeden Tag auf eine Behinderte. Die kommt sicher nicht mehr hierher." Dann steckten sie die Köpfe zusammen und amüsierten sich darüber.
Anne war schockiert. Sie beeilte sich so schnell wie möglich von hier weg zukommen.
Das war gemein. Aber vielleicht hatten sie auch Recht.
Das Gespräch tat seine Wirkung. Annes Stimmung sank auf den Nullpunkt. Nach dem Unterricht fuhr sie sich so schnell wie möglich nachhause. Ihre alte Verfassung war zurückgekehrt. Da läutete das Telefon. Annes Tante nahm den Hörer ab.
"Hallo? Ja natürlich, sie ist hier. Einen Moment bitte." Annes Herz klopfte bis zum Hals. "Das ist Julia", dachte sie und hörte auch schon wie die Tante nach ihr rief.
Anne konnte ihre Freude kaum verbergen als sie Julias Stimme hörte. Sofort erzählte sie ihr was sie heute gehört hatte. Julia konnte darüber nur lachen.
"Lass sie doch reden", riet sie der Freundin. "Wir zwei wissen es besser." Die Mädchen telefonierten eine geschlagene Stunde miteinander. Die Tante wunderte sich, dass man so viel reden konnte. Es war ja erst zwei Tage her seit Julia wieder zuhause war.
Aber es war gut so. Julia war ein nettes Mädchen und tat Anne gut. Seit der Bekanntschaft mit ihr, war Anne so richtig aufgeblüht.
Nun, die Ferien waren vorbei und das normale Leben hielt wieder Einzug.
Die Mädchen telefonierten regelmäßig miteinander und ansonsten schrieben sie sich Briefe.
Die paar Wochen bis zu den Herbstferien vergingen doch recht schnell.
Julia hielt das Versprechen das sie Anne gegeben hatte. Am Weiher, wo ihre Freundschaft begann, wollten sie sich wieder treffen.
Anne war viel zu aufgeregt als dass sie noch länger hätte warten können. Ganz früh war sie zum Weiher gefahren und wartete. Und als hätte sie es gewusst, strahlte die Sonne an diesem Herbstmorgen mit dem Mädchen um die Wette.
Ungeduldig fuhr sie am Ufer auf und ab. Immer wieder schaute sie den schmalen Feldweg entlang der zum Weiher führte.
Endlich. Mit leichtem schnellem Schritt kam Julia auf sie zugelaufen und breitete ihre Arme aus. Die Wiedersehensfreude kannte keine Grenzen.
Die Mädchen umarmten und herzten sich, als wäre inzwischen ein ganzes Jahr vergangen.
 
Die kommenden zwei Wochen gehörten Ihnen. Gewiss, die Zeit war kurz. Aber lange genug um einiges in Ordnung zu bringen.
Am meisten störte Julia die Sache mit den anderen Mädchen. Sie ließ Anne wissen, wie sie darüber dachte und was sie vorhatte. Anne willigte schließlich ein. Ein Versuch war es wert.
Am nächsten Tag schob Julia ihre Freundin durch das Dorf in Richtung Marktplatz. Wenn man Margit und Sandra finden wollte, dann hier. Und wirklich. Sie saßen auf einer Bank und unterhielten sich. Als Julia mit dem Rollstuhl auf sie zusteuerte, unterbrachen sie sofort ihr Gespräch und schauten neugierig den Freundinnen entgegen.
Resolut wie Julia eben war, stellte sie die Bremse des Rollstuhls fest und sagte:
"So, da wären wir. Ich bin Julia die Fremde aus der Stadt, und das ist meine Freundin Anne." Wobei sie die Betonung absichtlich auf das Wort Freundin legte.
Margit und Sandra sahen sich verdutzt an. Dann ergriff Margit das Wort.
