MARGARETE.
Wären wir nur den Berg vorbei!
Da sitzt meine Mutter auf einem Stein,
Es faßt mich kalt beim Schopfe!
Da sitzt meine Mutter auf einem Stein
Und wackelt mit dem Kopfe
Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer,
Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr.
Sie schlief, damit wir uns freuten.
Es waren glückliche Zeiten!
FAUST.
Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen,
So wag ich’s, dich hinwegzutragen.
MARGARETE.
Laß mich! Nein, ich leide keine Gewalt!
Fasse mich nicht so mörderisch an!
Sonst hab ich dir ja alles zulieb getan.
FAUST.
Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!
MARGARETE.
Tag! Ja, es wird Tag! der letzte Tag dringt herein;
Mein Hochzeittag sollt es sein!
Sag niemand, daß du schon bei Gretchen warst.
Weh meinem Kranze!
Es ist eben geschehn!
Wir werden uns wiedersehn;
Aber nicht beim Tanze.
Die Menge drängt sich, man hört sie nicht.
Der Platz, die Gassen
Können sie nicht fassen.
Die Glocke ruft, das Stäbchen bricht.
Wie sie mich binden und packen!
Zum Blutstuhl bin ich schon entrückt.
Schon zuckt nach jedem Nacken
Die Schärfe, die nach meinem zückt.
Stumm liegt die Welt wie das Grab!
FAUST.
O wär ich nie geboren!
MEPHISTOPHELES (erscheint draußen).
Auf! oder ihr seid verloren.
Unnützes Zagen! Zaudern und Plaudern!
Mein Pferde schaudern,
Der Morgen dämmert auf.
MARGARETE.
Was steigt aus dem Boden herauf?
Der! der! Schick ihn fort!
Was will der an dem heiligen Ort?
Er will mich!
FAUST.
Du sollst leben!
MARGARETE.
Gericht Gottes! dir hab ich mich übergeben!
MEPHISTOPHELES (zu Faust).
Komm! komm! Ich lasse dich mit ihr im Stich.
MARGARETE.
Dein bin ich, Vater! Rette mich!
Ihr Engel! Ihr heiligen Scharen,
Lagert euch umher, mich zu bewahren!
Heinrich! Mir graut’s vor dir.
MEPHISTOPHELES.
Sie ist gerichtet!
STIMME (von oben).
Ist gerettet!
MEPHISTOPHELES (zu Faust).
Her zu mir!
(Verschwindet mit Faust.)
STIMME (von innen, verhallend).
Heinrich! Heinrich!