Spenderblut ist knapp und die Verwendung aufwendig: Vor einer Transfusion muss es umfangreich getestet werden, trotzdem bleibt ein Infektionsrisiko. Mit künstlichem Blut wäre alles einfacher. Warum wird es bei Transfusionen immer noch nicht eingesetzt?
Wenn ein Mensch bei einer Operation oder Verletzung mehr als anderthalb Liter Blut verliert, können Blutkonserven Leben retten. Aber Spenderblut wird immer knapper. Außerdem müssen Konserven vor einer Übertragung auf Verträglichkeit mit dem Empfänger aufwendig getestet werden. Und jede Bluttransfusion ist mit einem - wenn auch nur minimalen - Infektionsrisiko verbunden. Künstliches Blut hätte all diese Nachteile nicht. Warum also wird es noch immer nicht eingesetzt?
Tatsächlich arbeiten Forscher schon seit Jahrzehnten daran, Blutersatzlösungen zu entwickeln, die den Sauerstofftransport übernehmen können. Verschiedene Varianten werden zurzeit in klinischen Studien und Tierversuchen getestet. Aber noch hat kein Produkt die Hürde für eine Zulassung in Europa überwunden. Welches der unterschiedlichen Konzepte sich einmal durchsetzen wird, sei derzeit völlig offen, sagt Professor Thomas Frietsch vom Uni-Klinikum Marburg.
Zum einen experimentierte man mit rein chemisch hergestellten Substanzen. Diese fluorierten Kohlenwasserstoffe, sogenannte Perfluorcarbone, binden zwar keinen Sauerstoff, erhöhen aber dessen Löslichkeit im Blut. Die milchigen Emulsionen wirken jedoch nur kurzzeitig und eignen sich nicht, um nach starkem Blutverlust das verlorene Flüssigkeitsvolumen zu ersetzen.
Künstliches Blut würde Transfusionen sicherer machen
Eine andere Forschungsrichtung arbeitet mit dem natürlichen Sauerstoffträger Hämoglobin, das aus tierischem Blut, aus abgelaufenen menschlichen Blutkonserven oder gentechnisch gewonnen werden kann. In diesen Präparaten liegen die Sauerstoff transportierenden Moleküle chemisch vernetzt in wässriger Lösung vor.
Bei ihrem Einsatz kam es anfangs zu schweren Nebenwirkungen, darunter Nierenschäden und Bluthochdruck. Um diese zu minimieren, versuchen Forscher neuerdings, das Hämoglobin in künstliche Hüllen - Liposomen oder Nanokapseln - einzuschließen. Werden so die roten Blutkörperchen nachgeahmt, verbessert sich die Verträglichkeit. Vor einigen Jahren ist es auch gelungen, rote Blutkörperchen aus Stammzellen anzuzüchten. Blut aus solchen Blutkörperchen der Blutgruppe 0 wäre auf jeden Menschen übertragbar.
Verfügbare Blutersatzstoffe würden Transfusionen sicherer machen, sagt Frietsch. Dabei denke er weniger an das Infektionsrisiko, sondern vielmehr an die Konsequenzen, die eine Verwechslung von Blutkonserven, Blutproben oder Patienten in der Klinik haben können. Mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 1 zu 10.000 sei diese Gefahr relativ hoch. Künstliches Blut wäre für jeden Patienten verträglich, so dass dieses Risiko gar nicht mehr bestünde.