"Was willst du denn von uns?" Anne fühlte sich in diesem Moment äußerst unwohl. Sie bereute schon, dass sie sich darauf eingelassen hatte. Währenddessen sah Julia fest entschlossen Margit an und sagte:
"Eigentlich wollte ich nur mal sehen wie Mädchen aussehen, die so überheblich und von sich selbst überzeugt sind, dass sie sich das Recht herausnehmen über Andere zu urteilen und sie zur Seite schieben. Ich will nur eines von euch wissen. Was hat Anne euch getan?" Margit und Sandra waren verblüfft. Damit hatten sie nicht gerechnet. Julia hatte ihnen mit ein paar treffenden Worten den Wind aus dem Segel genommen. Sandra zupfte nervös an ihrem T-Shirt und sagte:
"Sie hat uns nichts getan. Aber so wie sie in ihrem Rollstuhl sitzt und sich immer alles gefallen lässt, wird sie automatisch zum Opfer." "Und ehrlich gesagt", meldete sich Margit, "glauben wir nicht, dass man mit ihr Spaß haben kann." Julia platzte fast vor Wut. So fadenscheinige Argumente waren ihr noch nie untergekommen. Sie sah die zwei Mädchen an und meinte nur:
"Eigentlich müsstet ihr mir Leid tun. Ihr behandelt Anne als Mensch zweiter Klasse. Dabei ist sie viel mehr wert als ihr Zwei zusammen. Denkt einmal darüber nach. Komm Anne, wir gehen. Wir haben hier nichts mehr verloren." Sie löste die Bremse des Rollstuhls, und schob ihn mit stolz erhobenem Kopf davon.
"Denen hast du es aber gegeben", bemerkte Anne und entspannte sich langsam.
"So bin ich nun mal", meinte Julia. "Wenn mich etwas ärgert, dann muss ich es loswerden. Ich glaube aber nicht, dass es etwas genutzt hat. Ich finde, die Beiden sind einfach nur dumm." Julia hatte, weil das Wetter besonders schön war, vorsorglich ihre Badmintonschläger eingepackt. Sie wollte Anne beibringen wie man damit spielt. Die schüttelte nur den Kopf als sie die Schläger sah.
"Sag mal, wie stellst du dir das vor? Das kann ich nicht", widersprach sie.
Julia lachte nur.
"Oh doch. Du kannst. Du bist mit dem Rollstuhl so geschickt, dass ich da überhaupt keine Probleme sehe." Es dauerte zwar eine Weile bis Anne den Federball traf, aber dann nach einiger Zeit, wurde sie immer sicherer und traf immer öfter. Und mit einem Mal machte es ihr sogar richtig Spaß.
"Ich habe es gewusst. Du kannst es", jubilierte Julia und umarmte sie stürmisch.
 
Julias Vorwürfe waren an Margit nicht spurlos vorübergegangen. Sie sprach mit Sandra darüber. Auch sie hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen. Auf einmal kamen sie sich richtig schäbig vor. Ihr Verhalten Anne gegenüber war alles andere als lobenswert. Sie beschlossen zu Anne zu gehen um sich zu entschuldigen. Vielleicht würde sie ihnen verzeihen.
Als sie vor Annes Gartentor standen, blieb ihnen vor staunen erst einmal die Sprache weg.
Julia und Anne spielten Badminton. Margit stieß Sandra an.
"Sag mal träume ich, oder ist das wirklich." "Wir träumen nicht", sagte Sandra trocken.
Als Julia die Beiden bemerkte unterbrach sie das Spiel.
"Anne schau mal. Du hast Besuch bekommen." Anne nahm all ihren Mut zusammen, und scheinbar gelangweilt fragte sie:
"Habt ihr euch verlaufen? Kann ich euch irgendwie helfen?" Margit räusperte sich.
"Äh nein. Wir haben uns nicht verlaufen. Wir sind gekommen um uns für unser Verhalten bei dir zu entschuldigen. Es wäre schön, wenn du die Entschuldigung annehmen würdest." Damit hatte Anne wirklich nicht gerechnet. Aber weil sie ein friedliebender Mensch war, verzieh sie den Beiden. Den Rest des Tages verbrachten sie gemeinsam.
Soweit war für Anne alles in Ordnung. Sie hatte eine super Freundin, und vor den anderen Kindern brauchte sie keine Angst mehr haben.
Als die Ferien zu Ende gingen und Julia wieder abreiste, hatte sie noch eine schöne Überraschung für Anne.
"Wie würde es dir gefallen, wenn du das Weihnachtsfest mit mir zusammen verbringen könntest." "Du meinst bei dir in der Stadt", fragte Anne ungläubig.
"Ja. Ich lade dich herzlich dazu ein. Meine Eltern werden mit deiner Tante noch alles besprechen. Kommst du?" "Das kannst du mir aber glauben. Und ob ich kommen werde", freute sich Anne.
