Die Olympic: das erste und namensgebende Schiff der Olympic-Klasse und Schwesterschiff der Titanic und der Britannic. Doch sie sank nicht, was ihr den Spitznamen "Old Reliable", die "alte Zuverlässige" einbrachte. Autor: Klaus Uhrig
Es gibt wohl nur wenige Situationen, in denen eine Erfolgsquote von einem Drittel wünschenswert ist. Aber andererseits, katastrophal ist sie meistens auch nicht. Ein Fußballverein, der ein Drittel seiner Spiele gewinnt, dümpelt zwar in der zweiten Tabellenhälfte, ist aber immer noch weit entfernt vom Abstieg. Und eine Betriebskantine, bei der jedes dritte Essen ein Treffer ist, bewegt sich wahrscheinlich sogar im oberen Mittelfeld.
Die glückliche Dritte
Bedenklich wird das mit dem Drittel erst, wenn es dabei nicht um Currywurst oder Meisterschale geht, sondern ums nackte Überleben. Das wird sich wohl auch der eine oder andere Passagier des Dampfers Olympic gedacht haben, als dieser mit einem fiesen Krachen und schrillenden Alarmsirenen im Mai 1924 in der Nähe von New York mit einem anderen Passagierschiff zusammenrumpelt.
Die RMS Olympic gilt zwar als ausgesprochen sicher - doch diesen Ruf hatten ihre zwei Schwesterschiffe auch schon gehabt. Also bevor sie gesunken waren. Besonders schnell war das bei der Britannic gegangen, die nur eine Stunde von Wasseroberfläche bis Meeresgrund gebraucht hatte.
Und die andere Schwester. Ach. Sie ahnen es schon. Eisberg. Zusammenstoß. Celine Dion.
Zum Glück ist die – eigentlich fast baugleiche – RMS Olympic da anscheinend aus anderem Stahl genietet. Denn seit ihrem Stapellauf am 20. Oktober 1910 trotzt sie erstaunlich stabil allen Gefahren der Schifffahrt. Bereits 1911 rammt die Olympic versehentlich ein schwer gepanzertes britisches Kriegsschiff, das dabei fast untergeht, während die Olympic ohne größere Probleme weiterfahren kann.
Sieben Jahre später, gegen Ende des Ersten Weltkriegs, rammt die Olympic dann – dieses Mal absichtlich – das überraschend aufgetauchte deutsche U-Boot mit dem schönen Namen "Seiner Majestät Unterseebot Nr. 103", was dann das Ende dieses U-Bootes bedeutet.
Und auch jetzt, im Mai 1924, als das Rumpeln, die Sirenen, die Panik, das wilder Herumrennen sich langsam wieder legen, zeigt sich abermals: Dieses Schiff hält. Ein paar Kratzer. Kein Problem. Weiterfahren.
Während man sich auf der Olympic also tatsächlich ausgesprochen sicher fühlen kann, gilt das für die Unfallgegner des Schiffes eher nicht. Insgesamt 17 Seeleute befördert die Olympic in ein nasses Grab, wobei die Crew der Schiffs über die 10 deutschen Marinesoldaten auf dem U-Boot 103 wahrscheinlich etwas weniger betrübt war, als über die sieben Besatzungsmitglieder des Feuerschiffs von Nantucket, das von der Olympic bei einem Zusammenstoß in dichtem Nebel regelrecht in zwei Hälften zerteilt wird. Des einen Schiffes Stabilität ist eben des anderen Schiffes Untergang.