Tante Magda war onkel Vernons Schwester. Zwar war siekeine Blutsverwandte von Harry (dessen Mutter Tante PetuniasSchwester gewesen war), doch man hatte ihn gezwungen, sie dieganze Zeit »Tante« zu nennen. Tante Magda lebte auf demLand, in einem Haus mit großem Garten, wo sie Bulldoggenzüchtete. Sie kam nur selten in den Ligusterweg, weil sie esnicht übers Herz brachte, ihre wertvollen Hunde allein zu lassen,doch jeden ihrer Besuche hatte Harry in schrecklich lebendigerErinnerung.
Beim Fest zu Dudleys fünftem Geburtstag hatte TanteMagda Harry mit ihrem Gehstock auf die Schienbeine gehauen,damit er Dudley nicht mehr beim Bäumchen-wechsel-dich-Spielschlug. Ein paar Jahre später war sie zu Weihnachten mit einemfunkgesteuerten Senkrechtstarter für Dudley und einem KartonHundekuchen für Harry aufgetaucht. Bei ihrem letzten Besuchwar Harry versehentlich ihrem Lieblingshund auf den Schwanzgetreten. Ripper hatte Harry hinaus in den Garten und einenBaum hochgejagt und Tante Magda hatte sich bis nachMitternacht geweigert, ihn zurückzupfeifen. Wenn Dudley sichdaran erinnerte, brach er vor Lachen immer noch in Tränen aus.
»Magda wird eine Woche bleiben«, schnarrte onkel Vernon, »und wenn wir schon beim Thema sind« - er deutete miteinem fetten Finger drohend auf Harry - »sollten wir einigesklarstellen, bevor ich sie abholen gehe.«Dudley grinste hämisch und wandte den Blick von derMattscheibe ab. Sein liebster Zeitvertreib war, zu beobachten,wie Harry von onkel Vernon schikaniert wurde.
»Erstens«, knurrte onkel Vernon, »hältst du deine Zunge imZaum, wenn du mit Magda sprichst.«»Gut«, sagte Harry bitter, »wenn sie es auch tut.«»Zweitens«, sagte onkel Vernon und tat so, als hätteer Harrys Antwort nicht gehört, »da Magda nichts von deiner Abnormität weiß, will ich nicht, dass irgendwas Komischespassiert, während sie hier ist. Du benimmst dich, verstanden?«»Wenn sie es auch tut«, sagte Harry zähneknirschend.
»Und drittens«, sagte onkel Vernon, die gemeinen kleinenAugen waren jetzt Schlitze in seinem großen purpurnen Gesicht,»haben wir Magda gesagt, du würdest das St.-Brutus-Sicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen besuchen.«»Was?«, schrie Harry.
»Und du bleibst bei dieser Geschichte, Bursche, oder dukriegst Schwierigkeiten!«, fauchte onkel Vernon.
Zornig und mit bleichem Gesicht starrte Harry onkelVernon an. Er konnte es nicht fassen. Tante Magda kam für eineWoche zu Besuch - das war das furchtbarste Geburtstagsgeschenk, das er je von den Dursleys bekommen hatte,verglichen selbst mit onkel Vernons alten Socken.
»Nun, Petunia«, sagte onkel Vernon und erhob sichSchnaufend, »ich fahre jetzt zum Bahnhof. Kleine Ausfahrtgefällig, Dudders?«»Nein«, sagte Dudley, der seine Aufmerksamkeit jetzt, daonkel Vernon aufgehört hatte, Harry zu tyrannisieren, wiederdem Fernseher zugewandt hatte.
»Diddy muss sich für Tantchen fein herausputzen«, sagteTante Petunia und strich über Dudleys dichtes Blondhaar.
»Mamchen hat ihm eine wunderschöne neue Fliege gekauft.«onkel Vernon klopfte Dudley auf die fette Schulter.
»Also bis gleich«, sagte er und ging hinaus.
Harry, der in eine Art grauenerfüllte Trance versunken war,fiel plötzlich etwas ein. Er ließ seinen Toast liegen, stand raschauf und folgte onkel Vernon zur Haustür.