"Schön Anne. Ich freue mich. Stell dir das mal vor, wenn wir zwei vor einem Christbaum stehen. Oh, jetzt muss ich mich aber beeilen. Sonst fährt der Zug ohne mich los." Julia und Anne verabschiedeten sich auf ihre herzliche Weise. Anne drückte Julia ganz fest an sich. "Danke Julia. Danke für deine Freundschaft.
 
Julia und Anne hatten in der Zeit in der sie sich nicht sehen konnten wie üblich sehr viel telefoniert. So waren sie stets über alles informiert. Der Herbst war vorbei und der Winter stand vor der Tür. In der Nacht hatte es stark geschneit. Das Dorf in dem Anne zuhause war, versank unter einer dicken Schneedecke.
Margit und Sandra hielten ihr Versprechen und kümmerten sich, wenn es erforderlich war vorbildlich um Anne. So auch an diesem verschneiten Morgen. Den kleinen Umweg machten sie gerne, nur um Anne sicher zur Schule zu begleiten. Denn bei diesem vielen Schnee hatte sie mit ihrem Rollstuhl enorme Probleme.
Julia war hocherfreut als sie von der Hilfsbereitschaft der zwei Mädchen erfuhr.
Bei Julia in der Stadt sah es ganz anders aus. Die Innenstadt erstrahlte in festlicher Weihnachtsbeleuchtung, und über dem Weihnachtsmarkt lag der herrliche Duft von Lebkuchen, edlen Gewürzen und heißem Glühwein. Es war kalt. Aber weit und breit konnte man keine einzige Schneeflocke entdecken.
Julias Eltern hatten für Annes Besuch alles vorbereitet. Nun konnte es losgehen. Dank Annes aktuellem Wetterbericht waren sie bestens ausgerüstet.
Dick eingemummt mit Wollmütze, Schal, Handschuhen und einer flauschigen Decke über ihren Beinen, wartete Anne vor dem Haus. Die dicke Schneedecke und der leichte Schneefall verschlangen jedes Geräusch. Angestrengt lauschte sie in die Stille. War da nicht ein leises dumpfes Motorengeräusch? Doch. Sie hatte sich nicht getäuscht. Langsam bog ein dunkles schweres Auto in die Straße ein, die geradewegs zu Anne führte. Der Wagen stoppte, die hintere Tür wurde aufgestoßen und Julia stürmte auf Anne zu. Fast wären sie im Schnee gelandet, so stürmisch war die Begrüßung.
Dann stellte sie Anne ihren Eltern vor. Die waren äußerst angetan von dem Mädchen, und nahmen sie sofort freundschaftlich auf. Nachdem sich Annes Tante nochmals für die Freundlichkeit bedankt, und man sich anschließend verabschiedet hatte, wurde das Reisegepäck im Kofferraum des geräumigen Wagens verstaut. Die Eltern wollten noch einen Sprung bei Julias Tante vorbeischauen bevor es dann endlich losging. Die Mädchen nutzten die Gelegenheit und gingen noch kurz zum Weiher.
Julia schob Anne durch den tiefen Schnee. Das war ganz schön anstrengend. Aber dafür wurde sie reichlich belohnt. Ein traumhafter Anblick bot sich ihnen. Der kleine See war zugefroren, und die Sträucher und Schilfhalme die das Ufer säumten, waren übersät mit tausenden glitzernden Eiskristallen. Die kalte Wintersonne tat ihr übriges und ließ alles in weißsilbernem Glanz erscheinen. Die Mädchen hatten das Gefühl, mitten in einem wunderschönen Wintermärchen zu sein. Sie wagten kaum zu sprechen. Julia war überwältigt.
"Ist das schön", flüsterte sie. "So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen." "Hörst du die Stille Julia", fragte Anne leise. "So etwas findest du nur bei uns auf dem Land." Die Mädchen genossen noch eine Weile diesen wundervollen mystischen Anblick, und machten sich dann auf den Rückweg.
"Komm wir müssen gehen", meinte Julia. "Meine Eltern warten sicher schon auf uns".
So war es auch. Sie hatten gerade das Haus verlassen und standen wartend am Wagen.
"Ach da seid ihr ja", lachte ihnen Julias Vater entgegen.
"Komm Anne ich helfe dir aus dem Rollstuhl. Den verstauen wir im Kofferraum." Gerade wollte Julias Vater das Mädchen herausheben um sie ins Auto zu setzen, als Anne kreidebleich wurde. Sie zitterte am ganzen Körper.
