Von Nanking aus, wo wir uns mit den nötigen Reisebedürfnissen versahen, schlugen wir die Richtung nach der nördlichen Hauptstadt des himmlischen Reiches ein. Diese Reise, welche wir teils zu Lande, teils zu Wasser zurücklegten, dauerte 25 Tage. Wir fanden überall das Land stark bevölkert und wohl angebaut, die Straßen und Wege in gutem Zustande. Endlich kamen wir in Peking an, ohne daß uns etwas Absonderliches widerfahren wäre. Leider konnten wir uns in der Stadt nicht lange umsehen, denn wir erfuhren, daß die russische Karawane, an welche ich mich mit dem Präriejäger anschließen wollte, schon binnen zwei Tagen aufbrechen werde. Bald hatten wir die fast endlose Stadt mit ihrer dreifachen turmreichen Umfassungsmauer und ihren unabsehbaren Straßen im Rücken.
Nachdem wir China durchwandert, dann auch in Sibirien einen Winteraufenthalt genommen hatten, regte sich in mir das Verlangen, England baldigst wiederzusehen; ich benutzte also die erste Gelegenheit, mich nach London einzuschiffen, wo ich am 10. Januar 1705 nach mehrjähriger Abwesenheit wohlbehalten eintraf.
Doch sollte es vorher nicht ohne ein kleines Abenteuer abgehen. Es war in Hamburg. Damals befand sich ganz Europa in Krieg wegen der spanischen Thronfolge. Die Russen, Dänen und Sachsen kämpften mit den Schweden, und England, Holland, Österreich und Italien mit Frankreich. Man brauchte viel Soldaten, warb daher junge Mannschaft oder raubte sie, wenn sie nicht freiwillig kommen wollten, mit Gewalt. Wir waren bereits auf dem Schiffe, konnten aber widriger Winde halber den Hafen nicht verlassen. Da sahen wir einen jungen Mann in ein Boot steigen, nach unserm Schiff rudern und auf dasselbe steigen. Vor dem Kapitän angekommen, bat er dringend um dessen Schutz. Er sagte, er sei ein Student aus Sachsen, habe eine Ferienreise machen wollen, sei aber von Werbern überfallen und fortgeschleppt worden, um in ein schwedisches Regiment gesteckt zu werden. Er habe durchaus keine Lust zum Kriegsdienste, sei entflohen und werde von der hamburgischen Polizei verfolgt. Nur in England glaube er auf Schutz rechnen zu dürfen und bitte daher, ihn mitzunehmen. Einige Fragen überzeugten den Kapitän von der Wahrheit der Aussage. Es schmeichelte unserm Stolze, daß ein englisches Schiff Zufluchtsstätte für unschuldig Verfolgte werden könne. Wir wehrten seinen Verfolgern daher den Zutritt zum Schiffe, und während des langen Unterhandelns drehte sich der Wind; alsbald fuhren wir ab und nahmen unsern Schützling mit nach England, von wo er später wohlbehalten über Holland heimgekehrt sein soll.
Meine Geschäftsfreunde, welche ich aufsuchte, gaben mir befriedigende Auskunft über mein zurückgelassenes Vermögen. Während mein letzter Geschäftsgenosse, Herr Wilson, noch in rüstigem Mannesalter nach Bengalen zurückkehrte, um dort durch Handelsgeschäfte sein Vermögen zu mehren, legte ich endlich, jetzt ein 72jähriger Greis, meinen Wanderstab nieder, um bei meinen beiden Kindern, die mir Gott gesund erhalten hatte, den Rest meiner Tage in Ruhe und Frieden zu beschließen und mich auf jene letzte Reise vorzubereiten, deren Ziel der Himmel ist.