Seide ist weich, edel und richtig teuer - auch weil die Seidenraupen für ein Tuch ziemlich lange spinnen müssen. Besonders aufwendig und umweltschädlich ist außerdem das Färben des kostbaren Garns. Könnten die Larven nicht gleich farbige Fäden herstellen?
Extrem dünn, reißfest und weich: Seide gilt als die edelste aller Textilfasern. Rund 150.000 Tonnen liefern jährlich die Seidenraupen, die vor allem auf chinesischen Maulbeerbaum-Plantagen gehalten werden. Die Fäden sind etwa 30 Millionstel Meter dünn und werden aus dem Kokon der Seidenraupe gewonnen. Bislang sind die Fäden nur mattweiß. Doch mit geeignetem Futter können die Larven des Seidenspinner-Schmetterlings tatsächlich farbige Fäden produzieren.
Diese Entdeckung gelang jüngst Forschern aus Singapur. Sie könnte aufwendige Färbeprozesse überflüssig machen und bunte Seidenstoffe könnten so in Zukunft deutlich günstiger und umweltfreundlicher produziert werden als bisher. "Wir glauben, dass diese Entwicklung bereits in einigen Jahren in der Textilindustrie genutzt werden könnte", sagt Ming-Yong Han vom A-Star Institut für Materialforschung in Singapur.
Für die bunten Fäden brauchten die Forscher dem Raupenfutter nur geringe Mengen von Farbstoffen zuzusetzen. Einem Pulver aus Maulbeerblättern mischten sie 0,05 Prozent des Farbstoffs Rhodamin B bei, um eine intensive und waschechte Rosafärbung der Fasern zu erhalten. Andere Färbungen in leichten Gelb- und Blautönen erreichten die Forscher mit den Farbstoffen Rhodamin 110 und Rhodamin 101. Besonders deutlich waren die Farben in ultraviolettem Licht sichtbar. Dabei leuchtete die Seide in sattem Orange oder Grün. Ein weiterer Vorteil: Das Wachstum der Seidenspinner-Larven wurde durch diese Zusätze offenbar nicht beeinträchtigt.
Ziel: Mit anderen Futterzusätzen entzündungshemmende Fasern ernten
Zwar gab es schon früher Versuche, die Farbe von Naturseide mit Futterzusätzen zu beeinflussen. Doch bleichte die Färbung bereits bei der Aufbereitung der Seide schnell wieder aus. Mit den nun verfütterten Farbstoffen hat sich das geändert. Denn erstmals nahm vor allem der wirtschaftlich nutzbare Anteil der gesponnenen Fäden, die innere Fibroin-Faser, die Farbe an. Der äußere Seidenleim, Sericin, der durch das Kochen der Rohfaser entfernt wird, enthielt dagegen nur geringe Farbstoffmengen.