"Nein nein ich kann nicht", stammelte sie. Julia sah entsetzt nach ihrer Freundin und wollte ihr helfen.
"Bitte lass mich. Ich habe Angst", schrie sie schon fast hysterisch. "Es schnürt mir die Kehle zu. Es wird einen schrecklichen Unfall geben. Wie vor fünf Jahren." Anne war inzwischen außer sich vor Angst. Sie hatte dicke Schweißperlen auf der Stirn und ihr Atem ging stoßweise. Sie hyperventilierte.
Julias Mutter sah sofort, dass Anne eine Panikattacke hatte.
"Schnell Julia", rief sie, eile ins Haus und bringe mir eine Papiertüte. Schnell beeile dich." Julia verstand nun gar nichts mehr. Für was in aller Welt brauchte ihre Mutter jetzt eine Tüte.
Trotzdem rannte sie so schnell sie konnte, und brachte ihrer Mutter das gewünschte. Sie hielt Anne die Papiertüte vor den Mund und befahl ihr tief einzuatmen, und dann langsam die Luft in die Tüte zu blasen.
Anne tat wie ihr geheißen. Nach einer Weile beruhigte sie sich, und atmete wieder normal. Aber jetzt bekam sie einen Weinkrampf und klammerte sich an Julia fest.
Die Erwachsenen beschlossen erst einmal ins Haus zu gehen. Je weiter sich Anne von dem Wagen entfernte, umso besser ging es ihr. Julias Tante bereitete inzwischen für die Mädchen erst einmal einen heißen Kakao, und für die Erwachsenen einen starken Kaffee zu. Dann verständigten sie Annes Tante, die sich natürlich gleich auf den Weg machte.
Anne ging es schon wieder besser. Sie entschuldigte sich.
"Das ist mir so peinlich. Aber ich weiß nicht was das war. Ich weiß nur, dass ich plötzlich Todesangst hatte." Julias Mutter klärte das Mädchen auf.
"Ist schon gut Anne. Wir verstehen das. Du hattest eine handfeste Panikattacke. Wahrscheinlich bist du von dem Unfall immer noch traumatisiert. In dem Moment als du in das Auto sitzen solltest, ist es zum Zusammenbruch gekommen." Sie streichelte Anne liebevoll übers Haar.
Julia wich nicht mehr von Annes Seite. Ihre Freundin tat ihr furchtbar leid. Sie wollte ihr helfen. Doch sie hatte keine Ahnung wie sie das anstellen sollte. Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie bat ihre Eltern zur Seite, und besprach mit ihnen was sie sich so vorstellte. Sie fanden Julias Vorschlag unter den gegebenen Umständen sehr gut. Ihr Vater meinte augenzwinkernd, "das hätte direkt von mir sein können", und gab ihr einen liebevollen Stups.
Sie gesellten sich wieder zu den Anderen, und Julias Vater verkündete ihr Vorhaben.
"Also hört mal alle zu. Wir haben beschlossen, natürlich wenn keiner etwas dagegen hat und wir eine Unterkunft bekommen, das Weihnachtsfest hier gemeinsam mit euch zu feiern. Wenn ich ehrlich bin, wollten wir das schon immer einmal machen. Weihnachten auf dem eingeschneiten Land. Herrlich." Dann fuhr er fort:
"Mein Frau und ich werden später zurückfahren, alles zusammenpacken, und morgen Vormittag sind wir wieder hier." Dann sah er Julia an. "Du bleibst bei Anne. Das ist dir bestimmt lieber als durch die Gegend zu fahren." Das war eine gute Idee. Alle waren begeistert. Aber am allermeisten freuten sich die Mädchen.
Am nächsten Vormittag, es war der 24. Dezember, als Julia gerade damit beschäftigt war für Anne einen Schneemann zu bauen, kamen die Eltern zurück. Der Vater meinte zu ihnen, es wäre doch recht gesund, wenn sie einen längeren Spaziergang machen würden. Die Schneeluft würde ihnen bestimmt sehr gut tun. Julia wusste sofort Bescheid und meinte lachend:
"Aha. Wir sind hier nicht erwünscht. Komm Anne wir gehen." Unterwegs bat Anne, falls sie die anderen Kinder treffen sollten, den gestrigen Vorfall nicht zu erwähnen. Sie wollte nicht zum Gesprächsthema werden. Für Julia war das selbstverständlich. Das war eine Sache die sonst Niemand etwas anging.
Am Marktplatz trafen sie Margit und Sandra.
"Ach, ihr seid wohl zuhause auch nicht erwünscht", stellte Julia amüsiert fest. Margit musste lachen und bestätigte ihre Vermutung.
"Das ist jedes Jahr das gleiche. Immer werden wir zum spielen rausgeschickt." "Das kennen wir schon", ergänzte Sandra.
"He, seht mal wer da kommt. Das sind doch die Mayer - Jungs", stellte Julia erstaunt fest.
Zur Bestätigung nickte Anne mit dem Kopf und meinte:
"Ja Michael und seine Brüder. Seit dem Vorfall im Sommer, als er die Begegnung mit Julia hatte, sind sie mir aus dem Weg gegangen." Die Jungs gesellten sich zu der Mädchengruppe.
"Dürfen wir", fragte Michael unsicher. "Wir sind zum spielen rausgeschickt worden." Die Mädchen mussten plötzlich lachen. Und wie aus einem Mund sagten sie.
"Wie jedes Jahr."
Michael trat von einem Bein auf das Andere. Gerade so als wolle er etwas loswerden und nicht wüsste wie er beginnen soll.
"Ach ja Anne was ich noch sagen wollte. Das vom Sommer tut mir leid. Du weißt schon. Das mit den Fahrrädern. Das war ziemlich blöd von mir. Bitte entschuldige." Anne winkte nur ab und meinte:
"Lass gut sein Michael. Ist schon in Ordnung." Julia aber konnte es sich nicht verkneifen und sagte:
"Deine Entschuldigung kommt ja reichlich spät. Aber besser spät als überhaupt nicht." Damit war das Thema nun endgültig erledigt.
Als Julia und Anne am späten Nachmittag zurückkamen, wurden sie gebeten sich hübsch anzuziehen, und dann vor der Wohnzimmertür zu warten.
Für Anne war das alles geheimnisvoll und sehr spannend. Sie konnte es kaum erwarten.
"Wo sind eigentlich deine Eltern und unsere Tanten", wollte sie gerade wissen, als hinter der Wohnzimmertür ein hell klingendes Glöckchen ertönte. Dann, wie von unsichtbarer Hand, öffnete sich die Tür.
Mitten im Zimmer stand ein großer herrlich geschmückter Weihnachtsbaum. Unzählige bunte Kugeln, goldfarbenes Lametta, bunte Sternchen und Schleifchen, und viele brennende Kerzen, ließen das ganze Zimmer in feierlichem Licht erscheinen. Ein großer leuchtender Stern zierte seine Spitze.
Unter dem Baum lagen viele Päckchen, liebevoll eingepackt und mit Schleifen verziert.
Anne blieb wie angewurzelt stehen. Sie war überwältigt von dem Anblick der sich ihr bot. Aber auch Julia war fasziniert. Es war anders als zuhause. Es war schöner und irgendwie feierlicher. Die Stimmung, der Geruch der Wunderkerzen, und Annes Augen die mit dem Weihnachtbaum um die Wette strahlten. Jeder konnte ihr ansehen wie glücklich sie war. Nachdem die Geschenke verteilt waren, hatte Julia noch ein Extrapäckchen für Anne. Sie öffnete es, und zwei silberne Ringe kamen zum Vorschein. In dem einen war Julia, und in den anderen war Anne eingraviert.
"Freundschaftsringe", entfuhr es Anne. "Das ist das allerschönste Geschenk für mich." Die Mädchen streiften sich die Ringe über und packten dann die anderen Geschenke aus. Dann wurde es Zeit für das Weihnachtsessen. Die Tanten hatten gemeinsam ein feines Weihnachtsmenü zubereitet. Es schmeckte Allen köstlich.
Nach dem Essen gingen sie zu der kleinen Kirche die mitten im Dorf stand. Sie wollten gemeinsam die Christmette feiern. Schon der Weg zur Kirche war ein einmaliges Erlebnis. Über ihnen leuchteten Millionen von Sternen und erhellten ihren Weg.
Der Schnee glitzerte und knirschte unter ihren Füßen. Und als dann die Glocken feierlich erklangen, um die Gläubigen zur Mette zu rufen, blickte Anne zum Himmel und dankte Gott, dass er Julia zu ihr führte.
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